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# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Letztes Geleit für die Journalistin Wiktorij…
> In Kyjiw werden die sterblichen Überreste der Journalistin zu Grabe
> getragen. Sie war 2024 in russischer Gefangenschaft ermordet worden.
Bild: Abschied von der Journalistin Wiktorija Roschtschyna, die in russischer G…
Berlin taz | Auf dem eleganten schwarzen lackierten Sarg, unter dessen
geschlossenem Deckel ein weißer, gemusterter Stoff hervorschimmert, liegt
auf einem ukrainischen Handtuch ein frisch gebackener Brotlaib. Nach
ukrainischer Tradition symbolisiert Brot das Leben – der Platz auf dem Sarg
steht für den Respekt gegenüber der Verstorbenen und den Wunsch, dass ihre
Seele in der jenseitigen Welt Frieden finden möge.
Fast ein Jahr nach ihrer Ermordung in russischer Gefangenschaft wurde die
ukrainische Journalistin Wiktorija Roschtschyna an diesem Freitag in Kyjiw
mit einer Zeremonie verabschiedet. Inmitten von Kerzen und begleitet von
kirchlichen Gesängen wurde zunächst ein Trauergottesdienst in der
Michaelskathedrale abgehalten – einem der bedeutendsten Symbole der
orthodoxen Kirche in der Ukraine.
Hunderte Menschen kamen, um dem von Trauer gezeichneten Vater und der
jüngeren Schwester der Journalistin, die mit tränenerfüllten Augen
nebeneinander an der Seite des Sarges saßen und sich an den Händen hielten,
ihr Mitgefühl zu zeigen. Unter den Anwesenden waren Kolleg:innen
führender ukrainischer Medien, für die Wiktorija gearbeitet hatte,
Vertreter:innen von Medienorganisationen, Freund:innen,
Diplomat:innen mehrerer EU-Botschaften und viele andere Menschen.
Nach dem Gottesdienst bewegte sich der Trauerzug von der Kathedrale durch
die Straßen von Kyjiw bis zum Unabhängigkeitsplatz. Dort nahmen zahlreiche
Menschen kniend Abschied von der Journalistin, bevor die Beisetzung auf dem
Baikowe-Friedhof erfolgte.
Zu Tode gefoltert
Wiktorija Roschtschyna war eine der wenigen ukrainischen Journalistinnen,
die über russische Verbrechen in den besetzten Gebieten berichteten. Im
Juli 2023 reiste sie in die Region Saporischschja, um die Existenz von
geheimen Haftzentren aufzudecken und FSB-Täter zu identifizieren. Dabei
geriet sie selbst in Gefangenschaft – und wurde später ermordet.
Am 10. Oktober 2024 erhielt ihr Vater eine formelle Mail der russischen
Militärpolizei: Seine Tochter sei am 19. September verstorben – ohne
Angaben zur Todesursache. Erst sechs Monate später, im Februar 2025, wurde
ihre Leiche im Rahmen eines Gefangenenaustausches zwischen Russland und der
Ukraine übergeben – in einem Sack mit der Aufschrift „unbekannter Mann,
akute Verletzung der Koronararterien“.
Als die Ermittler den Sack öffneten, fanden sie jedoch die misshandelte
Leiche einer jungen Frau – der gefrorene und mumifizierte Körper wies
zahlreiche Blutungen und Quetschungen, gebrochene Knochen, Spuren von
Elektroschocks, abrasierte Haare und Anzeichen für eine Autopsie auf. Eine
genaue Untersuchung ergab, dass das Gehirn, die Augäpfel und ein Teil des
Kehlkopfes fehlten.
Ein DNA-Test bestätigte eine Übereinstimmung von 99,9 Prozent und es wurde
klar, [1][dass Russland die Leiche der Ukrainerin erst eineinhalb Jahre
nach ihrem Verschwinden zurückgegeben hatte].
## Aus der Zelle geholt
Wiktorijas ehemalige Zellennachbarin berichtete, sie sei am 8. September
zusammen mit anderen Gefangenen, die für den Austausch vorbereitet wurden,
aus ihrer Zelle geholt worden, um eine Videoaufnahme mit Aussagen zu machen
– danach verlor sich ihre Spur. Auch beim Austausch am 14. September
tauchte sie nicht auf. Was mit der Journalistin passiert ist, ist nach wie
vor unklar.
Ukrainische Ermittler:innen, Menschenrechtsaktivist:innen und
Journalist:innen vermuten, dass die Russen Wiktorijas Leiche der
Journalistin absichtlich so lange zurückgehalten und einige Organe aus dem
Körper entfernt hatten, um die Todesursache der 27-Jährigen zu
verschleiern. Im Juli verlieh Präsident Wolodymyr Selenskyj Roschtschyna
posthum den Freiheitsorden, eine der höchsten staatlichen Auszeichnungen
der Ukraine.
„Ihr Kampfgeist war nicht zu brechen. Lediglich der menschliche Körper hat
die Folter in russischer Gefangenschaft nicht überstanden. Wir werden
unsere Kollegin Wiktorija in ewiger Erinnerung behalten und ihr unseren
Respekt zollen. Wir werden alles tun, damit die Verbrecher, die sie getötet
haben, bestraft werden. Respekt und Dankbarkeit allen Kolleg:innen, die
weiterhin die Wahrheit über die Verbrechen Russlands sagen, über den Krieg
berichten und dabei ihr Leben riskieren“, schrieb die Direktorin des
ukrainischen Instituts für Masseninformation, Oksana Romaniuk, auf ihrer
Facebook-Seite nach der Trauerfeier für Wiktorija Roschtschyna.
## Als Kriegsverbrechen eingestuft
Laut der ukrainischen Polizei [2][soll sich der ehemalige Leiter des
Untersuchungsgefängnisses Nr. 2 in der russischen Stadt Taganrog wo die
ukrainische Journalistin] [3][zum letzten Mal lebend gesehen wurde, der
Folter, Misshandlung, Körperverletzung und Demütigung von Wiktorija
Roschtschyna schuldig gemacht haben].
Die Ermittlungen ergaben, dass diese Verbrechen vorsätzlich organisiert
waren: Der Leiter der Haftanstalt soll seinen Untergebenen persönlich
Anweisungen gegeben haben, um physischen und psychischen Druck auf die
Journalistin auszuüben.
Nach internationalem humanitärem Recht werden die Handlungen des
Verdächtigen als Kriegsverbrechen eingestuft, für die es keine
Verjährungsfrist gibt. Im Falle seiner Festnahme und Verurteilung drohen
ihm bis zu zwölf Jahre Freiheitsentzug. Die Ermittlungen dauern an. Sie
betreffen weitere Personen, die sich an Kriegsverbrechen gegen ukrainische
Soldaten und Zivilgefangene in russischen Haftanstalten beteiligt haben.
8 Aug 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Anastasia Magasowa
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kriegsgefangenschaft
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