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# taz.de -- Prozess gegen Querdenker: Querdenkerguru freigesprochen
> Es sei nicht nachweisbar, dass Schenkungen in Millionenhöhe an Michael
> Ballweg privat genutzt wurden. Er bekommt 3000 Euro Strafe auf Bewährung.
Bild: Michael Ballweg wurde vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen: Hier hält …
Stuttgart taz | Am Ende bleibt vom Betrugsvorwurf von über einer Million
gegen Michael Ballweg 3.000 Euro Strafe auf Bewährung. [1][Das Landgericht
Stuttgart hat die Galionsfigur der Querdenken-Bewegung] von den Vorwürfen
des versuchten Betrugs und der Steuerhinterziehung fast vollständig
freigesprochen. Damit geht ein Verfahren mit 44 Prozesstagen und 80 Zeugen
nach zehn Monaten [2][mit einer Bewährungsstrafe zu Ende].
Wie schon im Verlauf des Verfahrens erwartet, hält es die 10.
Wirtschaftsstrafkammer für nicht nachweisbar, dass Michael Ballweg
sogenannte Schenkungen, zu denen er seine Anhänger aufgerufen hatte und die
diese in Millionenhöhe leisteten, für private Zwecke genutzt habe. Als Kopf
einer politischen Bewegung sei er nicht zu einer Buchhaltung verpflichtet
gewesen, deswegen könnte man fehlende Beträge nicht als private Ausgaben
werten, wie das die Anklage getan habe, sagte Richterin Julia Weiss in der
mehr als eine Stunde dauernden Urteilsbegründung.
Bei den Vorwürfen der Steuerhinterziehung sieht die Kammer zwei Fälle der
vollendeten Steuerhinterziehung bei Ballwegs Firma als verwirklicht an.
Eine Hundematte und einen Parfümflakon habe er fälschlich als
Betriebsausgaben verbucht, so das Gericht. In drei Fällen habe er versucht
Steuern zu hinterziehen. Das gehe aber zum Teil auf Unstimmigkeiten mit
seinem Steuerberater zurück. Ballwegs Anwalt, Löffler, rechnet später in
einer Pressekonferenz genüsslich vor: Vom Vorwurf des Betrugs in Höhe von
über einer Halben Million bleibe „gerade einmal 0,0093 Promille übrig“.
Die Richterin weist in der Urteilsbegründung darauf hin, dass sich die
Strafe am „untersten Rand“ bewege. Es ist kein Geheimnis: Die Kammer hätte
das Verfahren gerne vorzeitig wegen Geringfügigkeit eingestellt. [3][Ohne
eine Geldstrafe wollte das die Staatsanwaltschaft nicht akzeptieren], mit
einer Strafe wiederum die Verteidiger Ballwegs nicht. „Aber ohne dass beide
Parteien zustimmen können wir hat nicht einstellen“, so die Vorsitzende
Richterin.
## Querdenker war kein Geschäftsmodell
Als dann das Urteil verkündet und begründet ist, brandet Applaus unter
Ballwegs Anhängern auf. Die Vorsitzende hatte die zahlreich erschienenen
Querdenkerinnen und Querdenker vor jeder Verhandlung gewarnt, dass sie
Beifall oder Unmut ahnden wird. Einige hatten an den 44 Prozesstagen ganz
verwegen einen Zettel mit der Aufschrift „Prozessbeobachter“ auf ihren
Stuhl geklebt.
Klar ist jetzt, und das dürfte der Szene gefallen: Querdenker war kein
Geschäftsmodell, sondern eine politische Bewegung, ihr Anführer hat sie
nicht betrogen, auch Ballwegs Kandidatur bei der Oberbürgermeisterwahl, die
er zum Teil aus Querdenker-Mitteln finanziert hat, sei Arbeit für die
Bewegung gewesen. Ballweg saß also zu Unrecht in Untersuchungshaft; für die
Durchsuchung seines Hauses wie auch die Haft steht ihm Entschädigung zu.
Nichts ist übrig vom Vorwurf der Anklage, Ballweg habe 575.929,84 Euro für
private Zwecke verwendet. Ursprünglich stand auch der Vorwurf der
Geldwäsche gegen Ballweg im Raum, das Landgericht hatte den Punkt jedoch
gar nicht erst zur Anklage zugelassen. Sein Steuervergehen schlägt kaum zu
Buche. Die 30 Tagessätze à 100 Euro sind zur Bewährung ausgesetzt. Er wird
sie also höchstwahrscheinlich nicht bezahlen müssen.
## Bestätigung der Rolle seines Lebens: das Opfer
Trotzdem wollen beide Seiten prüfen, ob sie mit einer Revision vor den
Bundesgerichtshof ziehen. Ballwegs Anwaltsteam ist uneins,
Querdenker-Mitstreiter Ralph Ludwig hätte gern einen kompletten Freispruch.
Die Staatsanwaltschaft dagegen klingt zurückhaltender als zuvor. Man werde
Rechtsmittel prüfen, sagt eine Sprecherin.
Während der Plädoyers hatten die Ankläger das noch als sicher angekündigt.
So groß ist der offensichtliche Dissens in der juristischen Bewertung dass
der Sprecher des Landgerichts Anlass sieht, die Unstimmigkeit zwischen
Richterbank und Anklägern zu glätten. „Gericht und Staatsanwaltschaft
hätten als Justizorgane weiterhin ein Vertrauensverhältnis, erklärt Timur
Lutfullin. „Das nennt man Gewaltenteilung“.
Ballweg sagt, „Es ist ein großer Tag.“ Mit dem Verfahren sei viel
Steuergeld versenkt worden. Was er nicht sagt: Das Verfahren bestärkt ihn
in der Rolle seines Lebens. Der Opferrolle.
31 Jul 2025
## LINKS
[1] /Querdenken-Gruender-Michael-Ballweg/!5923756
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## AUTOREN
Benno Stieber
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