# taz.de -- Erdoğans Machtspiele vor dem Nato-Gipfel: Auf Schwedens Schultern | |
> Auf die Politik in Stockholm einzuwirken, ist nicht zuerst Erdoğans | |
> Absicht. Dem türkischen Präsidenten geht es um Respekt der | |
> Nato-Mitgliedsstaaten. | |
Bild: Der türkische Präsident lässt die Schweden beim Nato-Beitritt weiter z… | |
Recep Tayyip Erdoğan ist ein kühl kalkulierender, skrupelloser Politiker, | |
der immer auch für Überraschungen gut ist. Wo er einen Vorteil sieht, | |
versucht er, ihn sich zunutze zu machen. Der Wunsch Schwedens, möglichst | |
schnell Nato-Mitglied zu werden, ist für Erdoğan eine strategische | |
Gelegenheit, die Türkei innerhalb der Nato aufzuwerten. | |
Seine [1][anhaltende Weigerung], dem Beitritt Schwedens zuzustimmen, | |
während er sich gegenüber dem Beitrittswunsch der Ukraine für offen | |
erklärte, mag ihm wenig Sympathien unter den Nato-Mitgliedstaaten | |
einbringen. Machtpolitisch aber müssen sie anerkennen, dass ohne Erdoğan | |
gar nichts geht. Das ist schon einmal ein Wert an sich, denn Erdoğan kann | |
davon ausgehen, dass seine Interessen im Nato-Umfeld fortan von vornherein | |
auf größere Berücksichtigung stoßen. | |
Man kann davon ausgehen, dass die von der türkischen Regierung | |
vorgebrachten Gründe gegen einen schwedischen Nato-Beitritt nur eine völlig | |
untergeordnete Rolle spielen. Angesichts der Rechtsentwicklungen in | |
Schweden ist das Land schon längst [2][kein sicherer Hafen] mehr für | |
verfolgte Kurden und kritische Journalisten, die vor der Repression in der | |
Türkei fliehen müssen. Das weiß auch Erdoğan. | |
Sein eigentliches Ziel in diesem Politpoker ist deshalb auch weniger eine | |
Änderung der schwedischen Politik als vielmehr die Anerkennung der USA, | |
dass die Türkei ein unverzichtbarer, wichtiger Player innerhalb der Nato | |
ist. Die Führungsmacht der Nato hat Erdoğan bislang rechts liegen gelassen. | |
[3][US-Präsident Joe Biden] weigert sich, Erdoğan im Weißen Haus zu | |
empfangen. Der Kongress blockiert Waffenlieferungen an die Türkei und | |
hofiert – so stellt es sich in Ankara dar – stattdessen Griechenland. | |
Damit sich das ändert, steht Erdoğan bei Schwedens Beitritt auf der Bremse. | |
Erdoğan trifft zwar am heutigen Montag den schwedischen Ministerpräsidenten | |
Ulf Kristersson, doch er wartet nicht auf Zusagen aus Stockholm, sondern | |
auf ein Signal aus Washington. Vor allem nach seinem [4][neuerlichen | |
Wahlsieg] Ende Mai ist er überzeugt davon, dass Biden nun nicht mehr an ihm | |
vorbeikommt. | |
9 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Wegen-Widerstand-der-Tuerkei/!5945821 | |
[2] /Nato-Beitritt-von-Schweden/!5892829 | |
[3] /Treffen-von-Biden-und-Erdoan/!5778731 | |
[4] /Erdoan-gewinnt-Wahl-in-der-Tuerkei/!5937087 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
## TAGS | |
Schweden | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Nato | |
Finnland | |
Türkei | |
Wahlen in der Türkei 2023 | |
Nato | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wegen Widerstand der Türkei: Schweden weiterhin nicht in der Nato | |
Ankara verweigert Schweden den Eintritt in die Nato. Man sei unsicher, ob | |
das Land das Bündnis stärken würde, sagt Außenminister Hakan Fidan. | |
Geplanter Nato-Beitritt Schwedens: Erdoğan droht mit Dauerblockade | |
Die Türkei will den Nato-Beitritt Schwedens nach einer Koran-Verbrennung | |
dauerhaft blockieren. Finnland bringt erstmals einen Alleingang ins Spiel. | |
Nato-Beitritt von Finnland und Schweden: Türkei gibt sich zufrieden | |
Rechtzeitig vor Beginn des Nato-Gipfels geben die Türkei, Finnland und | |
Schweden bekannt, die Türkei blockiere den Nato-Beitritt nicht mehr. |