| # taz.de -- Drogenkartelle in Mexiko: Der Krieg geht weiter | |
| > Präsident Calderón kündigt in seiner Regierungserklärung an, die Mafia | |
| > auch künftig mit militärischen Mitteln zu bekämpfen. Seit 2006 hat der | |
| > Drogenkrieg 40.000 Opfer gefordert. | |
| Bild: Das Casino von Monterrey nach dem Anschlag am 26. August 2011. Dabei wurd… | |
| BERLIN taz | Der Krieg gegen die Drogenkartelle beherrschte auch dieses | |
| Jahr wieder die alljährliche Bilanzansprache des mexikanischen Staatschefs. | |
| Aber Präsident Felipe Calderón von der konservativen PAN strafte am Freitag | |
| all jene Lügen, die einen Richtungswechsel im blutigen Machtkampf erwartet | |
| hatten. Der Festakt war aus Sicherheitsgründen kurzfristig ins | |
| Anthropologische Museum in Mexiko-Stadt verlegt worden, wo statt der 10.000 | |
| geladenen Gäste nur 1.000 Personen Platz fanden. | |
| Calderón appellierte zwar an die USA, die ungebrochene Nachfrage nach | |
| harten Drogen im eigenen Lande zu bekämpfen, doch setzt er weiter auf | |
| Waffengewalt. Seit er 2006 das Amt übernahm, sind geschätzte 40.000 | |
| Menschen auf der Strecke geblieben. | |
| Für die steigenden Opferzahlen der letzten Monate machte Calderón einen | |
| Machtkampf zwischen dem sogenannten Golf-Kartell und der Gruppe Los Zetas | |
| verantwortlich. Die beiden Drogenkartelle hatten bis 2010 kooperiert. Die | |
| zunehmende Gewalt in Mexiko sei Folge der Ausdehnung der Kartelle und nicht | |
| des staatlichen Kampfes gegen diese: "Der einzige Weg, dieses Krebsgeschwür | |
| zu besiegen, ist die Fortsetzung dieser Strategie." | |
| ## Seitenhieb gegen Vicente Fox | |
| Traditionell nützen mexikanische Präsidenten die letzte derartige Ansprache | |
| ihrer sechsjährigen Amtszeit, um ihren Nachfolger vorzustellen. Calderón, | |
| dessen verheerende Umfragewerte der regierenden PAN wenig Hoffnung auf ein | |
| weiteres Mandat machen, verzichtete darauf, seinen Wunschkandidaten ins | |
| Spiel zu bringen. Aber Finanzminister Ernesto Cordero setzte sich wenig | |
| später bei einer Parteiversammlung selbst in Szene und sekundierte seinem | |
| Präsidenten. Die militärische Konfrontation mit der Mafia sei "schmerzhaft, | |
| aber notwendig". Für den Aspiranten auf die Kandidatur für die Wahlen im | |
| Juli 2012 wäre es "ein schwerer und bedauernswerter Fehler", jetzt | |
| umzudenken. | |
| Das war ein Seitenhieb auf Vicente Fox, den Vorgänger Calderóns, der aus | |
| dem Scheitern seines Kriegs gegen die Drogenmafia andere Konsequenzen | |
| zieht. Auf einer Veranstaltung in Argentinien riet er zu einer Waffenruhe | |
| mit den Kartellen und zur Entpolitisierung der Polizei, die eng mit den | |
| Machthabern, aber auch mit dem organisierten Verbrechen verstrickt ist. Fox | |
| plädiert schon längere Zeit gemeinsam mit zwei kolumbianischen | |
| Expräsidenten für eine teilweise Legalisierung des Drogenhandels. Denn nur | |
| die exorbitanten Gewinne machten den Schmuggel so attraktiv und die | |
| Nutznießer so rücksichtslos. | |
| Wer noch zweifelte, wie fließend die Grenze zwischen Politik und Verbrechen | |
| ist, dem wurden vor wenigen Tagen durch die Veröffentlichung eines Videos | |
| die Augen geöffnet. Man sieht Manuel Jonás Larrazábal, den Bruder des | |
| Bürgermeisters der Stadt Monterrey, Fernando Larrazabal, wie er in | |
| Spielcasinos dicke Geldbündel entgegennimmt. Erst Ende August hatte ein | |
| Brandanschlag auf das Casino Royale in Monterrey 52 Todesopfer gefordert. | |
| Calderón sprach damals von einem Terrorakt, obwohl alles dafür spricht, | |
| dass das Attentat eine Warnung an den Casinobetreiber war, der die Zahlung | |
| von Schutzgeld verweigert hatte. Die festgenommenen Täter, die zum Kartell | |
| Los Zetas gehören, bestätigen das. Ein derartiges Massaker sei nicht | |
| beabsichtigt gewesen. Die in den letzten Jahren in Mexiko - teils legal, | |
| teils illegal - aus dem Boden geschossenen Bingo-Hallen werden allgemein | |
| als Geldwäscheanstalten betrachtet. | |
| 4 Sep 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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