# taz.de -- Bundeskanzler in Saudi-Arabien: Scholz von Kronprinz empfangen | |
> Olaf Scholz befindet sich auf einer diplomatisch heiklen Reise in der | |
> Golfregion. Es geht um Energiekooperationen. Auch der Mord an Khashoggi | |
> wurde angesprochen. | |
Bild: Empfang im Al-Salam-Palast: Olaf Scholz und der Kronprinz Mohammed bin Sa… | |
RIAD/DSCHIDDA afp/dpa | Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist zu Beginn | |
seiner zweitägigen Reise auf die Arabische Halbinsel am Samstag in | |
Saudi-Arabien eingetroffen. Scholz, begleitet von einer hochrangigen | |
Wirtschaftsdelegation, wurde am Flughafen von Dschidda am Roten Meer vom | |
Gouverneur der Region, Prinz Chalid bin Faisal al-Saud, begrüßt. Im | |
Anschluss empfing der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman den | |
Kanzler zu Gesprächen mit den Spitzen des Königshauses im Al-Salam-Palast. | |
Im Laufe des Tages wird Scholz unter anderem mit einer Gruppe | |
saudi-arabischer Frauen zusammentreffen, bevor er am Abend weiter in die | |
Vereinigten Arabischen Emirate und am Sonntag nach Katar fliegt. Der | |
Bundeskanzler hofft auf neue Energiekooperationen mit den Golfstaaten, die | |
alle drei über große Öl- und Gasvorkommen verfügen. | |
Laut Regierungssprecher Steffen Hebestreit geht es bei der Tour „um unseren | |
Einsatz für eine regelbasierte internationale Ordnung und den Ausbau der | |
Wirtschafts- und Energiekooperation“. | |
Dabei dürfte die Reise für Scholz angesichts der Menschenrechtssituation in | |
den Gastgeberländern zu einem diplomatischen Balanceakt werden. | |
Insbesondere das Treffen mit dem Kronprinzen Mohammed gilt als heikel. | |
## Mord an Journalist Khashoggi | |
Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei seinem Treffen mit dem saudischen | |
Kronprinzen Mohammed bin Salman auch den Mord an dem Journalisten Jamal | |
Khashoggi angesprochen. „Wir haben alle Fragen besprochen, die sich um | |
Fragen von Bürger- und Menschenrechten drehen“, sagte er am Samstag nach | |
dem Gespräch in der Hafenstadt Dschidda auf eine entsprechende | |
Journalisten-Frage. „Das gehört sich so. Und da können Sie von ausgehen, | |
dass nichts unbesprochen geblieben ist, was zu sagen ist.“ | |
Der Kronprinz wird vom US-Geheimdienst für den brutalen Mord an dem | |
saudischen Regierungskritiker und Journalisten Khashoggi im saudischen | |
Generalkonsulat in Istanbul vor vier Jahren verantwortlich gemacht. Der | |
Thronfolger bestreitet, Drahtzieher der Tat zu sein. Der Mord hatte zu | |
einer internationalen Isolierung Mohammeds geführt und die | |
deutsch-saudischen Beziehungen in eine jahrelange Krise gestürzt. | |
Die Bundesregierung verurteilte den Mord scharf und werde diese Position | |
auch nicht „redigieren“, hieß es im Vorfeld der Reise. Saudi-Arabiens | |
Bedeutung als Exporteur fossiler Brennstoffe und regionale Ordnungsmacht | |
mache eine „solide Arbeitsbeziehung“ mit dem Kronprinzen jedoch | |
unabdingbar, verlautete aus Regierungskreisen. Prinz Mohammed werde das | |
Land wahrscheinlich die „nächsten zehn, 20 oder 30 Jahre“ lenken. | |
## Gespräch unter Porträt des Königs | |
Der Kronprinz empfing den Kanzler im königlichen Palast des Friedens | |
(Al-Salam-Palast) mit kräftigem Handschlag. Zu einem ersten Gespräch nahmen | |
beide unter einem Porträt des Königs Salman Platz. Mit seinem Besuch setzt | |
Scholz ein Zeichen der Normalisierung. Mit Frankreichs Präsident Emmanuel | |
Macron, dem inzwischen zurückgetretenen britischen Premier Boris Johnson | |
und US-Präsident Joe Biden waren vor ihm schon die wichtigsten | |
Bündnispartner Deutschlands in Saudi-Arabien. Der Kronprinz war im Juli | |
erstmals seit dem Mord auch wieder zu offiziellen Treffen in die EU | |
gereist. | |
Scholz knüpft daran an und will auch mit Blick auf den russischen | |
Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen den Gesprächsfaden wieder | |
aufnehmen. Für ihn geht es darum, auch mit schwierigen Partnern im Dialog | |
zu bleiben, um sie nicht an Länder wie Russland oder China zu verlieren. | |
Biden hatte den Kronprinzen bei seinem Besuch im Juli in Dschidda ebenfalls | |
auf den Mord an Khashoggi angesprochen. Er sagte damals nach dem Gespräch, | |
dass der Kronprinz die Verantwortung für die Tat erneut zurückgewiesen | |
habe. „Er sagte im Grunde, dass er nicht persönlich dafür verantwortlich | |
sei. Ich deutete an, dass ich glaube, er ist es“, sagte Biden. | |
## Menschenrechtsorganisationen fordern klare Worte | |
Das streng konservative Königreich Saudi-Arabien steht trotz einiger | |
Reformen wegen der Lage der Menschenrechte in der Kritik. Die | |
Menschenrechtsorganisation Amnesty International verlangte vor der Reise | |
klare Worte des Kanzlers an den Kronprinzen: „Auch in Anbetracht aller | |
geopolitischen und energiepolitischen Sachzwänge sollte der Bundeskanzler | |
bei seiner Reise nach Saudi-Arabien nicht zu den Menschenrechtsverletzungen | |
im Land schweigen.“ | |
Reporter ohne Grenzen (ROG) forderte Scholz auf, die Pressefreiheit zu | |
thematisieren. „Wenn er mit diesen Regierungen Geschäfte machen will, | |
sollte er aber eine Bedingung stellen: dass deren Herrscher aufhören, die | |
Medien als grundlegende Säule des Rechtsstaats mit Füßen zu treten“, sagte | |
der Geschäftsführer von ROG Deutschland, Christian Mihr, der Neuen | |
Osnabrücker Zeitung (NOZ). | |
## Zusammenarbeit beim Wasserstoff | |
Scholz hob hervor, dass es bei den Wirtschaftsthemen vor allem um die | |
Zusammenarbeit bei Produktion und Transport von Wasserstoff ging. Die | |
Frage, ob der Kronprinz eine Lockerung der Rüstungsexportregeln von ihm | |
verlangt habe, beantwortete Scholz nicht. „Alle wissen, dass wir hier eine | |
sehr strikte Politik verfolgen. Und entlang dieser Regeln ist es in den | |
letzten Jahren ja auch zu Entscheidungen gekommen, die gut abgewogen waren. | |
Und wir werden weiter gut abgewogene Entscheidungen treffen“, sagte er. | |
Das Königreich zählt nach Recherchen des Friedensforschungsinstituts Sipri | |
zu den fünf größten Rüstungsimporteuren weltweit, Deutschland zu den fünf | |
größten Exporteuren. Unter der Ampel-Regierung ist aber kein einziger | |
Rüstungsexport mehr an das Königreich genehmigt worden. Grund ist ein | |
Exportstopp, der wegen der Beteiligung Saudi-Arabiens am Krieg im | |
Nachbarland Jemen und wegen des Khashoggi-Mords bereits seit November 2018 | |
gilt. Kanzler Scholz und seine Regierung machten bisher aber auch von einer | |
Ausnahmeregel für europäische Gemeinschaftsprojekte keinen Gebrauch mehr. | |
## Weitere Treffen in den Emiraten und Katar | |
Am Samstagabend sollte Scholz in die Vereinigten Arabische Emirate und dann | |
nach Katar weiterreisen. Beide Länder sind wie Saudi-Arabien wichtige | |
Energie-Exporteure. Welche Verträge über die Lieferung von Gas oder – | |
mittel- und langfristig – Wasserstoff aus der Region nach Deutschland | |
abgeschlossen werden, blieb vor der Reise noch unklar. | |
Aus dem Umfeld des Kanzlers hieß es: „Wir werden ambitionierte Vorschläge | |
zum Abschluss bringen.“ Die Reise solle aber nicht zu einer reinen | |
„Energie-Einkaufstour“ werden. Scholz wird von elf Top-Managern begleitet. | |
Unter anderen sind Airbus, Thyssenkrupp und Siemens Energy in der | |
Wirtschaftsdelegation vertreten. Die Energiewirtschaft erhofft sich von der | |
Reise nicht nur kurzfristige Gas-Exporte aus der Golfregion. | |
24 Sep 2022 | |
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