# taz.de -- Brandherd Naher Osten: Türkei hat Mossad-Spitzel im Visier | |
> Der IS reklamiert den Anschlag im Iran für sich. Doch in der Region | |
> wächst das Misstrauen gegenüber Israel – auch in der Türkei. | |
Bild: Solidarität mit den Palästinensern in Istanbul an Neujahr 2024 | |
ISTANBUL taz | Nach einigen Wochen im Abseits ist die Türkei nun wieder mit | |
im Zentrum der diplomatischen Bemühungen um eine Eindämmung der Krise im | |
Nahen Osten. Für Donnerstag hatte sich eigentlich der iranische Präsident | |
Ebrahim Raisi zu einem Besuch in Ankara angesagt, der aber dann wegen des | |
Anschlags auf die Trauerfeier des vor vier Jahren getöteten Generals Quasim | |
Soleimani verschoben wurde. Stattdessen kommt nun US-Außenminister Antony | |
Blinken, der am Donnerstag eine neue Nahost-Reise antrat, um | |
Deeskalationsmöglichkeiten auszuloten. | |
Hintergrund dieser Aktivitäten ist die Angst, der Krieg zwischen Israel und | |
der islamistischen Hamas könnte sich über Gaza hinaus auf die ganze Region | |
ausweiten. Insbesondere die iranische Führung sieht sich mit der Frage | |
konfrontiert, ob und wie sie auf jüngste Aktivitäten Israels reagieren | |
soll. | |
Zunächst wurde letzte Woche ein iranischer General in Syrien getötet, der | |
wohl für den Nachschub für die mit Iran verbündete libanesische | |
Schiitenmiliz Hisbollah verantwortlich war, [1][dann erfolgte am | |
Dienstagabend der Schlag gegen den Hamas Vize Saleh al-Aruri in Beirut.] Am | |
Mittwoch dann [2][der Anschlag auf die Trauerfeierlichkeiten am Grab von | |
Soleimani in Kerman], bei dem angeblich über hundert Menschen getötet | |
wurden. | |
Zwar ist die Urheberschaft des Anschlags in Kerman völlig unklar, aber auf | |
den Straßen Irans und in den einschlägigen Staatsmedien wird dennoch Israel | |
für den Anschlag verantwortlich gemacht. Just am letzten Dienstag, kurz vor | |
dem Attentat in Beirut am Dienstagabend, gab der türkische Innenminister | |
Ali Yerlikaya bekannt, dass in einer „Operation Maulwurf“ türkische | |
Sicherheitskräfte 33 Menschen festgenommen haben, die im Verdacht stehen, | |
für den israelischen Geheimdienst Mossad spioniert zu haben. Nach 13 | |
weiteren Personen wird immer noch gefahndet. | |
## Türkei bekannter Hamas-Rückzugsort | |
Den Festgenommenen wird vorgeworfen, dass sie sich an der Vorbereitung von | |
Angriffen und Entführungen gegen in der Türkei lebende Ausländer beteiligt | |
hätten. Mit anderen Worten, sie werden verdächtigt, Aktionen gegen | |
Hamas-Mitglieder, die sich in der Türkei aufhalten, vorbereitet zu haben. | |
Über die Nationalität der Festgenommenen wurden keine Angaben gemacht. Seit | |
der Ankündigung des Mossad-Chefs David Barnea, man werde die militärischen | |
und politisch Verantwortlichen für das Massaker vom 7. Oktober zur | |
Verantwortung ziehen, „egal wo sie sich aufhalten“, ist die Türkei | |
alarmiert. | |
Neben Katar und dem Libanon ist vor allem die Türkei als Rückzugsort für | |
Hamas Funktionäre bekannt. Der türkische Geheimdienst MIT ist seitdem | |
bemüht, alle möglichen Mossad-Quellen in der Türkei stillzulegen. Präsident | |
Recep Tayyip Erdogan drohte Israel, es werde „sehr ernste Konsequenzen“ | |
haben, wenn der Mossad in der Türkei Jagd auf Hamas Leute machen sollte. | |
Erst vor zwei Tagen orakelte er, es gäbe „eine heimtückische Operation | |
gegen die Türkei und ihre Interessen“. | |
Darüber werden Erdogan und Außenminister [3][Hakan Fidan] nun mit | |
US-Außenminister Antony Blinken reden wollen. Hakan Fidan, der vor seiner | |
Zeit als Außenminister fast 20 Jahre lang Chef des türkischen | |
Geheimdienstes war, sagte am Mittwoch, das Risiko, dass aus dem Krieg im | |
Gazastreifen ein regionaler Flächenbrand wird, „ist real“. Der Mossad dür… | |
keine weiteren Aktionen gegen die Hamas im Ausland durchführen. | |
5 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Toetung-von-Hamas-Anfuehrer-Saleh-al-Aruri/!5979915 | |
[2] /Explosionen-bei-Gedenkfeier-in-Iran/!5979919 | |
[3] /Geheimdienstchef-in-der-Tuerkei/!5021033 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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