# taz.de -- 53 Tote bei Brandanschlag in Mexiko: Drogenkrieg um Bingo-Club | |
> Schutzgelderpresser töten mindestens 53 Menschen durch Brandstiftung in | |
> einem Spielkasino. In der Industriemetropole tobt ein blutiger Krieg | |
> zwischen zwei Drogenkartellen. | |
Bild: Rauch über dem Casino. | |
BERLIN taz | Nach über vier Jahren Krieg gegen die Drogenkartelle sind die | |
Mexikaner einiges an Massakern gewohnt. Was sich aber am Donnerstagabend im | |
nördlichen Monterrey abspielte, hat eine neue Qualität: Mindestens 53 | |
Menschen, die am Krieg der Kartelle völlig unbeteiligt waren, sind bei | |
einem Angriff auf das Spielkasino Royale erstickt oder verbrannt. | |
Vermutlich war es der Racheakt einer Mafia: Der Besitzer des Kasinos soll | |
sich geweigert haben, Schutzgeld zu bezahlen. Nach Berichten von | |
Überlebenden stürmten am Nachmittag kurz vor 16 Uhr sechs Bewaffnete das | |
Kasino. "Sie schossen in die Luft, fluchten und schrien: Alle auf den | |
Boden!", sagte ein Augenzeuge einem lokalen Fernsehsender. Dann hätten sie | |
Benzin verschüttet und angezündet. | |
In ersten Berichten hieß es, die Männer hätten auch Handgranaten gezündet. | |
Inzwischen scheint aber sicher zu sein, dass die Detonationen nicht von | |
Granaten herrührten. Vielmehr seien die Tanks der Getränkeanlage in dem | |
sich schnell ausbreitenden Feuer explodiert. Die meisten Besucher seien | |
nicht durch den Notausgang geflohen, sondern hätten in Büros und Toiletten | |
Schutz vor den Schüssen und Explosionen gesucht und seien dort am Qualm | |
erstickt. | |
## Klientel: Mittelschichtsfrauen | |
Die Feuerwehr brauchte vier Stunden, um den Brand unter Kontrolle zu | |
bekommen. Mit schwerem Gerät drückte sie eine Außenmauer ein, um schneller | |
zu den Opfern, die von Flammen eingeschlossen waren, vordringen zu können. | |
Die sechs Männer, die das Feuer gelegt hatten, entkamen unerkannt in zwei | |
Pick-ups. | |
Im Casino Royale trafen sich am Nachmittag vorwiegend Frauen der gehobenen | |
Mittelschicht zum Bingo. Das Kasino war erst vor einem Monat aus einem Auto | |
heraus beschossen worden. Damals gab es keine Verletzten. Der Besitzer | |
erstattete Anzeige und gab zu Protokoll, man wolle Schutzgeld von ihm | |
erpressen. Auch andere Besitzer von Spielkasinos und Nachtclubs haben sich | |
in den vergangenen Monaten über ähnliche Drohungen beklagt. Offenbar findet | |
in Monterrey ein Verteilungskrieg zwischen zwei Kartellen statt. | |
Die Industriemetropole galt lange als die Stadt mit der höchsten | |
Lebensqualität in Mexiko. Den lokalen Drogenmarkt kontrollierte das | |
Golfkartell. Um seine Ansprüche durchzusetzen, hatte es mit der Hilfe von | |
Elitesoldaten aus Mexiko und Guatemala die paramilitärische Gruppe "Los | |
Zetas" aufgebaut. Diese machte sich Anfang 2010 selbstständig und bekämpft | |
nun ihren früheren Arbeitgeber. Seither ist es nicht mehr ruhig in | |
Monterrey. Allein im Juli gab es über 70 Tote, 21 davon bei einem Überfall | |
auf eine Bar. | |
Die Zetas sind das vorläufig letzte Kartell, das in den Kampf um Märkte und | |
Transportkorridore für Drogen eingriff. Und sie waren die Ersten, die ihre | |
illegalen Machenschaften konsequent diversifizierten und massiv ins | |
Geschäft mit Schutzgelderpressung und Entführungen einstiegen. Weil auch | |
die anderen Kartelle dieses Modell inzwischen kopieren, ist unklar, wer | |
hinter dem Angriff auf das Spielkasino steckt. | |
26 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Toni Keppeler | |
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