# taz.de -- +++ Nachrichten im Nahostkrieg +++: Bericht: Israel hat neuen Vorsc… | |
> Die Gespräche über eine Waffenruhe in Gaza stocken. Israel will sein | |
> Militär im Süden Gazas belassen – wohl wegen seines umstrittenen | |
> Lager-Plans. | |
Bild: Zerstörungen in Gaza: Die Verhandlungen über das Wohl der Zivilist*inne… | |
Tel Aviv Gaza Doha Jerusalem dpa | afp | Israel ist bei den zähen | |
Vermittlungsgesprächen über eine Waffenruhe im Gazastreifen laut einem | |
Medienbericht zu einem umfangreicheren Truppenrückzug als bisher angeboten | |
bereit. Israel habe einen entsprechenden neuen Vorschlag vorgelegt, | |
berichtete die Times of Israel unter Berufung auf einen arabischen | |
Diplomaten. | |
Es sei aber zu bezweifeln, dass dieses Zugeständnis einen Durchbruch bei | |
den indirekten Verhandlungen in der katarischen Hauptstadt Doha bringen | |
wird, hieß es. Israels Beharren auf dem Verbleib seiner Armee im Süden des | |
Küstengebiets steht laut Berichten mit umstrittenen Plänen der Regierung im | |
Zusammenhang, dort ein riesiges Lager für hunderttausende Palästinenser | |
errichten zu wollen. | |
Kritiker sprechen von einem Internierungslager, das langfristig auf eine | |
Zwangsdeportation hinauslaufen könnte. Israel spricht von einer | |
„humanitären Stadt“ als Ausgangsbasis für eine „freiwillige Ausreise“… | |
[1][Bewohner von Gaza]. | |
Die New York Times zitierte Husam Badran, ein ranghohes Mitglied der | |
islamistischen Hamas, der die Errichtung eines solchen Lagers als | |
„absichtlich behindernde Forderung“ bezeichnete, die die ohnehin schon | |
schwierigen Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg weiter | |
erschweren würde. | |
## Oppositionspolitiker zu Plan für Lager: „Verrückt“ | |
Der israelische Oppositionsführer Jair Lapid bezeichnete den Plan der | |
Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu laut der Times of Israel | |
als „verrückt – selbst nach den Maßstäben dieser Regierung“. Der von | |
Verteidigungsminister Israel Katz kürzlich vorgestellte Plan sieht vor, | |
dass auf den Trümmern der Stadt Rafah eine Zone errichtet wird, in der | |
zunächst 600.000 Menschen aufgenommen werden sollen. | |
Laut Times of Israel sollen später dann alle der mehr als 2 Millionen | |
Bewohner Gazas dort hinein. Wer einmal eingelassen wird, darf die | |
„humanitäre Stadt“ nicht mehr verlassen. | |
„Wird es einen Zaun geben? Einen normalen Zaun? Einen Elektrozaun? Wie | |
viele Soldaten werden ihn bewachen?“, zitierte die Zeitung Lapid. „Was | |
werden die Soldaten tun, wenn Kinder die Stadt verlassen wollen? Wer wird | |
sie ernähren? Wer wird für Wasser und Strom verantwortlich sein? Was wird | |
passieren, wenn es zu Epidemien und Krankheiten kommt? Wer wird sie | |
behandeln?“ | |
Laut israelischen Medienberichten gibt es auch aus der Armee deutliche | |
Kritik an dem Plan. Demnach gibt es allerdings selbst unter den an der | |
Planung beteiligten Personen Zweifel daran, ob das Lager je errichtet wird. | |
## Alles nur Verhandlungstaktik? | |
In Israel wird spekuliert, dass es sich bei dem Plan vielmehr um eine | |
Verhandlungstaktik handeln könnte, um die Hamas zu Zugeständnissen zu | |
bewegen oder die rechtsextremen Koalitionspartner von Regierungschef | |
Netanjahu dazu zu bringen, einer Waffenruhe zuzustimmen. | |
Letzteres sehe auch der rechtsextreme Polizeiminister Itamar Ben-Gvir so, | |
berichtete die New York Times. Ben-Gvir lehnt einen dauerhaften | |
Waffenstillstand in Gaza strikt ab. Netanjahu, gegen den ein | |
Korruptionsprozess läuft, ist für sein politisches Überleben auf die | |
Hardliner in seiner Koalition wie Ben-Gvir angewiesen. | |
Die indirekten Verhandlungen Israels mit der Hamas kamen in Doha zuletzt | |
nicht von der Stelle. Ein Hauptgrund sind unterschiedliche Auffassungen | |
über das Ausmaß des israelischen Truppenabzugs vor allem aus dem Süden des | |
Gazastreifens. Israel hatte bislang darauf bestanden, dass seine | |
Streitkräfte in einem relativ großen Gebiet verbleiben. Dieses würde eine | |
drei Kilometer breite Pufferzone entlang der Grenze zu Ägypten bei Rafah | |
sowie den sogenannten Morag-Korridor einschließen, der Rafah von der Stadt | |
Chan Yunis trennt. | |
Die Hamas verlangt den Rückzug der israelischen Streitkräfte auf die | |
Positionen, die es vor dem Zusammenbruch der vorherigen Waffenruhe im März | |
eingenommen hatte. Der neue Vorschlag Israels, über den die „Times of | |
Israel“ unter Berufung auf einen arabischen Diplomaten berichtete, sieht | |
demnach vor, dass das israelische Militär nur mehr noch eine zwei Kilometer | |
breite Pufferzone entlang der Südgrenze bei Rafah beanspruchen würde. | |
## UN-Chef: Gewalt in Gaza untergräbt Menschenwürde | |
UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete die Zahl der getöteten | |
Palästinenser als beispiellos in der jüngeren Geschichte. „Das untergräbt | |
die grundlegendsten Voraussetzungen für die Menschenwürde der Bevölkerung | |
Gazas, ungeachtet des enormen Leids, das sie erdulden“, sagte Guterres in | |
New York. Er betonte, dass er auch die „fürchterlichen Angriffe“ der Hamas | |
vom 7. Oktober immer wieder verurteilt habe. | |
Der UN-Chef hält derweil an einer Zweistaatenlösung fest. Mit Blick auf | |
eine Ende des Monats geplante Konferenz bei den UN in New York sagte er: | |
Eine Lösung könne es nur geben, wenn sowohl Palästinenser als auch Israelis | |
einen Staat haben, in dem sie ihre Rechte ausüben können. Die Konferenz | |
soll vom 28. bis 30. Juli auf Ministerebene stattfinden und wird von | |
Frankreich und Saudi-Arabien organisiert. Mit einem Durchbruch wird jedoch | |
nicht gerechnet. | |
## Ultraorthodoxe Abgeordnete verlassen Netanjahus Regierung | |
In Israel hat die ultraorthodoxe Partei Degel HaTorah den Austritt ihrer | |
Mitglieder aus der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu | |
erklärt. Dies teilte die Partei, die mit der Partei Vereintes Tora-Judentum | |
(UTJ) verbündet ist, am späten Montagabend in einer Erklärung mit. | |
[2][Grund für den Austritt sei, dass ein Gesetzentwurf zur Befreiung von | |
Tora-Studenten vom Militärdienst nicht angenommen wurde.] | |
Die jahrzehntelange Ausnahme für ultraorthodoxe Seminaristen von der | |
allgemeinen Wehrpflicht war im vergangenen Jahr vom Obersten Gerichtshof | |
gekippt worden. Das Gericht hatte entschieden, dass das | |
Verteidigungsministerium diesen Personen keine pauschale Befreiung aus | |
religiösen Gründen mehr gewähren darf und der Staat mit der Einberufung | |
ultraorthodoxer jüdischer Studenten beginnen muss. Das Militär kündigte | |
daraufhin an, jährlich etwa 3.000 Ultraorthodoxe rekrutieren zu wollen. | |
Angesichts des Kriegs im Gazastreifen und weiterer Einsätze hatte das | |
israelische Militär Anfang Juli dieses Jahres die politisch umstrittene | |
Einberufung von 54.000 ultraorthodoxen jüdischen Seminarstudenten | |
angekündigt. Es sollten zwar wegen religiöser Belange besonderen | |
Vorkehrungen getroffen werden, aber die Einberufung sollte laut Militär | |
noch im Juli beginnen. | |
Seit der Staatsgründung Israels 1948 waren auch ultraorthodoxe Juden zum | |
Studium religiöser Schriften von der allgemeinen Wehrpflicht befreit. | |
Allerdings lebten damals noch sehr wenige Ultraorthodoxe in Israel. | |
Mittlerweile ist deren Bevölkerungsanteil auf 13 Prozent gestiegen. | |
## Israel warnt syrische Übergangsregierung vor weiteren Schlägen gegen | |
Drusen | |
Nach dem [3][israelischen Eingreifen in die Kämpfe] zwischen Drusen und | |
Beduinen im Süden Syriens hat Israels Verteidigungsminister Israel Katz | |
eine Warnung an die syrische Übergangsregierung ausgesprochen. Die | |
israelischen Angriffe auf mehrere Panzer in Syrien seien „eine Botschaft | |
und eine klare Warnung an das syrische Regime – wir werden nicht zulassen, | |
dass den Drusen in Syrien Schaden zugefügt wird“, erklärte Katz am Montag | |
im Onlinedienst X. | |
Zuvor hatte die israelische Armee erklärt, am Montag mehrere Panzer nahe | |
dem Ort Sami in der Provinz Suweida angegriffen zu haben. Damit sollten die | |
syrischen Streitkräfte daran gehindert werden, das benachbarte Dorf | |
al-Masraa, das von der religiösen Minderheit der Drusen bewohnt wird, | |
einzunehmen. | |
Laut einem Reporter der Nachrichtenagentur AFP hatten Streitkräfte des | |
syrischen Verteidigungsministeriums am Montag das Dorf al-Masraa jedoch | |
bereits unter ihre Kontrolle gebracht. Wie ein Kommandeur der syrischen | |
Streitkräfte AFP mitteilte, rückten die Sicherheitskräfte derweil in | |
Richtung der Stadt Suweida vor. | |
Durch schwere Kämpfe zwischen Beduinen und Drusen sind nach Angaben der | |
Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte seit Sonntag bereits | |
mindestens 99 Menschen getötet worden. Die syrische Übergangsregierung | |
setzte am Montag Sicherheitskräfte in dem Gebiet ein. | |
## Entführung eines drusischen Gemüsehändlers | |
Die Auseinandersetzungen waren laut der Beobachtungsstelle am Sonntag | |
ausgebrochen, nachdem bewaffnete Beduinen einen drusischen Gemüsehändler | |
entführt und Blockaden auf der Hauptschnellstraße zwischen der mehrheitlich | |
von Drusen bewohnten Stadt Suweida und Damaskus errichtet hatten. | |
Zwischen Beduinen und Drusen in Suweida gibt es schon seit langer Zeit | |
Konflikte, die immer wieder in Gewalt münden. Im April und Mai waren bei | |
Gefechten zwischen Anhängern der neuen islamistischen Regierung in Damaskus | |
und der religiösen Minderheit der Drusen in Syrien dutzende Menschen | |
getötet worden. Seit dem Sturz des langjährigen Herrschers Baschar al-Assad | |
durch die Islamisten besteht Sorge um die Rechte und die Sicherheit von | |
Minderheiten in dem Land. | |
Die Gewalt gegen die Drusen verschärfte zudem den Konflikt zwischen Syrien | |
und Israel. Israel hatte damit gedroht, zum Schutz der Drusen erneut in | |
Syrien einzugreifen. | |
15 Jul 2025 | |
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