# taz.de -- ARD-Komödie über queere Elternschaft: „Hach, Männer!“ | |
> Die Komödie „Die Freundin meiner Mutter“ will ein queeres Set-up ins | |
> ARD-Programm hieven – und torkelt ins Heteronormative. | |
Bild: Leider zu viel „American Pie“-Humor | |
Spike Lee war krass nicht begeistert. Als bei der diesjährigen | |
Oscar-Verleihung das Feelgood-Rassismusdrama „Green Book“ zum besten Film | |
des Jahres erkoren wurde, dampfte Lee davon. Ein Film über Feindseligkeit | |
gegenüber Afroamerikaner*innen aus Perspektive eines Weißen – fanden viele | |
unnötig. Ähnlich die aktuelle ARD-Produktion „Die Freundin meiner Mutter“: | |
Es geht um progressives Zusammenleben, sexuelle Vielfalt und | |
Familienplanung. Im Mittelpunkt jedoch steht ein heterosexueller Mann, der | |
sich in eine bildhübsche Frau verliebt. | |
Dabei trudelt die Konstellation zunächst unverbraucht aus dem Skript: Der | |
verzagte Buchhändler Jan lebt mit seiner selbstverständlich vollkommen | |
platonischen besten Freundin, Comedienne Hannah, unter einem Dach, soll | |
aber für seine Mutter Viktoria und deren Liebste Rosalie | |
„Samenbevollmächtigter“ werden. Zwischendrin Jans Vater Dieter, ein | |
schratiger Sympath, der in Viktorias Keller ein Fußballzimmer hat und die | |
Wäsche aufgedrückt bekommt. Jan ist zunächst krass nicht begeistert von der | |
Spermabestellung seiner Mutti. | |
Dann aber doch zu verschossen in Rosalie, die wie Julia Roberts in „Notting | |
Hill“ in seinen Buchladen schwebt und ihm, romantisch, romantisch, ein | |
Gemälde schenkt. Aber Max Riemelt erinnert in der Rolle als Jan mehr an | |
eine Parship-Werbung als an Hugh Grant, und der Plan ist reichlich | |
bescheuert: Vielleicht verliebt sich die lesbische Rosalie ja doch in ihn, | |
wenn sie nur mal fachgerecht penetriert wird? | |
## Technokratische Matriarchin | |
Natürlich nicht. Und der Film von Mark Monheim („About a Girl“) | |
thematisiert das auch, nur leider ohne tatsächlich reflektiert zu sein. Da | |
kann noch so viel Kierkegaard gelesen und mit Proust-Dirty-Talk geflirtet | |
werden: Wirklich clever ist das nicht. Katja Flint gibt die Viktoria als | |
technokratische Matriarchin, die das Flachlegen promotet, aber nie | |
liebevoll erscheint. „So lange du die männlichen Klischeevorstellungen | |
derart billig bedienst, wirst du der Sache der Frau nicht weiterhelfen“, | |
kommentiert sie Hannahs Hotpants. | |
Gute Sätze stecken ein paar drin im Buch von Kirsten Peters, Martin Rehbock | |
und Philip Voges, auch: „Lesbisch sein ist doch kein kaputtes Auto!“ Doch | |
immer wieder scheitert der Film beim Modernsein an seiner Verwurzelung in | |
konservativen Strukturen. Schon in der Eingangsszene glotzt Jana Lämmerers | |
Kamera den Körper von Jans Jugendliebe Madeleine ab, als hätte es Laura | |
Mulvey nie gegeben. | |
Zumindest lustig könnte es ja sein. „Komödiantisch überhöhen“ war das Z… | |
von Regisseur Monheim, „mit einem Augenzwinkern die Genderdebatte auf die | |
Spitze treiben.“ Faktencheck: Jan rülpst Hannah beim Anbandeln ins Gesicht. | |
Jan soll in eine Kakaotasse onanieren. Jan fragt Rosalie ungelenk, ob sie | |
noch Jungfrau sei (weil sie noch nie einen Penis in der Vulva hatte, | |
logisch). | |
## Parodie bestärkt die Norm | |
Deutsches „American Pie“ oder amüsante Provokation des 20.15-Bürgertums? | |
Tatsächlich keck interpretiert Jasna Fritzi Bauer, die auch schon Mifti in | |
„Axolotl Overkill“ war, die Identifikationsfigur für die | |
Millennial-Zuschauer*innen. Sie und Stefan Brentle als Doofbolzen Robert | |
können schon mal ein Schmunzeln entlocken. Doch jede Parodie bestärkt | |
eigentlich nur die Norm, die sie karikiert. Dass es als | |
gleichgeschlechtliches Paar extrem hart sein kann, sich den Familienwunsch | |
zu erfüllen, deutet der Film nur an. | |
Mit „Unser Kind“ lief im Ersten unlängst ein Drama zum selben Thema, das | |
von der queeren Kritik positiv aufgenommen wurde. In „Die Freundin meiner | |
Mutter“ scheinen dagegen alle ein Rad ab zu haben und am Ende gibt es | |
natürlich auch ein heterosexuelles Happy End zwischen Hannah und Jan, der | |
ihr die Kaffeemühle aufdreht, wenn sie zu fest verschlossen ist. Es endet | |
mit „Locker Room Talk“ zwischen Jan und seiner Mutter, letztlich der | |
seufzenden Feststellung, dass nach dem Abspann alles wieder werden kann, | |
wie man’s kennt: „Hach, Männer!“ | |
13 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Finn Holitzka | |
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