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# taz.de -- Nach den Wahlen in Kamerun: Tote bei Protesten gegen Wahlsieg des P…
> Der 92-jährige Paul Biya ist in Kamerun als Präsident wiedergewählt
> worden. Es folgten Unruhen. Vor dem Haus des Oppositionsführers gab es
> Tote.
Bild: Kaum Chance für Protest: Polizei in Douala
taz | [1][Kameruns Präsident Paul Biya], seit 1982 im Amt, darf für weitere
sieben Jahre regieren. Das Verfassungsgericht des Landes erklärte am Montag
den 92-Jährigen zum Sieger der Präsidentschaftswahl vom 12. Oktober mit
53,66 Prozent. Auf seinen [2][Hauptwidersacher Issa Tchiroma Bakary]
entfielen demnach 35,19 Prozent. Alle anderen Kandidaten liegen weit
abgeschlagen: drittplaziert ist der vergleichsweise junge
[3][Oppositionspolitiker Cabral Libii] mit 3,41 Prozent.
Die ermittelte Wahlbeteiligung ist mit amtlich 46,31 Prozent
außerordentlich niedrig. Selbst nach den offiziellen Zahlen hat Biya
diesmal weitaus schlechter abgeschnitten als bei seinen Siegen 2011 und
2018 mit jeweils 78 und 71 Prozent. Von knapp 3,8 Millionen Stimmen 2011
rutschte der Präsident 2018 auf 2,52 Millionen und dieses Jahr auf 2,47
Millionen Stimmen ab, obwohl die Einwohnerzahl des Landes seit 2011 von 20
auf 30 Millionen gestiegen ist.
Issa Tchiroma hat eigene Zahlen vorgelegt, wonach in Wirklichkeit er selbst
die Wahlen mit 54,8 Prozent gewonnen und Biya nur 31,3 Prozent erhalten
habe. Tchiroma war jahrzehntelang Minister unter Biya, trat aber im Juni
zurück, rief zu einem Regimewechsel auf und kandidierte gegen den
Präsidenten. Er erhielt mehr Unterstützung als zunächst erwartet, unter
anderem weil [4][der bekannteste Oppositionspolitiker Maurice Kamto] nicht
kandidieren durfte und dessen Partei stattdessen zur Wahl Tchiromas
aufrief.
Viele seiner Anhänger sind nun von Wahlfälschung überzeugt. Im Vorlauf der
angekündigten Verkündung des amtlichen Endergebnisses hatte Tchiroma zu
landesweiten friedlichen Protesten am Sonntagabend aufgerufen, um „die
Wahlen zu verteidigen“. Territorialminister Paul Atanga hatte am Samstag
gesagt, wer diesem Aufruf folge, „beteiligt sich an der Umsetzung eines
Aufstandsplans“ – eine Warnung vor Strafverfolgung.
## In präventive Administrativhaft auf eigene Kosten
Vor allem in Kameruns größter Stadt Douala an der Atlantikküste sowie in
Tchiromas Heimatstadt Garoua im Norden des Landes gingen dennoch jeweils
Hunderte Menschen auf die Straße. In Douala starben am Sonntag vier
Menschen, als Gendarmen das Feuer auf Demonstranten vor der
Gendarmeriekaserne Nkoulouloun eröffneten und es auch vor mehreren
Polizeistationen zu Zusammenstößen kam. Die Provinz Littoral, zu der Douala
gehört, zählt den höchsten Anteil an Tchiroma-Wählern.
Die Provinzregierung von Littoral nahm am Sonntagabend 105 Personen wegen
Teilnahme an den Demonstrationen in Douala [5][in präventive
Administrativhaft] – sie müssen für 15 Tage ins Zentralgefängnis New Bell.
Dort müssen sie sich vollständig selbst versorgen, eventuelle medizinische
Kosten eingeschlossen, und die Haft kann dann verlängert werden.
Die Lage nach der Ergebnisverkündung am Montag schien sich weiter
zuzuspitzen. Viele Oppositionelle sind davon überzeugt, dass das Regime
Tchiroma verhaften oder töten will. Vor der Residenz des Oppositionsführers
in Garoua versammelten sich zahlreiche Menschen, zwei Tote wurden dort am
Nachmittag gemeldet, angeblich Opfer von Scharfschützen, die auf den
Dächern der Nachbarhäuser postiert sind.
„Sie schießen auf Zivilisten vor meinem Haus“, [6][schrieb Tchiroma]
selbst: „Der Angriff hat begonnen.“ Er fügte hinzu: „Tötet mich, wenn i…
wollt, aber ich werde mit allen nötigen Mitteln dieses Land befreien.“
In Douala wurde das Stadtviertel New Bell von Sicherheitskräften
abgeriegelt. An mehreren Orten der Millionenstadt versammelten sich
kleinere Mengen von Demonstranten. Auch aus anderen Städten gab es Berichte
von Protesten und Gewaltakten. Die oppositionelle Webseite „Cameroun Web“
sprach von einem [7][„landesweiten großen Massaker“].
In einer unüblichen Geste der Distanzierung blieben die Botschafter der
EU-Staaten sowie von Großbritannien, Kanada und der Schweiz der offiziellen
Ergebnisverkündung fern; Russlands Botschafter hingegen nahm teil.
27 Oct 2025
## LINKS
[1] /Kameruns-Praesident-will-nicht-abtreten/!6097425
[2] /Nach-Wahlen-in-Kamerun/!6118175
[3] /Praesidentschaftswahl-in-Kamerun/!5538212
[4] /Wahlen-in-Kamerun/!5538472
[5] https://x.com/MimiMefoInfo/status/1982720382965531018
[6] https://x.com/MimiMefoInfo/status/1982785520573747664
[7] https://www.camerounweb.com/CameroonHomePage/NewsArchive/Effusion-de-sang-g…
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Kamerun
Paul Biya
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