# taz.de -- Bujar Bukoshi gestorben: Kämpfer für die Unabhängigkeit des Koso… | |
> Er war Premierminister des Kosovo vor dem Krieg, zeitweise im deutschen | |
> Exil. Der liebenswürdige Politiker stand für eine Politik der | |
> Gewaltlosigkeit. | |
Bild: Der Exil-Regierungschef der „Republik Kosovo“, Bujar Bukoshi, im Apri… | |
Sarajevo taz | So freundlich lachend hätte sich im Sommer 1991 niemand | |
Untergrundpolitiker vorgestellt. Der damalige Ministerpräsident Bujar | |
Bukoshi und der damalige Präsident des kosovarischen Schattenstaates | |
Ibrahim Rugova waren dabei, die Unabhängigkeit des Kosovos von Serbien | |
auszurufen. Eine gefährliche Mission, die serbischen Sicherheitskräfte | |
kannten keinen Spaß. Am vergangenen Dienstag ist Bukoshi im Alter von 78 | |
Jahren in Kosovos Hauptstadt Pristina nach langer Krankheit gestorben. | |
Im Norden entwickelte sich 1991 der Krieg, Slowenien und Kroatien strebten | |
nach Unabhängigkeit. Vor allem Slowenien wollte nicht akzeptieren, dass in | |
dem noch sozialistischen Land die Albaner rechtlos wurden. „Keine | |
Apartheid“ war die Forderung der slowenischen Kommunisten, was die | |
serbische Partei unter Slobodan Milošević zur Weißglut trieb. | |
Der beliebte Arzt Bujar Bukoshi verlor seine Arbeit in einem Krankenhaus, | |
weil er Albaner war. Die Albaner, die aus den staatlichen Institutionen | |
herausgeworfen wurden, versuchten eigene Institutionen aufzubauen – eine | |
Krankenversorgung, Untergrundschulen, sogar eine Universität. Das kleine | |
Land war von den Serben in Zonen aufgeteilt mit Checkpoints und ständiger | |
Polizei und Armeekontrolle. | |
Und doch gelang es, Widerstand zu leisten. Der dreifache Familienvater | |
Bukoshi wurde ins Ausland geschickt, Niemand hatte bisher d[1][ie „Republik | |
Kosova“] anerkannt. Bukoshi bildete eine Exilregierung und organisierte | |
Geld bei den in Deutschland und der Schweiz ansässigen Exilkosovaren. | |
## Bewaffneter Kampf | |
Es gelang ihm, nicht nur dieses Geld trotz aller Kontrollen nach Kosovo zu | |
schleusen und so den Schattenstaat am Leben zu erhalten. Auch zu | |
europäischen, vor allem deutschen Politikern, wie dem damaligen | |
Außenminister Klaus Kinkel, fand er Zugang. Die konsequente demokratische | |
Position Rugovas und Bukoshis und ihre Gewaltlosigkeit machten Eindruck. | |
Nicht alle Kosovaren blieben gewaltlos. Nachdem Kosovo bei den | |
Friedensverhandlungen in Dayton 1995 übergangen wurde, wollten andere den | |
bewaffneten Kampf. Waffen wurden nach Kosovo geschmuggelt, die bewaffnete | |
Befreiungsorganisation UÇK nutze ähnliche Mechanismen und Kanäle wie | |
Bukoshi. | |
Ende der 90er Jahre intervenierte die Nato. [2][Serbien hatte mit dem | |
Genozid in Srebrenica Sympathien in der Welt verspielt]. Der Wind drehte | |
sich. Kosovo wurde von UN-Truppen besetzt und bis 2008 von der UN | |
verwaltet. | |
## Nie mit Haken und Ösen | |
Die Exilregierung unter Bukoshi kam zurück, Rugova wurde zum ersten | |
Präsidenten Kosovos gewählt, doch der eigenen Partei LDK gelang es nicht, | |
eine Mehrheit im Parlament zu erhalten. Premierminister wurde nicht | |
Bukoshi, sondern Hashim Thaçi, Führer der bewaffneten | |
Befreiungsorganisation UÇK. | |
Bukoshi hat nie mit Haken und Ösen gekämpft, er war ein liebenswürdiger | |
Mensch, er wollte die Demokratie in Kosovo durchsetzen und zeigen, dass man | |
um die Macht auch mit zivilen Mitteln kämpfen kann. In einem Land, das sich | |
nach all den Erschütterungen, den rücksichtslos nach Macht strebenden | |
Politikern und Korruptionsskandalen finden musste, hat er einen Kompass | |
erstellt, auch für die politische Kultur – ob als Vizepremier nach der | |
Unabhängigkeit 2008 oder als Privatmann. All die Jahre hindurch war er für | |
manche Journalisten wie den taz-Korrespondenten ein verlässlicher, witziger | |
und tiefgründiger Gesprächspartner. | |
11 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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