# taz.de -- Kirchen kanzeln die Union ab | |
> Kirchen und zivilgesellschaftliche Organisationen kritisieren eine | |
> Zusammenarbeit mit der AfD. Sie halten die geplanten Verschärfungen für | |
> rechtlich fragwürdig und ineffektiv | |
Bild: Nicht zu ignorieren: Die Vertreter:innen der evangelischen und katholisch… | |
Aus Berlin Anna Lehmann und David Honold | |
In einem Brandbrief warnen evangelische und katholische Kirche die | |
Unionsparteien davor, Anträge für eine Verschärfung der Asylpolitik mit | |
Unterstützung der AfD durch den Bundestag zu bringen. Auch | |
zivilgesellschaftliche Organisationen wie der Deutsche Gewerkschaftsbund | |
(DGB) und das International Rescue Committee (IRC) kritisieren dieses | |
Vorgehen scharf. | |
Die beiden Kirchen äußern grundsätzlich tiefes Befremden über „Zeitpunkt | |
und Tonlage“ der aktuellen Debatte. „Sie ist dazu geeignet, alle in | |
Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten zu diffamieren, Vorurteile | |
zu schüren, und trägt unserer Meinung nach nicht zur Lösung der tatsächlich | |
bestehenden Fragen bei“, heißt es darin. Die vorgeschlagenen | |
Verschärfungen seien nicht zielführend, vergleichbare Taten zu verhindern | |
und tragfähige Antworten auf das öffentliche Sicherheitsbedürfnis zu geben. | |
Dem Schreiben ist eine vierseitige Stellungnahme zu dem Entwurf des | |
„Zustrombegrenzungsgesetzes“ der Fraktion von CDU und CSU beigefügt, das am | |
Freitag im Parlament zur Abstimmung gestellt werden soll. Laut | |
Stellungnahme hätten die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen keinen der | |
Anschläge verhindert, die Anlass für die aktuelle Debatte sind. Die | |
Attentate von Magdeburg und Aschaffenburg seien von offensichtlich | |
psychisch kranken Personen begangen worden. Der Gesetzentwurf der Union | |
zielt auf die „Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die | |
Bundesrepublik Deutschland“. Die beiden Kirchen weisen darauf hin, dass die | |
Begrenzung des Zuzugs im Widerspruch zu einem Großteil der Regelungen des | |
Aufenthaltsgesetzes stehen könnte, die den Zuzug von Arbeitskräften auf | |
allen Qualifikationsstufen gerade erleichtern sollen. | |
DGB-Chefin Yasmin Fahimi warnt davor, mit der AfD gemeinsame Sache zu | |
machen. Grenzschließungen und Inhaftierungen seien Scheinlösungen und | |
verstießen gegen deutsches und europäisches Recht. Sie fordert stattdessen | |
10.000 neue Stellen bei der Bundespolizei für effektive Kontrollen. „Jetzt | |
mit den Rechtsextremen gemeinsame Sache zu machen, ist ein Dammbruch. Wer | |
sich von den Stimmen der AfD abhängig macht, verlässt die demokratische | |
Mitte dieses Landes“, sagt Fahimi. | |
Sie betont die Errungenschaften der EU, wie die Freizügigkeit, den freien | |
Warenverkehr und das Recht auf Asyl. „Grundrechte und europäisches Recht | |
lassen sich nicht per Dekret beseitigen.“ | |
Das IRC fordert als eine internationale Hilfsorganisation eine Kehrtwende | |
hin zu einer menschenwürdigen Migrationspolitik. Die Geschäftsführerin | |
Corina Pfitzner betont in einem Statement, dass das Recht auf Asyl eine der | |
wichtigsten Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg sei. Wahlkampf auf Kosten | |
derer, die vor Konflikten und Verfolgung Schutz suchen, verkenne die Lehren | |
der deutschen Vergangenheit. | |
„Es fehlt lediglich am politischen Willen, alternative, | |
menschenrechtsbasierte Politikansätze umzusetzen“, sagt Pfitzner. Lösungen | |
lägen in einer solidarischen europäischen Zusammenarbeit und besseren | |
ausgestatteten Aufnahme- und Integrationssysteme. Das IRC fordert dazu, das | |
Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) menschenrechtskonform umzusetzen, | |
also schutzbedürftigen Menschen einen fairen Zugang zu Asylverfahren zu | |
ermöglichen. Dazu sollen humanitäre Aufnahmeprogramme ausgebaut und der | |
Familiennachzug vereinfacht werden, was die Integration auch erleichtern | |
würde. Auch der Arbeitsmarkt für Menschen mit Flucht- und | |
Migrationserfahrung soll schneller geöffnet werden. | |
Da SPD und Grüne das Gesetz ablehnen, hat es nur eine Chance auf Mehrheit, | |
wenn FDP, BSW und AfD zustimmen. Diese haben bereits ihre Unterstützung | |
signalisiert. CDU-Vorstandsmitglied Steffen Bilger zeigte sich von der | |
Kritik unbeeindruckt und schrieb dazu auf X: „Überrascht nicht, | |
interessiert nicht.“ | |
30 Jan 2025 | |
## AUTOREN | |
David Honold | |
Anna Lehmann | |
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