# taz.de -- Kolumne Am Gerät: Die Badekappe | |
> Leipzig hatte sich verändert für die Olympischen Spiele. Wolfgang | |
> Tiefensee spielte Cello und Usain Bolt wurde über die 100-Meter-Distanz | |
> geschlagen. | |
Bild: Ohne die kann Jürgen niemanden in die Eier treten: die Badekappe | |
Ajax war schon immer der größere Klub. Und bei Neptun wollten sie immer | |
schon, dass sich das ändert. Die beiden Klubs trainieren in der gleichen | |
Halle. Die Geschäftsstellen sind keine zwei Kilometer voneinander entfernt. | |
Seit Jahren schon streiten sich Ajax und Neptun um die paar Kinder, die | |
nicht Fußballspielen wollen. Sie wollen Schwimmer und Wasserballer aus | |
ihnen machen. Zweimal Training in der Woche, dreimal, viermal. | |
Für Neptun ist das ein Dilemma. Weil Ajax mehr Mitglieder hat, bekommt der | |
Klub von der Gemeinde mehr Hallenzeit zugewiesen. Die Talente können bei | |
Ajax mehr trainieren. So kommt es, dass die besten Neptunschwimmer immer | |
irgendwann zu Ajax wechseln. Nicht nur für Jürgen, den Trainer von Neptun, | |
ist das ein Skandal. Der ganze Klub ist jedes Mal entsetzt, wenn ihnen | |
wieder ein Talent gestohlen wird. Es ist Diebstahl, sagen sie, die Kinder | |
können nichts dafür. Aber freiwillig wechseln! Was hat Karl-Heinz sich | |
dabei nur gedacht? Karl-Heinz geht auf die Dreißig zu. | |
Jürgen hat Rache geschworen. Am Samstag kommt es zum Derby in der | |
Wasserball-Bezirksliga. Der immer noch sehr gute Schwimmer hat schon lange | |
nicht mehr mitgespielt. Jetzt will er seine gute, alte Wasserballkappe mit | |
den Trommelfellschützern wieder aufsetzen. | |
Den mache ich fertig, hat er sich vorgenommen. Was haben die gezahlt, damit | |
er wechselt, fragt er sich. Die wollen aufsteigen und brauchen einen wie | |
Karl-Heinz. Er war immer Neptuns Bester. Dem trete ich in die Eier, dass er | |
schreit. Jürgen weiß, dass Karl-Heinz immer ohne Suspensorium spielt. | |
Jürgen mobilisiert den ganzen Verein. „Wir brauchen eine Stimmung wie bei | |
Olympia in Melbourne 1956“, sagt er auf dem Klubabend beim Griechen und | |
erklärt: Damals war die Stimmung aufgeheizt. Zwei Wochen zuvor waren die | |
Sowjets in Ungarn einmarschiert. Es war ein Kriegsspiel und ist als | |
Wasserballschlacht in die Geschichte eingegangen, nachdem es abgebrochen | |
wurde, weil eine ungarische Augenbraue aufgeplatzt war und sich das Wasser | |
verfärbt hat. | |
„Wir müssen Geschichte schreiben“, sagt Jürgen. „Habe ich das richtig | |
verstanden?“, fragt Gisela, die Schatzmeisterin: „Wir sind wie Ungarn, weil | |
wir ja die Guten sind?“ Jürgen gibt ihr Recht: genau. „Dann müssten wir ja | |
die Opfer sein bei diesem Spiel und nicht die anderen“, sagt Gisela. Jürgen | |
merkt, dass seine Geschichte irgendwie nicht aufgeht. Ich trete ihm | |
trotzdem in die Eier, sagt er und die Neptunler klatschen – auch Gisela. | |
9 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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