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# taz.de -- Bundesgerichtshof zu Ruanda-Völkermord: Wer Mörder aufstachelt, i…
> Der Bundesgerichtshof kippt das erste Ruanda-Völkermordurteil eines
> deutschen Gerichts. Er kritisiert es als ungenügend und fehlerhaft.
Bild: Onesphore Rwabukombe bei seiner erstinstanzlichen Verurteilung in Frankfu…
BERLIN taz | Der erste Prozess in Deutschland wegen des Völkermords in
Ruanda muss neu aufgerollt werden und dürfte dann mit einer höheren Strafe
enden. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe kippte am Donnerstag die
Verurteilung des Ruanders Onesphore Rwabukombe wegen Beihilfe zum
Völkermord durch das Oberlandesgericht Frankfurt im Februar 2014 und
verwies das Verfahren an das Gericht zurück.
Moniert wurde vom Bundesgerichtshof (BGH), dass Rwabukombe nicht wegen
Mittäterschaft beim Völkermord verurteilt worden war, sondern lediglich
wegen Beihilfe. Damit wurde im Februar 2014 nicht lebenslange Haft gegen
ihn verhängt, sondern nur 14 Jahre. Dieses Urteil wurde nun teilweise
aufgehoben, weil „die Auffassung des Oberlandesgerichts, der Angeklagte sei
lediglich Gehilfe und nicht Täter des Völkermordes gewesen, rechtlicher
Prüfung nicht standhält“, so die Bundesrichter.
Rwabukombe war in Ruanda bis 1994 Bürgermeister der Gemeinde Muvumba
gewesen und lebte im April 1994, als der Völkermord an den Tutsi begann,
ebenso wie meisten Bürger seiner Gemeinde als Flüchtling im Dorf Murambi,
an Wochenenden auch in der ruandischen Hauptstadt Kigali, wo er mit
bekannten Befürwortern der Auslöschung der Tutsi verkehrte, darunter Führer
der Hutu-Miliz Interahamwe, die eine führende Rolle bei den Massakern
spielen sollte.
In Murambi arbeitete Rwabukombe als Bürgermeister seiner Flüchtlinge
weiter, in Kooperation mit Murambis Bürgermeister Jean-Baptiste Gatete –
mittlerweile vom UN-Ruanda-Völkermordtribunal zu lebenslanger Haft
verurteilt. „Der Angeklagte behielt in seiner Funktion als Bürgermeister
die Kontrolle über die Mitarbeiter seiner Gemeindeverwaltung, die
Gemeindepolizisten und die Kämpfer der Interahamwe-Miliz“, so 2014 das OLG
Frankfurt in seinem Urteil; „die Bevölkerung Murambis sowie die
Interahamwe-Milizionäre betrachteten ihn als Respektsperson, seine
Anweisungen wurden von den Bürgern und den Interahamwe befolgt.“
## „Mindestens 400 Menschen qualvoll getötet“
Nach Beginn der landesweiten Massaker an Tutsi am 7. April 1994 flohen
viele Tutsi in Kirchen, auch nach Kiziguro in Murambi. Am 10. April
beschlossen die Bürgermeister, darunter Rwabukombe, den Sturm auf das
Gelände. Der erfolgte am nächsten Tag. Am Vormittag kamen die
Bürgermeister, „um den Angriff auf das Kirchengelände zu befehligen und zu
koordinieren“, so das Urteil von 2014.
Wie der BGH zusammenfasst, wurden in Kiziguro „mindestens 400 Menschen
überwiegend mit Macheten, Lanzen, Knüppeln, Äxten, Beilen oder Hacken
zumeist auf qualvolle Art und Weise getötet. Der Angeklagte, der bereits am
Vortag in die Organisation des Massakers eingebunden gewesen war, rief den
Angreifern zu Beginn der Aktion Aufforderungen zu wie ’Arbeitet‘ oder
’Fangt mit eurer Arbeit an‘, erkundigte sich später nach dem Stand der
Tötungen, brachte mit seinem Fahrzeug weitere bewaffnete Hutu zu dem
Kirchengelände und forderte die Angreifer auf, weiter zu töten.“
All dies habe das Frankfurter Gericht zutreffend festgestellt, so der BGH.
Damit sei Rwabukombe als Mittäter zu verurteilen. Der Frankfurter Richter
Sagebiel hatte zwar 2014 bereits zugestanden, Rwabukombes Tatbeitrag
erreiche den „Grenzbereich zur Mittäterschaft“. Allerdings hielt er es
nicht für erwiesen, dass das Massaker von Rwabukombes Befehl abhing, ebenso
wenig, dass Rwabukombe „in der Absicht handelte, die Gruppe der Tutsi als
solche ganz oder teilweise zu zerstören“ – das ist zur Feststellung des
subjektiven Tatbestandes des Völkermordes nötig.
Diese Wertung nennt der BGH jetzt eine „rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung“
und gibt damit den Revisionsanträgen der Bundesanwaltschaft und der zivilen
Nebenklage statt. Der Revisionsantrag des Angeklagten wird verworfen. Die
Beweisaufnahme an sich wird vom BGH als „rechtsfehlerfrei“ gelobt.
Ein anderer Senat des OLG Frankfurt muss sich nun mit dem Fall befassen.
Dabei werden nicht die Taten neu beleuchtet, sondern lediglich die Schlüsse
daraus. „Es steht eine Verurteilung wegen Täterschaft mit der Folge einer
lebenslangen Haftstrafe im Raum“, sagte der Vorsitzende BGH-Richter
Jörg-Peter Becker. Völkermordabsicht – aus der zwingend die Verurteilung
als Mittäter folgt – bestehe auch dann, wenn Völkermord als Mittel zu einem
anderen Zweck verübt werde. Bei Rwabukombe geht es darum, dass er durch
seinen Einsatz seine Position als Bürgermeister retten wollte.
21 May 2015
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Völkermord
Ruanda
Bundesgerichtshof
Schwerpunkt Völkermord in Ruanda
Schwerpunkt Völkermord in Ruanda
Ruanda
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