# taz.de -- Abschied von Tennisikone Rafael Nadal: Ungeheuerliche Eigenschaften | |
> Mit einer Davis-Cup-Niederlage geht die imposante Karriere von Rafael | |
> Nadal zu Ende. Seine Erfolge verdankt er einer einzigartigen | |
> Kämpfermentalität. | |
Bild: Letzte Grüße an das geneigte Publikum: Nadal bedankt sich in Malaga bei… | |
Als seine Karriere um drei Minuten nach Mitternacht beendet war, stand | |
Rafael Nadal (38) schon nicht mehr auf dem Platz. Ein dramatischer 7:6, | |
7:6-Sieg des niederländischen Doppels Wesley Kolhoof/Botic van de | |
Zandschulp gegen die Spanier Carlos Alcaraz und Marcel Granollers, eine | |
erstaunliche 1:2-Niederlage der Davis-Cup-Gastgeber im Viertelfinale – und | |
plötzlich war in Malaga alles vorbei. „So ist Sport. Du weißt nie, was | |
kommt“, sagte Nadal, der in der Einzelpartie sein allerletztes Profimatch | |
gegen van de Zandschulp (4:6, 4:6) verloren hatte. Er habe geholfen, noch | |
einmal alles gegeben, bilanzierte Nadal, „aber es reichte eben nicht mehr“. | |
Viele Lobreden sind in dieser Nacht gehalten worden, viele Tränen flossen, | |
viel Applaus brandete im Estadio Ciudad de Malaga auf. Nadal selbst | |
formulierte folgende Abschiedsworte: „Wie möchte ich in Erinnerung bleiben? | |
Als ein guter Mensch. Ich kam aus einem kleinen Dorf in Mallorca. Ein Kind, | |
das seine Träume verwirklichte und so hart wie möglich daran arbeitete, der | |
zu werden, der ich heute bin. Ich bin dankbar und glücklich, dieses Leben | |
gehabt zu haben.“ Und dann versprach er: „Nun werde ich mich erst einmal | |
zurückziehen. Aber ich werde auch in Zukunft hoffentlich ein guter | |
Botschafter fürs Tennis sein.“ | |
[1][So endete die Karriere], die vor 19 Jahren mit dem ersten | |
French-Open-Titel ihren ersten Höhepunkt fand. Atemraubende Zahlen und | |
Daten kamen mit der Zeit zusammen: 1.280 Siege, 912 Wochen in den Top Ten, | |
209 Wochen die Nummer 1, 22 Grand-Slam-Pokale, 92 Titel total, zwei Mal | |
Goldmedaillengewinner bei Olympia. „Jeden, der mir das prophezeit hätte, | |
den hätte ich für verrückt erklärt“, sagte Nadal. Federer, sein größter, | |
bedeutendster Rivale, erklärte zum Abschied: „Du hast diesen Sport stolz | |
gemacht. Und mich selbst zu einem besseren Spieler.“ | |
Nadal war keiner, der den ganzen Zirkus um seinen Sport brauchte. Am | |
wohlsten fühlte er sich auf dem Centre Court. Er war einer mit manchen | |
belächelten Macken, aber allürenfrei und bodenständig. Letztlich ein Star, | |
der kein Star sein wollte, sondern nahbar blieb für seine Anhänger und | |
Kollegen. | |
## Unvergleichliche Dominanz | |
Nadal, Federer und Djokovic, die sogenannten Big-Three-Titanen, standen für | |
die verrückteste Epoche in diesem Sport, für fast zwei Jahrzehnte einer | |
unvergleichlichen Dominanz. Zusammen brachten sie es auf 66 | |
Grand-Slam-Titel, jetzt ist nur noch Djokovic dabei, aber auch bei ihm | |
mehren sich die Zeichen eines nahen Abschieds. | |
Nadal war ein Mann, den sie in Paris wegen seiner verwegenen | |
Fightermentalität und seines Siegeshungers „Ogre“ nannten – das Ungeheue… | |
Der Mallorquiner, [2][sage und schreibe 14-maliger French-Open-Gewinner,] | |
lebte nach einer schlichten Maxime: „Ich spiele immer mit 100 Prozent. Nur | |
so kann ich überleben im Profitennis. Wenn meine 100 Prozent nicht | |
ausreichen, war der Gegner halt besser.“ So machte Nadal immer wieder das | |
schier Unmögliche möglich, gewann längst verloren geglaubte Matches, | |
lieferte Houdini-Entfesselungsakte. Für jedes Match, für seine ganze | |
Karriere galt, was einmal der amerikanische Ex-Star John McEnroe über ihn | |
sagte: „Der größte Fehler im Tennis ist, Rafael Nadal irgendwie | |
abzuschreiben.“ | |
Nadals strapaziöses Spiel forderte seinen Tribut. Seine Verletzungspausen | |
im Tenniscircuit summierten sich auf vier Ausfalljahre, es gibt kaum eine | |
Blessur, die Nadal nicht zu überstehen hatte. Nadals Pausen hatten zuletzt | |
aber vor allem mit dem Müller-Weiss-Sydrom zu tun, einer degenerativen | |
Fußerkrankung – bei vielen Turnieren kam er nur mit Schmerzmitteln über die | |
Runden. Sein Onkel Toni, der ihm lange als Trainer diente, sagt, er kenne | |
keinen Menschen, [3][der Schmerzen so ignorieren und beiseite drängen | |
könne] wie sein Neffe. Nadal kommentierte das lakonisch, er sei es eben | |
gewohnt, „als Spieler die Grenzen auszutesten“: „Ich lebe vom Kampf, von | |
der Bereitschaft, alles zu investieren für den Sieg. Diese mentale Härte | |
gehört zu mir als Profi.“ | |
In all den Jahren hatte Nadal niemals den Respekt vor seinen Gegnern | |
verloren. „Ich ging in jedes Match mit dem Gedanken: Das ist ein Gegner, | |
der meinen Respekt verdient, der es drauf hat, mich zu schlagen.“ Wer das | |
nicht beachte, so Nadal, habe im Sport nichts zu suchen: „Sorglosigkeit | |
darfst du nicht haben, auch kein übertriebenes Ego. Denn das ist der Anfang | |
vom Ende.“ Die hymnischen Elogen in den letzten Tagen hatte er zwar dankbar | |
registriert, aber auch mit der gewohnten Zurückhaltung gesagt: „Das Leben | |
geht immer weiter. Niemand ist unersetzlich.“ | |
20 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jörg Allmeroth | |
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