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# taz.de -- Winterwandern an der Algarve: Wärmende Früchte des Erdbeerbaums
> Unterwegs im Hinterland der Algarve: Durch Korkeichenwälder, vorbei an
> verlassenen Gehöften, über unerwartete Höhen und dem Meer ganz nah.
Bild: Der Blick vom Berg Foia auf die Landschaft bei Monchique, Portugal
Am Morgen ist es kalt. Eiskalt. Die Algarve im Süden Portugals ist zwar
bekannt für ihre Strände, Klippen und das milde Klima. Doch jetzt im Winter
kühlt es stark ab, sobald die Sonne untergegangen ist, auch wenn sie
tagsüber eine hervorragende Wandertemperatur – um die 20 Grad – hergibt.
Vor allem hier in den Bergen. Unsere Wanderung startet in Monchique. Ein
Dorf im Hinterland der Algarve in den Berghängen der Serra de Monchique
zwischen den Gipfeln Fóia und Picota auf einer Höhe von 485 Metern, etwa 20
Kilometer von der Küste entfernt.
Der höchste Punkt der Algarve, der Berg Fóia, ist von Monchique aus leicht
zu erreichen und bietet bei guter Sicht einen spektakulären Blick auf die
Küste und das dahinterliegende Bergland. Besonders günstig soll die
Aussicht am weiß-grünen Foodtruck von Marie Anne Ferran sein. Marie,
Tochter eines Franzosen und einer Britin, die sich hier kennen und lieben
gelernt haben, hat sich hier mit Catering selbstständig gemacht. Ihr
kleiner Foodtruck lädt zu regionalen Leckereien mit Blick aufs Meer ein.
Allerdings liegt die Küste heute unter einer dicken Wolkendecke.
Geräuchertes vom glücklichen Schwein, Bohnensalat, Ziegenkäse-Spezialitäten
mit Rosmarin-Eukalyptus-Honig, Kabeljau, hausgemachte Hamburger
entschädigen für die entgangene Aussicht. Dazu gibt es basisches Wasser aus
den Quellen von Monchique, das auch Kurort ist.
Der Ort liegt direkt auf dem über 300 km langen Weitwanderweg Via
Algarviana, auf dem wir ein kleines Teilstück wandern werden. Die [1][Via
Algarviana] verläuft auf einem alten Pilgerpfad zu den Reliquien des
Heiligen Vinzenz – vom Grenzfluss Rio Guadiana bis nach Sagres. Zu den
Höhepunkten der Wanderung zählen das Caldeirão-Gebirge mit Korkwäldern
sowie die Dörfer Benafin, Salir und Alte, das Monchique-Gebirge und der
Naturpark Sudoueste Alentejano e Costa Vicentina an der Westküste der
Algarve.
Unser Begleiter [2][Paulo Palhota], Wanderführer mit eigener Agentur, hat
für uns Gepäcktransport und Unterkunft organisiert. Bequemer geht es nicht.
Der freundliche 40-Jährige mit guten Deutschkenntnissen und viel Geduld für
säumige Wanderinnen organisiert Touren in ganz Portugal. Eine individuelle
Wanderung ohne Begleitung ist auch hier an der Algarve möglich, erfordert
aber sehr viel Planung.
Unsere erste dreistündige Rundwanderung vom Monte Fóia führt anfangs bequem
bergab durch Korkeichenwälder und Wiesen und zurück einen anstrengenden Weg
bergauf. Harte Kost für den ersten Wandertag. Je mehr wir uns dem Dorf
Monchique nähern, umso öfter kommen wir vorbei an solide ausgebauten alten
Häusern von nordeuropäischen Winterflüchtlingen, die sich hier zumindest
zeitweise niedergelassen haben. Oben, auf dem Gipfel, warten wir im Zentrum
für Handwerkskunst auf den Transport zurück zum Hotel. Für unsere
Fünfergruppe hat Paulo alles bestens vorbereitet: Hotel, Transport und
Restaurant. Holzarbeiten, Lederarbeiten, Keramik, handgefertigte Kerzen,
Häkeldecken, Korkarbeiten, Liköre, Weidenkörbe und regionale Feigen- und
Mandelbonbons sind hier im Angebot – die traditionelle Produktpalette der
Region.
## Club-Musik und Hippies
Aus den Gruppen-Wander-Angeboten haben wir uns für den nächsten Tag für
eine Tour in Marmelete entschieden. Es ist der westlichste Ort der Gemeinde
Monchique. Wir starten dort im Zentrum bei „The Bank“. Ein Treffpunkt für
die hier verstreut lebenden neuen Hippies der Algarve. Mit Bankautomat,
Waschsalon, Unverpacktladen, Secondhandshop und Café-Restaurant lässt sich
das Leben in Natur und Abgeschiedenheit besser organisieren. Im Garten
spielt Club-Musik, langhaarige Männer im besten Alter schrauben an einem
Jeep, Haare werden geschnitten, Klamotten an Ständern werden verkauft und
getauscht. Love and Peace – hier sind die blumigen 60er Jahre noch ein
bisschen lebendig.
Der Rundweg führt zunächst durch Korkeichenwälder, die leider immer mehr
von gewinnbringenden Eukalyptuswäldern verdrängt wurden, was das
Landschaftsbild eintöniger macht, den Boden auslaugt. Die ursprünglich aus
Australien stammenden Eukalyptusbäume machen ein Viertel der gesamten
Waldfläche Portugals aus. Eukalyptuszellstoff wird in ganz Europa zur
Herstellung von Papier verwendet.
„Immer wieder protestierten Bürgerinnen und Bürger gegen Eukalyptus in
ihren Wäldern und fordern, dass 700.000 Hektar an ungenutzten
Eukalyptuswäldern gerodet werden und vielfältigere und klimaresilientere
Wälder aufgeforstet werden“, sagt Paulo. Im Rahmen des Programms Renature
Monchique wird dem entsprochen. Die von Bränden betroffenen Gebiete werden
mit zwei Baumarten aufgeforstet: der Korkeiche und dem Erdbeerbaum, die
schon immer hier wuchsen. Diese einheimischen Bäume verbrauchen nicht so
viel Wasser wie Eukalyptus und sind feuerbeständiger. 54 Prozent der
weltweiten Korkproduktion entfallen auf Portugal und die Früchte des
Erdbeerbaums werden zur Herstellung des Likörs Aguardente Medronho
verwendet.
## Sieben hängende Täler
Vorbei an verlassenen Gehöften, über unerwartete Höhen, kommen wir drei
Stunden später zurück nach Marmelete. Im Casa de Medronho, einem kleinen
Museum zu Ehren des Erdbeerbaums, verköstigen wir Alkoholisches aus seinen
Früchten. Wärmender Selbstgebrannter aus dem Ort, als kräftiger Klarer oder
als süßer Likör gehört er zum Alltag der Bewohner. Medronho ist ein
typischer Tresterschnaps aus der roten Frucht des Erdbeerbaumes. Die
runden, roten Früchte des Erdbeerbaumes ähneln Litschis, sind aber für den
Verzehr nicht besonders geschmackvoll, da das Fruchtfleisch mehlig ist. Dem
Aguardente de Medronho schadet das nicht.
Dazu gibt es „Bolo de Milho“ oder auch „Bolo des Tacho“, der aus Maisme…
(milho) in einem Tontopf (tacho) gebacken und danach in Kaffee getränkt
wird. Der Medronho ist nicht nur ein ungewöhnliches Mitbringsel. In kalten
Nächten wie jetzt könnte er die Wärmflasche ersetzen.
Am dritten und letzten Tag unserer Wanderung an der Algarve fahren wir vom
bäuerlich-dörflichen Portugal an die touristische Küste. [3][Die Sieben
hängenden Täler] sind die touristische Attraktion. Die Tour führt von
Carvoeiro im Westen entlang der zerklüfteten Kalksteinfelsküste über die
berühmte Benagil-Höhle bis zum Strand Praia da Marinha im Osten. Es ist ein
quirliger Küstenwanderweg mit vielen Besuchern. Die Brandung hat die Küste
ausgehöhlt, Grotten, Bögen und Dolimen aus dem hellen Fels geformt.
Paulo hat ein großes Picknick am Strand organisiert. Gebratene Sardinen,
gebratener Fisch mit Ofenkartoffeln, Paprika und Salat. Und noch
verscheucht die Sonne die Kälte der Nacht. Herbst und Winter sind eine gute
Wanderzeit für die Algarve.
27 Jan 2025
## LINKS
[1] https://viaalgarviana.org/de
[2] https://www.faroldiscover.pt/de/kontaktieren-sie-uns
[3] https://www.wiportugal.org/Wanderungen/al_LGA_pr1.html
## AUTOREN
Edith Kresta
## TAGS
Wandern
Portugal
Nachhaltigkeit
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