| # taz.de -- Editorial von Franziska Schindler und Frederik Eikmanns : Wenn das … | |
| Am Mittwochmorgen war Alexander Dobrindt im Innenausschuss des Bundestags | |
| zu Besuch. Befragt wurde der CSU-Innenminister dort zu den rund 1.900 | |
| Afghan*innen, denen Deutschland einst die Evakuierung zusicherte und die | |
| dennoch seit Monaten oder Jahren in Pakistan ausharren. Zuletzt bot | |
| Dobrindt diesen Menschen 10.000 Euro an, wenn sie ihren Schutzanspruch | |
| aufgeben und in ihr Heimatland zurückkehren, wo ihnen Tod und Verfolgung | |
| durch die Taliban drohen. Nur wer klagt, hat eine Chance auf Evakuierung. | |
| Offensichtlicher kann die Bundesregierung nicht machen, dass sie die | |
| Ankunft von Schutzsuchenden ablehnt. | |
| Aber zum Ankommen gehört mehr als nur die physische Einreise. Ankommen ist | |
| auch ein sozialer, psychologischer und emotionaler Prozess des Einfindens | |
| in eine Gesellschaft. Auch hier steigt die Bundesregierung auf die Bremse. | |
| Wer den Nachzug von Familienangehörigen verhindert oder über „Stadtbild“ | |
| und großangelegte Abschiebungen nach Syrien spricht, der verhindert ein | |
| Ankommen in unserer Gesellschaft. Unter den vorherigen Bundesregierungen | |
| war es nur ein bisschen besser. Die Intensität variiert. Doch seit dem | |
| Fluchtsommer 2015 stemmt sich die deutsche Politik dagegen, dass | |
| Geflüchtete hier ein neues Leben und irgendwann ein Zuhause finden. | |
| Alldem zum Trotz haben es Millionen Geflüchtete aber doch geschafft, ihren | |
| Platz in diesem Land zu finden – und jeden Tag werden es mehr. Sie finden | |
| Wohnungen, Jobs, Freund*innen und manchmal auch die Liebe. Sie gehen zur | |
| Schule oder zur Uni, lassen sich einbürgern, gehen wählen, gründen | |
| Betriebe, treten im Fernsehen auf oder schreiben Bücher. Gleichzeitig sind | |
| sie von den Problemen der Gesellschaft in Deutschland besonders betroffen: | |
| Sie kämpfen mit dem ungerechten Bildungssystem, der quälend langsamen | |
| Bürokratie oder der verbreiteten Altersarmut. | |
| Ankommen ist eine Aufgabe auch für die, die schon da sind: Es braucht | |
| Menschen, die Homogenität nicht als Voraussetzung für Zugehörigkeit | |
| verstehen und Einfinden nicht als Aufgabe der eigenen Identität. Zum Glück | |
| bemüht sich die Zivilgesellschaft, auszugleichen, was in der Politik | |
| schiefläuft. Wie soll man in einer Gesellschaft ankommen, ohne willkommen | |
| zu sein? | |
| Höchste Zeit also, einen genauen Blick auf das Ankommen zu werfen. Wir tun | |
| das in dieser Sonderausgabe mit Essays, Reportagen und einer | |
| Architekturanalyse. Es geht um Arbeit, Klasse, Älterwerden, Dazugehören. | |
| Und wie in den vorangegangenen Sonderausgaben stehen über die Zeitung | |
| verstreut auch dieses Mal Gedichte von Dichter*innen, die selbst ihre | |
| Heimat verlassen haben und jetzt in Deutschland leben. | |
| 27 Nov 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Franziska Schindler | |
| Frederik Eikmanns | |
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