# taz.de -- Ausstellungsempfehlungen für Berlin: A wie Mail Art: Text-Kunst in… | |
> Beate Scheder empfiehlt Handgeschriebenes und Gedrucktes von Irma Blank | |
> und Barbara Kruger, dazu Mail Art bei Chert Lüdde. | |
Bild: „The Mail Art Archive of Ruth Wolf-Rehfeldt and Robert Rehfeldt“, 201… | |
Wie schade, dass Briefeschreiben aus der Mode gekommen ist und man statt | |
handgeschriebener Zeilen fast nur noch Rechnungen und Werbung aus dem | |
Postkasten fischt. Noch bedauerlicher erscheint es, während man bei | |
[1][Chert Lüdde] die erstaunlichen Postkarten, Briefe und Umschläge | |
durchsieht, die dort gerade ausgestellt werden, dass damit auch die große | |
Zeit der Mail-Art der Vergangenheit angehört. „Mail art is a golden shower“ | |
steht auf einer der Karten. Carl Andre hat sie im Jahr 1983 in New York | |
abgeschickt, adressiert an Ruth Wolf-Rehfeldt in Ost-Berlin. | |
Aus Wolf-Rehfeldt und Robert Rehfeldts Archiv ist die Ausstellung | |
zusammengestellt. Sie präsentiert all die Korrespondenzen, die das | |
Künstlerpaar zwischen den 1970er und den frühen 1990er Jahren von anderen | |
Mail-Art-Künstler_innen aus aller Welt zugeschickt bekamen und deren | |
Nachname mit A beginnt. Dazu erscheint ein Katalog, der jede einzelne davon | |
in Originalgröße abbildet. Man ahnt es: A ist erst der Anfang. | |
Publikationen zu den restlichen Buchstaben sollen folgen. | |
## Sieben Buchstaben | |
In [2][Irma Blanks] Alphabet gibt es kein A. Nur aus sieben Buchstaben, aus | |
c, d, h, j, l, r und t setzen sich ihre „Global Writings“ zusammen – zu | |
sehen bei [3][Gregor Podnar]. Bei handschriftlichen Aufzeichnungen | |
verschwimmen die Lettern gar zu bloßen Zeichen. Lesen lässt sich nichts, | |
egal wie sehr man sich auch bemüht, die Schriften Sprachen, Kulturen oder | |
einer Bedeutung zuzuordnen. Um Semantik geht es Blank ohnehin nicht. | |
Das Gegenteil ist der Fall: Dem Magazin Artforum hat die 1934 geborene | |
Künstlerin einmal gesagt, sie versuche immer noch die Welt zu lesen während | |
sie schreibe; Schreiben sei ihr Werkzeug, um die Welt zu verstehen. Am | |
schönsten lässt sich das bei den Arbeiten Blanks nachempfinden, die nicht | |
maschinell, sondern mit Bleistift oder Tinte aufs Papier gebracht wurden. | |
## „Nicht glauben, zweifel“ | |
An Lesbarkeit mangelt es der raumgreifenden Installation von [4][Barbara | |
Kruger], die derzeit bei [5][Sprüth Magers] zu sehen ist, nicht. Von Wänden | |
und Boden knallt die Künstlerin den Besucher_innen ihre schriftlichen | |
Statements direkt ins Gesicht, egal wo sie dieses auch hinwenden. Es gibt | |
kein Entkommen. | |
Ein Zitat aus George Orwells „1984“ ist dabei – „If you want a picture … | |
the future, imagine a boot stamping on a human face – forever“ – und eines | |
aus Virginia Woolfs feministischem Essay „A Room of One’s Own“, der Rest | |
stammt von Kruger selbst. „Nicht glauben, zweifel“, mahnt sie an. Wahre | |
Worte, zweifellos . | |
Dieser Text erschien am 19. 10. 2017 im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin | |
und Brandenburg immer donnerstags in der Printausgabe der taz. | |
24 Oct 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://chertluedde.com/current-show/ | |
[2] http://gregorpodnar.com/irma-blank/ | |
[3] http://gregorpodnar.com/irma-blank-global-writings | |
[4] https://www.moma.org/artists/3266 | |
[5] http://www.spruethmagers.com/exhibitions/455@@overview | |
## AUTOREN | |
Beate Scheder | |
## TAGS | |
Kunst Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |