# taz.de -- 100. Geburtstag von Axel Springer: Alle außer Angela | |
> Der Verlag Axel Springer feiert den 100. Geburtstag von Axel Springer. | |
> Zur Feier kam auch seine Witwe Friede und schaute sich selbst in einem | |
> Theaterstück zu. | |
Bild: Es umarmen und unterhalten sich die Verlegerin Friede Springer (r) und Ve… | |
BERLIN taz | „Ein seltsamer Heiliger war er schon“, hat ja mal der | |
Historiker Hans-Peter Schwarz über Axel Springer gesagt, und weil der nun | |
auch schon 100 geworden wäre, hatten sich jede Menge anderer seltsamer | |
Heiliger im Berliner Springerhochhaus versammelt, um den Verlegerpatrioten | |
zu feiern. | |
Was gar nicht so leicht war, denn ausgerechnet zum 100sten hatte die | |
Polizei dann auch mal Springer eingekesselt – Absperrungen, so weit das | |
Auge reichte, nur die beiden noch am 1. Mai hübsch symbolisch zwischen taz | |
und Springer auf der Rudi-Dutschke-Straße geparkten Wasserwerfer waren weg. | |
Dabei kam gar keine Kanzlerin, weshalb es diesmal leider keine Bilder von | |
Friede Springer mit Liz Mohn und Angela Merkel gibt, sondern nur welche von | |
Friede und Frau Bertelsmann. | |
Dafür traf man neue und alte Bundespräsidenten (okay, einer war in | |
Großburgwedel geblieben), jede Menge echten und noch mehr falschen Adel, am | |
Ende kamen als höchst merkwürdiges Dreierpack Thomas Gottschalk, Hans-Olaf | |
Henkel und Wolf Biermann, und dann ging es los. | |
Weil alle Reden über Axel Cäsar längst gehalten sind und die Bertelsmänner | |
über ihren Reinhard Mohn ja schließlich auch schon mal ’nen Spielfilm zum | |
Geburtstag gedreht haben, gab es 100 Jahre Axel Springer als Nummernrevue, | |
und Herbert Knaup hat ab sofort ’ne neue Rolle: Axel S. | |
Das ist einerseits ganz großes Kino, andererseits bleibt sich Springer so | |
wunderbar treu, dass auch den Exlinken im Konzern auf ihrem | |
Renegatenbänkchen ganz warm ums Herz geworden sein dürfte, und die | |
politisch kritischen Sachen haben sie sowieso dem Rudolf Augstein in den | |
Text geschrieben. | |
Den wiederum spielt Peter Jordan hinreißend schnodderig, und wie die | |
beiden, also Augstein und Springer, nee: Jordan und Knaup natürlich, | |
„You’ve got a friend in me“ schmettern, ist Zum-in-die Knie-Gehen. Dann | |
trottelt Erich Mielke (Rainer Brandt) über die Bühne, der echte Wilhelm | |
Wieben liest die Nachrichten vor, die Mauer wird gebaut und man denkt: | |
Jetzt kann nur noch Udo kommen und „Mädchen aus Ostberlin“ singen und – | |
bumms steht Udo auf der Bühne und singt „Mädchen aus Ostberlin“ und wirft | |
der echten Friede Springer Peace-Zeichen zu. Gegen so was hat nicht mal Max | |
Raabe ’ne Schnitte, auch wenn der später auch noch kommt und singt. | |
## Schöngeist und Teppichhändler | |
Da hat sich Axel Cäsar gerade wieder ’ne neue Frau geangelt, überhaupt wird | |
auf Springers Frauengeschichten ziemlich ausführlich und mit mehr | |
Selbstironie herumgeritten als auf der politischen Nummer. Die ist, wie | |
gesagt, auch in der Konzernfarbe gefärbt, weshalb die 68er natürlich mehr | |
als ein bisschen aus der DDR ferngesteuert sind und Spiegel und Zeit böse, | |
weil sie denen sogar noch Geld gaben (den Studenten, nicht der DDR) und | |
Springers Hetze gegen Brandts Ostpolitik lassen sie dann lieber mal gleich | |
weg. | |
So eine Art Einordnung, wie sie der ZDF-Geschichtsvernichter Guido Knopp | |
immer macht, hat es vorher schon gegeben, von Springer-Chef Mathias Döpfner | |
höchstpersönlich. Der hat sich dafür extra mit Jeans und Kapuzenpulli | |
verkleidet und einen fiktiven Brief an den werten Verstorbenen entworfen | |
und zeigt, dass er wirklich diese gelebte Mischkalkulation aus Schöngeist | |
und Teppichhändler ist: Er lobt Friede Springer in den höchsten Tönen. Und | |
meint dabei nur ganz bescheiden, am Rande und irgendwie ja auch bloß | |
zufällig – sich. | |
Irgendwann ist Friede dann auch in der Revue dran. Die im Stück spielt | |
übrigens Leslie Malton, die nichts dafür kann, dass es jetzt doch ein | |
bisschen kitschig wird so zum Lebensende von Axel Springer hin. | |
Am Schluss steht die echte Friede da und klatscht beseelt, und ein | |
hochrangiger Mitarbeiter einer nicht ganz kleinen öffentlich-rechtlichen | |
Rundfunkanstalt der Bundesrepublik Deutschland sagt anschließend, dass der | |
Knaup den Springer ja besser gespielt habe als der Lauterbach, der das ja | |
für eben diese nicht ganz kleine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt vor | |
Jahren mal versucht hat. | |
3 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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