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# taz.de -- Obdachlosen-Schlafstätte wird Touri-Magnet: So wird der Zaun zur P…
> Damit keine Obdachlosen mehr unter einer Brücke schlafen, hat die
> Hamburger Verwaltung einen Zaun errichtet. Das reicht noch nicht: Es gibt
> die Chance, aus dem Ort einen echten Touristen-Magneten zu machen. Sieben
> Ideen, wie das gelingen könnte.
Bild: Sauber, klar. Aber für eine pulsierende Metropole viel zu trist: die Fl�…
HAMBURG taz | Ein massiver Stahlzaun schützt in Hamburg seit dieser Woche
eine Fläche unter einer Brücke - vor Obdachlosen. Die übernachteten seit
Jahren an der Straße zwischen Millerntor und Landungsbrücken. Das führte zu
Beschwerden von Touristen, Anwohnern und Passanten, behauptet die
Verwaltung.
Die erste Reaktion war ein Umbau für 100.000 Euro: Die Bezirksversammlung
beschloss, den Bereich unter der alten Kersten-Miles-Brücke pflastern zu
lassen, Feldsteine aufzustellen und einen Bachlauf anzulegen. Der Boden
wurde ungemütlich uneben. Das Projekt verkauften sie als Wiederherstellung
des historischen Zustands. Doch weiter schliefen auf einer Seite
Wohnungslose. Deshalb gibt es jetzt den Zaun - er kostete weitere 18.000
Euro und sorgt für Unmut. Denn er gilt als Symbol der zynischen Politik des
SPD-Bezirksamtschefs Markus Schreiber. Am Freitagabend findet die erste
Demo gegen den Zaun statt.
Der Sprecher des Bezirks verteidigt das Projekt: "Das ist kein Käfig", sagt
Lars Schmidt-von-Koss. Der Zaun reiche ja nicht an alle Stellen bis an die
Brücke heran. Und es gebe Zaun-Fans: "Manche haben mir gesagt: Das sieht ja
aus wie moderne Kunst, Steine hinter einem Zaun."
Wir glauben: Das reicht noch nicht! Der Ort muss weiter aufgewertet werden.
Hier sind sieben Ideen, wie der Zaun zu einem echten Highlight für
Touristen wird. Eine neue Perle für Hamburgs Marketingmanager.
1. Ort der Stille
Eine extrem kostengünstige Lösung, weil alles schon da ist, was es braucht:
große Feldsteine in einem regelmäßig strukturierten Meer aus kleinen
Steinen. Es ist nicht mal ein Mönch nötig, um das Muster in Ordnung zu
halten. Denn im Gegensatz zum originalen Zen-Garten, dessen Kies immer mal
wieder geharkt werden muss, sind hier die Pflastersteine fest eingemörtelt.
Das Bezirksamt müsste den Ort lediglich umetikettieren und vielleicht mit
einer kleinen Erläuterung versehen: ein Ort der Stille zwischen ach so
sündiger Reeperbahn und Landungsbrücken-Rummel. Innerer Frieden stellt sich
ein, schon wenn wir uns bloß vorstellen, wie die TeilnehmerInnen des
Schlagermoves ganz plötzlich innehalten und sich, wo eben noch die "Hölle,
Hölle, Hölle" besungen ward, Schweigen ausbreitet …
2. Arme Würstchen
Auch Markus Schreiber hat in Wirklichkeit ein weiches Herz. Deshalb
bekommen die vertriebenen Obdachlosen künftig von ihm persönlich was
gegrillt. Dazu wird der emissionsfreie Elektrogrill, den Schreiber (auf dem
Foto links) im Mai auf der Wiese zwischen dem Hamburger Michel und einem
renommierten Zeitschriftenverlag einweihte, an die Helgoländer Allee
verlegt. Jeden Sonntag brutzelt Schreiber nun selbst - im Imbiss "Zum armen
Würstchen".
3. Leuchtende Augen
Früher war tatsächlich mehr Lametta. Nach taz-Informationen plant
Bezirkschef Markus Schreiber (SPD) deshalb unter der Brücke an der
Helgoländer Allee einen großen Adventskalender. Das Eisengitter soll ab dem
1. Advent die Augen von Obdachlosen zum Leuchten bringen: Festlich
geschmückt mit Kugeln, Äpfeln und Kerzen und reichlich behängt mit allerlei
richtig süßen Leckereien. Damit es nicht so teuer wird, sammelt der Bezirk:
Auf Schreibers Bitte spendet auch die taz eine milde Gabe für den
Weihnachtszaun: ein Lebkuchenherz, das einst ein christlich-demokratischer
Alt-Bürgermeister zum Redaktionsbesuch mitbrachte. Wohl bekomms.
4. Abschreckende Wirkung
Der Bezirk Hamburg-Mitte könnte dem Wort Offener Strafvollzug eine ganz
neue Bedeutung geben: Wer bettelt, in die Ecke pinkelt oder öffentlich
kokst, könnte ohne großen Aufwand einer Ad-hoc-Strafe zugeführt werden. Die
abschreckende Wirkung wäre gewiss, auch für Touristen könnte das attraktiv
sein. Denn bestimmt dauert es nicht lange, bis es unterm Brückengewölbe
schallt: "Ich bin ein Star - holt mich hier raus!"
5. Mehr Liebe!
Der Zaun ist ein Symbol der Ausgrenzung, Verdrängung und Kälte. Doch das
muss ja nicht so bleiben, wenn an ihm die Liebesschlösser hängen.
Liebesschlösser - das sind Vorhängeschlösser mit dem eingravierten Namen
oder Initialen von frisch Verliebten, die symbolisch die ewige Liebe
besiegeln sollen und an vielen Brücken Europas zu finden sind. Zugegeben:
Noch ist die Ecke nicht sehr romantisch, aber das kann ja noch werden.
6. Die Tiere der Stadt
Der Steingarten hinterm Zaun bietet sich geradezu an, um Gämsen
auszustellen oder wenigstens Ziegen. Oder Rindviecher - damit Vanity und
Kevin nicht mehr denken, die Milch komme aus der Fabrik und Kühe seien
lilafarben. Alternativ böte sich an, einen Streichelzoo mit den Tieren der
Stadt zu bevölkern: Waschbären, Marder, Kaninchen, Ratten - und natürlich
Pitbull-Terrier. Schließlich sind wir auf dem Kiez.
7. Freiheit für die Füße
Die Kersten-Miles-Brücke ist nicht weit weg von den Routen vieler
Touristen. Wer von der Innenstadt durch Speicherstadt, Hafencity hin zu den
Landungsbrücken spaziert und auch noch die Reeperbahn anschauen will, kommt
an der Brücke vorbei - und hat spätestens dann geschundene Füße. Genau
denen könnte geholfen werden: mit einem Barfußpark mitten in der Stadt. Und
so hätten die Füße auch noch was von Hamburg. Der Umbau wäre schnell
gemacht: Pflaster und Felssteine liegen schon dort, ein Bächlein ist auf
der anderen Straßenseite - und auch die Glasscherben werden sicher genug
vom Partyvolk gespendet werden. Die anderen Untergründe wären billig zu
beschaffen.
22 Sep 2011
## AUTOREN
G. Knödler
S. Veit
D. Kummetz
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Am Freitagnachmittag wurde der Stahlzaun, der in Hamburg-St. Pauli
Obdachlose und Punks vor dem Übernachten unter einen Brücke abhalten
sollte, weggeflext.
Bezirksamtsleiter wil Obdachlose vertreiben: Herr Schreiber baut einen Zaun
Der Bezirk Mitte zäunt den Bereich unter der Brücke in der Helgoländer
Allee ein. Dort übernachteten Punks und Wohnungslose. Die Aktion sorgt für
Empörung.
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