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# taz.de -- Bettel-Verbot im Hamburger Nahverkehr: Das Recht der Stärkeren
> Hamburg bestraft jene, die in der Bahn um Geld bitten. Doch wer was
> ändern will, muss Armut bekämpfen, statt unerwünschtes Verhalten zu
> sanktionieren.
Bild: Hat Glück, dass er nicht in Hamburg ist: Bettler in einer Berliner U-Bahn
Alle drei Stunden wird in den Hamburger U-Bahnen mit dem Finger auf
unerwünschte Personen gedeutet. So muss man die Durchsagen verstehen, die
darauf hinweisen, dass Betteln im öffentlichen Nahverkehr [1][in Hamburg
untersagt] ist. Diese Durchsagen sind für alle, die nicht Betteln, die
Vergewisserung, dass es richtig ist, nichts zu geben. Mehr noch: Dass man
ihnen nichts geben darf, denn allein die Frage ist ja schon verboten.
Dieses Bettel- und Musizierverbot in Hamburgs öffentlichen Verkehrsmitteln
gibt es in Hamburg bereits seit 20 Jahren, aber durchgesetzt wurde es erst
seit einem knappen Jahr. Da muss man sich schon fragen: Was soll denn das
eigentlich?
Wo ist das Problem, einfach Nein zu sagen, wenn jemand vorbeikommt und um
Geld bittet? Klar, da bleibt man dann mit der eigenen Entscheidung zurück,
nicht helfen zu wollen. Da ist es natürlich leichter, wenn einem eine
Vorschrift das abnimmt und man sich ganz offiziell gestört, unsicher oder
belästigt fühlen darf.
## „Subjektives Sicherheitsgefühl“ über allem
Dieses eher gefühlige Argument sollte aber ja nicht entscheidend für ein
Verbot sein, auch wenn mit dem Schlagwort „subjektives Sicherheitsgefühl“
vieles gerechtfertigt wird. Bleibt die Frage, ob das Bettelverbot
vielleicht irgendeinen anderen Vorteil hat oder ein Problem löst? Das
sollte ja im besten Fall so sein.
Tja, allein die Hochbahn hat bisher laut eigenen Angaben 1.923 Mal ein
Bettel-Bußgeld verhängt. 24 dieser Bußgelder sind bezahlt worden. Den
anderen, denen also, die das einfach nicht bezahlen können, drohen
Inkassoverfahren und weitere Schulden. Wem hilft das? Die Menschen, die in
der Bahn um Geld bitten, tun das ja aus einer Not heraus. Bußgelder, die eh
kaum wer je wird bezahlen können, werden sie nicht davon abhalten. Geholfen
wird ihnen damit auch nicht, im Gegenteil.
Grundsätzlich [2][ist Betteln in Deutschland sowieso erlaubt]. Darum ist es
gut, dass gegen das Verbot im Hamburger Nahverkehr Klage eingereicht ist.
Denn an konkreten Beispielen zeigt sich am deutlichsten: Es geht nur darum,
den potenziell Angebettelten Ungemach zu ersparen.
Das Ganze ist bloß eine Maßnahme, die Menschen in Armut kriminalisiert, die
soziale Ungleichheit reproduziert und die die Bedürfnisse der Schwächsten
hintenanstellt. Anders gesagt: Repression und [3][Verdrängungspolitik]. Wer
wirklich was ändern will, muss Armut und Ausgrenzung strukturell bekämpfen,
statt unerwünschtes Verhalten zu sanktionieren.
26 Mar 2025
## LINKS
[1] /Um-Hilfe-bitten-in-Bus-und-Bahn/!6067482
[2] /Bettel-Verbote-in-Staedten/!6009294
[3] /Verdraengung-bringt-nichts/!5983040
## AUTOREN
Ilka Kreutzträger
## TAGS
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Hamburg
Schwerpunkt Armut
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