# taz.de -- Parlamentswahl in Australien: Spektakuläres Scheitern | |
> Der überdeutliche Wahlsieg des Labor-Premierministers Anthony Albanese | |
> ist ein herber Schlag für den konservativen Trumpismus-Versuch in | |
> Australien. | |
Bild: Ausgetrumpt: Australiens Oppositionschef Peter Dutton tritt nach krachend… | |
Canberra taz | Noch selten in der australischen Geschichte ist ein | |
potenzieller Premierminister so spektakulär gescheitert wie | |
[1][Ex-Oppositionsführer Peter Dutton] (54). Noch vor zwei Tagen hatte er | |
von „Hassmedien“ gesprochen, als zukünftiger Premierminister wollte er | |
tausende Beamte entlassen, den Staat mit harter Hand entschlacken, so wie | |
Elon Musk’s „Doge“ in Washington. Er wiegelte seine Anhänger mit | |
rassistischen Parolen gegen Einwanderer und Ureinwohner auf; und der vom | |
Menschen verursachte Klimawandel ist für ihn kein Thema. | |
Jetzt ist der Politiker auf das Schwert gefallen, das er vom amerikanischen | |
Präsidenten übernommen hatte. Der Mann, den Kritiker eine „Billigversion | |
von Donald Trump“ nannten: statt Premierminister einer Koalition aus seiner | |
konservativen Liberalen Partei und der National-Partei zu werden, gaben ihm | |
die Wähler:innen den Schuh. Nach 24 Jahren im Parlament verlor er seinen | |
Sitz an die Behinderten-Aktivistin Ali France von der Labor-Partei. Dutton | |
gab noch am Abend den Parteivorsitz ab. | |
Der Sitzverlust des ehemaligen Polizisten und späteren Immobilienmillionärs | |
war eine von vielen Überraschungen am Samstagabend. Obwohl die mehrheitlich | |
vom konservativen US-amerikanischen Milliardär Rupert Murdoch | |
kontrollierten Privatmedien seit Monaten eine Kampagne gegen | |
Premierminister Anthony Albanese geführt hatten, gingen Meinungsumfragen | |
von einer Wiederwahl für die Labor-Partei aus. | |
Doch das Ausmaß des [2][Wahlsieges] überstieg alle Prognosen. Labor gewann | |
mindestens 86 Sitze im Repräsentantenhaus und übertraf damit deutlich die | |
für die Regierungsbildung erforderliche Mehrheit von 76 Sitzen. Es ist das | |
erste Mal seit der Föderation Australiens im Jahr 1901, dass ein | |
amtierender Labor-Premierminister mit einer erhöhten Mehrheit wiedergewählt | |
wurde. | |
## Weder Grüne noch Unabhängige profitieren | |
Die Grünen erreichten zwar ihren höchsten nationalen Stimmenanteil, | |
verloren jedoch wichtige Sitze im Repräsentantenhaus, darunter den von Max | |
Chandler-Mather, einem eloquenten Kämpfer für die Rechte von Mieter:innen, | |
dessen Name als zukünftiger Parteichef gehandelt worden war. Der | |
gegenwärtige Amtsinhaber Adam Bandt sah sich am Sonntagabend Ortszeit in | |
seinem Wahlkreis Melbourne einem erheblichen Rückgang der Erststimmen | |
gegenüber. | |
Die sogenannten „Teal“-Unabhängigen, die für stärkeren Klimaschutz und | |
politische Integrität eintreten, behaupteten ihre vor drei Jahren | |
gewonnenen Sitze erfolgreich gegen gut finanzierte Herausforderer der | |
Liberalen Partei. Zu einer erneuten Welle solcher „Gemeindekandidatinnen“ | |
wie 2022 kam es allerdings nicht. | |
Offenbar hatten eher progressiv denkende Wählerinnen am Wochenende ihre | |
Stimme stattdessen der Labor-Partei gegeben. [3][Premierminister Anthony | |
Albanese] kündigte an, seine zweite Amtszeit auf wirtschaftliche Chancen im | |
Bereich erneuerbare Energien, soziale Gerechtigkeit und nationale Einheit | |
zu konzentrieren. Seine Dankesrede wurde von Kommentatoren als Absage an | |
den Politik-Stil von Donald Trump interpretiert: „Die Australier haben sich | |
dafür entschieden, die globalen Herausforderungen auf australische Art und | |
Weise anzugehen, indem sie sich umeinander kümmern und gleichzeitig etwas | |
für die Zukunft aufbauen“, sagte er in einer Siegesrede vor seinen | |
Anhängern in Sydney. „Wir brauchen nicht zu betteln, zu borgen oder von | |
anderen zu kopieren. Wir suchen unsere Inspiration nicht in Übersee. Wir | |
finden sie hier in unseren Werten und in unseren Menschen“, fügte er hinzu. | |
[4][Australien sieht sich steigenden Lebenshaltungskosten gegenüber, dem | |
wichtigsten Thema im Wahlkampf.] Eskalierende Strompreise will Albanese mit | |
mehr erneuerbaren Energien kontern – im Gegensatz zu Dutton, der mit | |
Steuergeldern sieben Atomkraftwerke bauen wollte. Dieser Plan war von | |
praktisch allen Experten als absurd und zu teuer verurteilt worden. Es war | |
nur eines von vielen politischen Programmen in der Kampagne, die selbst von | |
konservativen Beobachtern als wenig hilfreich oder gar schädigend für die | |
Koalition gewertet wurde. So stellte Dutton erst ein Verbot des Arbeitens | |
vom „home office“ für Staatsangestellte in Aussicht, nur um die Pläne nach | |
Protesten wieder fallen zu lassen. | |
Klimawandel und Klimaschutz wurden im Wahlkampf wenig diskutiert. Noch | |
immer generiert Australien fast 60 Prozent des Stroms mit dem Verbrennen | |
von klimaschädigender Kohle und Gas. In den letzten drei Jahren war | |
allerdings der Anteil an Solar- und Windenergie auf 40 Prozent gestiegen. | |
Dieser Trend dürfte unter der zweiten Albanese-Regierung anhalten, trotz | |
massiven Widerstandes der politisch einflussreichen Rohstoffindustrie und | |
der Murdoch-Medien. | |
Nicht aufgeben dürfte Labor allerdings Pläne für eine Expansion der | |
exportorientierten Kohle- und Gasindustrien. Trotz bereits dramatisch | |
spürbarer Folgen der Klimaerhitzung in Form von apokalyptischen Bränden, | |
Überflutungen und dem Absterben des Great Barrier Reefs: auch in der | |
zweiten Amtsperiode von Anthony Albanese dürfte Australien einer der | |
weltweit wichtigsten Exporteure klimaschädigender Brennstoffe bleiben. | |
4 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Urs Wälterlin | |
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