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# taz.de -- Audiotour durch Nordneukölln: Poesie im Ohr, Trubel vor den Augen
> Nordneukölln entspannt mit Texten von Poetry-SlammerInnen durchwandern:
> Was erst nach Überforderung klingt, funktioniert überraschend gut.
Bild: Im Stadtbad Neukölln kann man sich fühlen wie ein römischer Senator
Berlin taz | Am U-Bahnhof Rathaus Neukölln geht es los. Ins Getümmel der
Karl-Marx-Straße geworfen, fällt es schwer, sich zu entspannen, geschweige
denn sich auf einen Audioguide einzulassen. Dennoch wird man zu Beginn der
neuen Audiotour der „Kiezpoeten“ genau dazu aufgefordert.
Gemeinsam mit dem City-Management der Aktion Karl-Marx-Straße haben [1][die
Poetry-SlammerInnen] einen Spaziergang entwickelt, mit dem man in „seinem
eigenen Tempo“ eine Mischung von Poesie, Geschichte und interessanten
Fakten anhören kann.
An der ersten Station erfährt man etwas über die Entstehungsgeschichte
Neuköllns. Dass hier Menschen aus 160 Nationen leben, dass es eine sehr
hohe Bevölkerungsdichte gibt. So weit, so unspektakulär. Aber schon bei der
nächsten Station, dem Alfred-Scholz-Platz, bemerkt man: Die Idee – Fakten
im Ohr und das Leben im Stadtteil vor Augen – geht auf.
Selbst einen Tag nach Neujahr am Vormittag passt der Text der
Audiobegleitung zum Neuköllner Geschehen: Voll, laut, hektisch sind
Straßen, Menschen und Geschäfte. Aber auch fürsorglich und liebevoll
treffen sich Familien, Freund:innen, Nachbar:innen und trinken Çay,
sprechen von ihren Silvestererlebnissen und bewundern den auffällig
sauberen Zustand, in dem sie ihren Kiez nach Neujahr vorfinden.
In der Tat lässt wenig vermuten, dass hier noch vor Kurzem [2][so viel
Feuerwerk verschossen wurde] wie wahrscheinlich nirgendwo anders in Berlin.
Auch die Sonne lässt sich nach den vielen grauen Tagen kurz blicken.
Weiter geht es zum Stadtbad Neukölln. Der Audioguide zählt Gründe auf,
warum man hier unbedingt einmal schwimmen gehen sollte: Unter anderem,
damit man sich in den historizistischen Hallen fühlen kann wie ein
römischer Senator.
## Scharfsinnige Analyse
Dann folgt der erste Text: ein bewegendes und unterhaltsames Stück der
Künstlerin Tanasgol Sabbagh. Während man die Donaustraße entlanggeht, kann
man hören, wie eine Person, „Marke Frau mit Migrationshintergrund“, die
Situation vieler mit der gleichen „Marke“ beschreibt.
In dieser scharfsinnigen Analyse von Exotisierung, Bildungsaufstieg,
Objektifizierung und Rassismus werden sich wohl viele Neuköllner:innen
wiederfinden. Gleichzeitig ist es erstaunlich, wie schnell man sich in der
verkehrsberuhigten Zone Neuköllns wiederfindet und die anfangs
eingeforderte Entspannung nun doch einsetzt.
An der nächsten Station, dem Comeniusgarten, muss man die richtige Zeit
erwischen und darf nicht schon vor 12.30 Uhr da sein. Aber auch außerhalb
der offiziellen Öffnungszeiten lässt sich die Schönheit und Ruhe des
Gartens gut bewundern. Auch die anderen, die zu früh da sind, bleiben mit
ihren Matcha Latte, Mützen, Schals und Sonnenbrillen draußen stehen und
staunen.
Dann geht es zum Richardplatz, zur Statue von Friedrich-Wilhelm I. Die
Dorfidylle lässt einen kurz vergessen, dass man im lebendigen, wuseligen
Berlin ist, wenn man einen Text von Veronika Rieger hört, warum die Stadt
für so viele ein Zuhause geworden ist. Am Klunkerkranich, dem
Veranstaltungsort über den Dächern Neuköllns, eendet die Tour.
3 Jan 2025
## LINKS
[1] https://kiezpoeten.com/
[2] /Silvester-in-Berlin/!6056520
## AUTOREN
Raweel Nasir
## TAGS
Berlin-Neukölln
Audiowalk
Poetry Slam
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