| # taz.de -- Nordirland: Rassistische Hetze nach Schüssen in Carlow | |
| > Nach einem Schusswaffen-Vorfall in Carlow missbrauchen Rechtsextreme das | |
| > Ereignis für Desinformation und rassistische Stimmungsmache online. | |
| Bild: Der Tatort: das Fairgreen-Einkaufszentrum in Carlow, Irland, am 2.6.2025 | |
| Dublin taz | Nach Schüssen in einem Einkaufszentrum im irischen Carlow | |
| versuchten Rechtsextreme mit einer Hetzkampagne und gezielter | |
| Desinformation gegen Migranten zu mobilisieren. | |
| Ein 22-Jähriger soll laut Polizeiangaben mehrere Schüsse mit einer | |
| Schrotflinte in die Luft abgefeuert und sich danach selbst erschossen | |
| haben. Die Tat ereignete sich im Fairgreen-Einkaufszentrum in Carlow, einer | |
| Kleinstadt 80 Kilometer südwestlich von Dublin. Ansonsten wurde niemand | |
| verletzt. | |
| Die Polizei gab bekannt, dass es sich um einen „weißen Iren namens Evan | |
| Fitzgerald“ handle, der wegen Straftaten im Zusammenhang mit dem Kauf von | |
| Schusswaffen vor Gericht erscheinen sollte. | |
| Die Waffen, wegen der er angeklagt war, hatten ihm verdeckte Ermittler der | |
| Polizei verkauft. Das kam in dieser Woche bei einer Parlamentsdebatte | |
| heraus. Der irische Polizeichef Drew Harris sagte: „Die kontrollierte | |
| Lieferung von Waffen ist eine sehr sensible Polizeimethode. Wir setzen sie | |
| sowohl bei der organisierten Kriminalität als auch bei terroristischen | |
| Straftaten ein.“ | |
| ## Fitzgerald wollte Waffen im Darknet erwerben | |
| Offenbar hatte Interpol [1][die irische Polizei informiert, dass Fitzgerald | |
| Waffen im Darknet kaufen wollte.] Der Verkäufer war ein verdeckter | |
| Interpol-Ermittler. Daraufhin stellten ihm die Beamten eine Falle, | |
| versorgten ihn mit Waffen, verhafteten ihn dann und klagten ihn wegen des | |
| illegalen Besitzes von Schusswaffen und Munition an. Während er auf seinen | |
| Prozess wartete, stahl Fitzgerald die Schrotflinte von einem Nachbarn und | |
| ging damit in das Einkaufszentrum. | |
| Alan Kelly von der Labour-Partei bezweifelte die Verhältnismäßigkeit der | |
| Mittel: „Die Polizei wusste, dass sie es nicht mit Terroristen oder | |
| organisierten Verbrecherbanden zu tun hatten, sondern mit einem jungen | |
| Mann, der einige Probleme hatte. Sie hat sogar seiner Entlassung gegen | |
| Kaution zugestimmt, also hat sie offensichtlich nicht geglaubt, dass er | |
| eine große Bedrohung darstellt.“ | |
| ## Rechtsextreme verbreiten falsche Angaben | |
| Der Fall wurde im Netz von Rechtsextremen instrumentalisiert. Nur eine | |
| Stunde nach dem Vorfall behauptete Derek Blighe, der frühere Vorsitzende | |
| der kleinen rechtsextremen Partei Ireland First, in einem Posting auf X, | |
| dass „sieben Menschen, darunter ein Kind, erschossen wurden“. Dieser | |
| Beitrag wurde auf der Plattform knapp 400.000 Mal aufgerufen. Sofort | |
| reisten Leute aus demselben ideologischen Milieu in die Stadt, um die | |
| Schießerei zu nutzen, um Wut auf Einwanderer zu schüren und die Regierung | |
| für ihre Asylpolitik anzuprangern. | |
| Philip Dwyer, der früher ebenfalls Ireland First angehörte, fuhr nach | |
| Carlow und schrie Mitglieder der Feuerwehr vor dem Einkaufszentrum an, weil | |
| sie ihm keine Angaben über die angebliche Zahl der Todesopfer machten, und | |
| übertrug seine Tirade live in den sozialen Medien. „Das Land geht vor die | |
| Hunde“, pöbelte er. „Jeden Tag passiert irgendetwas wegen | |
| Migrantenkriminalität. Wenn ich mich hier in Carlow umsehe, mein Gott. All | |
| die nicht-irischen Menschen.“ | |
| Der britische rechtsextreme Agitator Tommy Robinson ließ sich die | |
| Gelegenheit nicht entgehen und schrieb auf X, dass es „mehrere Berichte | |
| über einen mutmaßlichen Terroranschlag in Carlow“ gegeben habe. Der | |
| Attentäter sei von der Polizei erschossen worden. Der Beitrag wurde 200.000 | |
| Mal aufgerufen. | |
| Die Postings der drei rechtsextremen Hetzer wurden nie korrigiert. Es ist | |
| kein Zufall, dass Blighe, Dwyer und Robinson verifizierte | |
| „Blue-Tick-Konten“ auf X betreiben. Die Plattform bietet finanzielle | |
| Belohnungen für die Erstellung viraler, sensationslüsterner Inhalte, die | |
| keine Konsequenzen nach sich ziehen, wenn sich die Inhalte später als | |
| falsch herausstellen. | |
| 13 Jun 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.irishtimes.com/crime-law/2025/06/03/evan-fitzgerald-carlow-gunm… | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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