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# taz.de -- Möglicher Trainerwechsel beim THW Kiel: Abschied vom Helden-Handba…
> THW-Trainer Filip Jícha lässt seinen jungen Spielern mehr Freiräume –
> vielleicht zu spät: In der Szene wird schon über seine Nachfolge
> spekuliert.
Bild: THW-Trainer auf Abruf? Filip Jícha am Samstag beim Supercup in München
Hamburg taz | Die Personalie Filip Jícha gehört zu den spannendsten im
Handball-Kosmos, enden seine Arbeitspapiere beim THW doch am 30. Juni 2026.
Mit Titeln gekrönt und zuletzt im DHB-Pokal siegreich, scheinen seine
Vorgesetzten unsicher, ob es mit ihm weitergehen soll: „Die Gespräche
werden kurzfristig aufgenommen. Das wollen wir in der zweiten Jahreshälfte
abarbeiten“, sagte Marc Weinstock, der Vorsitzende des THW-Aufsichtsrates,
am Mittwoch bei der Saisoneröffnungs-Pressekonferenz auf der Sonnenterrasse
der „Stena Scandinavica“.
Ein Bekenntnis klingt anders. Doch beim Rekordmeister bemüht man sich, das
Thema herunterzuspielen – was misslingt: Längst hat sich in der Szene
herumgesprochen, dass der Gummersbacher Coach und frühere THW-Profi Guðjón
Valur Sigurðsson Favorit auf Jíchas Nachfolge ab Juli 2026 ist.
Auf dem Oberdeck der Schweden-Fähre setzte Jícha seine Sonnenbrille auf –
aber nicht, um ein Pokerface zu mimen: Die Sonne über der Förde kam durch,
als er seine Aussichten auf die Handball-Saison formulierte. Freundlich tat
er das, gut gelaunt, zugewandt – entspannt wirkend. Anders als zuletzt. Da
hatte man einen dünnhäutigen Jícha erlebt, der Nachfragen als
Majestätsbeleidigung zu verstehen schien. Ahnte da jemand mehr als die
meisten Gäste beim traditionellen Kieler Gespräch zum Start der Serie?
Der 43 Jahre alte Tscheche hält verbal Abstand zum THW, will offenbar nicht
wie einer wirken, der auf Gedeih und Verderb an ihn gebunden ist. Oft
spricht er schon in der Vergangenheitsform.
Zum Verhängnis könnten ihm die vergangenen beiden Spielzeiten werden, in
denen die Kieler [1][ihr Saisonziel verpassten] – mit Folgen, die Weinstock
so skizzierte: „Wir sind nicht zur Champions League verdammt und würden
auch ein weiteres Jahr ohne sie überleben. Aber mit ihr ist vieles
wirtschaftlich einfacher.“ Die European League, in die der THW nun ein
zweites Mal startet, bleibt ein Zuschussgeschäft.
Letztlich geht es zwischen sportlicher Leitung und Chefkontrolleur um einen
klassischen Zielkonflikt. Während Jícha und Geschäftsführer Viktor Szilágyi
auf die zunehmende Konkurrenz, den Umbruch und Verletzungen im Kader
hinweisen, sieht Weinstock den Einsatz von geschätzten 13 Millionen Euro
für die Profis und fordert entsprechenden Ertrag.
Eine gute Entscheidung in Sachen Coach erscheint knifflig. Um davon
abzulenken, weisen die Kieler darauf hin, dass anderswo auch ein
Trainervertrag ausläuft. Und der des Sportvorstands gleich mit. Gemeint
sind die Füchse, wo Jaron Siewert und Stefan Kretzschmar auf Bob Hannings
Ja-Wort warten.
Die Ansprüche im dominierenden deutschen Klub der vergangenen Jahrzehnte
sind gewohnheitsmäßig hoch – da können Jícha und Szilágyi reden, so viel
sie wollen. Die Kritik richtet sich zudem gegen den unansehnlichen und
kraftbetonten „Heldenhandball“, den Jícha spielen lässt.
Kurios ist dabei, dass der Coach zur Debatte steht, obwohl sich Stil und
Aufstellung gerade grundsätzlich ändern, die geforderte Verjüngung in
vollem Gange ist: Bei der Supercup-Niederlage nach Siebenmeterwerfen am
Samstagabend in ausverkaufter Halle in München gegen die Berliner Füchse
begeisterte Jíchas deutlich juvenilere Mannschaft in der zweiten Hälfte mit
feinen Anspielen und kraftvollen Treffern des Regisseurs Elias Ellefsen á
Skipagøtu und wuchtigen Toren des neuen Kreisläufers Lukas Laube.
## Nicht mehr nur Härte und Disziplin
Ellefsen, 23 Jahre alt, wurde schon mit dem dänischen Klub GOG in
Verbindung gebracht, auch, weil Jícha ihn langsam reifen lassen möchte.
Zuletzt wirkte der Coach ohnehin, als [2][lasse er den jüngeren Profis mehr
Leine], statt sie zu behandeln wie Gleichgesinnte zu seiner aktiven Zeit,
als Härte und Disziplin auf jedem Trainingsplan ganz oben standen. Auch im
Handball tritt eine neue Generation auf: Selbstbewusst, forsch, geübt in
der Eigenvermarktung via digitale Medien. Das ist für jeden Trainer eine
Herausforderung.
Jícha scheint seinen Umgang damit gefunden zu haben, hat er doch schon
jetzt einen Großteil von Spielern der 2000-er Jahrgänge im Kader – in
München durfte gegen den deutschen Meister sogar der frisch gebackene
U19-Weltmeister Rasmus Ankermann ran. Ob am Kreis, Außen oder im Rückraum,
überall tummeln sich nun plötzlich Spieler von Anfang, Mitte 20; ab Juli
2026 kommen mit Nationalspieler Julian Köster und dem slowenischen
Fädenzieher Domen Makuc weitere Stars in jungen Jahren hinzu.
Ihre Hausaufgaben haben Szilágyi und Jícha also gemacht – am Horizont steht
eine starke Mannschaft im besten Alter, die [3][Berlin] und vor allem
[4][Magdeburg] wieder in die Rolle des Verfolgers drücken soll. Mit welch
immensen finanziellen Mitteln das gestemmt wird, zeigt allein die Besetzung
im Tor, wo nun bald der von seiner Kreuzbandverletzung genesene Starkeeper
Gonzalo Pérez de Vargas neben Nationaltorwart Andreas Wolff im Kieler
Trikot aufläuft. Das bindet jede Menge Geld, liefert aber auch ein Duo vom
Feinsten.
24 Aug 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Frank Heike
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