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# taz.de -- Erdoğan und Putin sprechen über Syrien: Die Entscheidung fällt i…
> Am Dienstag reist der türkische Präsident zum Kremlchef nach Russland.
> Dort dürfte sich zeigen, wie es in Nordsyrien weitergeht.
Bild: In Sotschi hat Russlands Präsident am Dienstag die Oberhand
Wenn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Dienstagnachmittag den
russischen Präsidenten Wladimir Putin in dessen Sommerresidenz in Sotschi
am Schwarzen Meer trifft, wird sich entscheiden, wie es nach dem türkischen
Einmarsch in Nordsyrien weitergeht. Dabei ist es Erdoğan, der um den Termin
bei Putin nachgesucht hat – denn es ist Putin, der derzeit in Syrien am
längeren Hebel sitzt.
Im Moment läuft noch der Rückzug der syrisch-kurdischen Milizen aus dem
Gebiet zwischen den beiden Städten Ras al-Ain und Tal Abjad, der am letzten
Donnerstag in Ankara zwischen US-Vizepräsident Mike Pence und Erdoğan
ausgehandelt worden war. Damit dieser Rückzug geordnet ablaufen kann, wurde
gleichzeitig ein Waffenstillstand vereinbart, der bis Dienstagabend 21 Uhr
andauern soll.
Sind die kurdischen Milizen bis dahin vollständig abgezogen, soll der
Vormarsch türkischer Truppen beendet werden, die vor zwei Wochen an
verschiedenen Stellen nach Syrien einmarschiert waren. In den letzten Tagen
hat sich die kurdische YPG–Miliz aus dem bis zuletzt heftig umkämpften Ras
al-Ain zurückgezogen.
Tausende Zivilisten sind gleichzeitig mit ihnen geflohen, aus Angst, von
den islamistischen syrischen Hilfstruppen der Türkei getötet zu werden.
Sprecher der YPG haben zugesichert, sie würden sich bis Dienstagabend aus
dem 120 Kilometer langen Grenzstreifen zwischen Ras al-Ain und Tal Abjad,
dem Gebiet, in dem hauptsächlich gekämpft wurde, 30 Kilometer weit nach
Süden zurückziehen. Das hätten sie den Amerikanern zugesagt.
## Erdoğans Maximalforderung wird scheitern
Erdoğan interpretiert die am Donnerstagabend mit Pence erzielte
Vereinbarung aber so, dass sich die YPG aus dem gesamten 450 Kilometer
langen Grenzstreifen zwischen dem Euphrat im Westen und der irakischen
Grenze im Osten zurückzieht. Diese Maximalforderung wird aber schon daran
scheitern, dass in mehreren Städten in dieser Zone bereits
Assad-Regimetruppen und teilweise auch russische Truppen eingerückt sind,
nachdem die Kurden Assad und Putin notgedrungen um Hilfe gerufen hatten.
Syrische und russische Truppen haben dort die Lager und militärischen
Unterstände der US-Armee übernommen, die auf Befehl von US-Präsident Donald
Trump ihren Rückzug aus Nordsyrien angetreten hat. Dabei gab es dramatische
Szenen, als sich kurdische Zivilisten den US-Truppen in den Weg stellten.
Aus Zorn über den Abzug bewarfen sie die Konvois mit Kartoffeln. Selbst
hohe US-Offiziere sprachen von einem beschämenden Verrat an den Kurden, die
Demokraten nannten den Abzug „Trumps Saigon“, in Erinnerung an den Abzug
der USA aus Vietnam.
Putin wird nun in Absprache mit Assad entscheiden, wie welche Gebiete in
Nordsyrien aufgeteilt werden sollen. Erdoğan droht zwar, seine Armee werde
die Kämpfe nach Ablauf der Feuerpause wieder aufnehmen, doch er wird seine
Truppen schwerlich gegen russische Soldaten marschieren lassen. In einer
Rede am Montag hatte er auch bereits eingeräumt, dass er die Sicherheit der
Türkei auch gewährt sieht, wenn syrische Regimetruppen die Grenze schützen.
Die wahrscheinlichste Variante ist deshalb, dass Putin Erdoğan zugesteht,
mindestens vorübergehend in dem 120 Kilometer Streifen zwischen Ras al-Ain
und Tal Abjad zu bleiben, während in den anderen Gebieten zwischen Euphrat
und irakischer Grenze Assad mit russischer Unterstützung wieder die
Kontrolle übernimmt. Wo dann die Kurden bleiben, wird sich in den kommenden
Wochen herausstellen. Auch, ob dann noch Platz für eine international
überwachte Sicherheitszone bleibt, wie die deutsche Verteidigungsministerin
Kramp-Karrenbauer sie vorgeschlagen hat.
22 Oct 2019
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
taz.gazete
Politik
Schwerpunkt Syrien
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Nach stundenlangen Verhandlungen in Sotschi vereinbaren Russland und die
Türkei eine längere Waffenruhe. Es könnte zu weiteren Kämpfen kommen.
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