# taz.de -- Indiens Beziehungen zur Ukraine: Modi kommt nun doch nach Kyjiw | |
> Indiens Premier Modi hat lange auf seine jetzige Reise in die Ukraine | |
> hingewirkt. Damit positioniert er sich selbstbewusst gegenüber Moskau. | |
Bild: Indischer Premierminister Narendra Modi besucht Polen am 22. August | |
Singapur taz | Den Auftakt seiner schon dritten Europareise der im Juni | |
begonnenen neuen Amtsperiode machte Indiens Premier Narendra Modi am | |
Donnerstag an einem Kriegsmahnmal in Warschau. Es ist ein historischer | |
Besuch, denn erstmals seit 1979 kommt ein indischer Regierungschef nach | |
Polen. Ziel sei es, die bilateralen und verteidigungspolitischen | |
Beziehungen zum „wichtigen Wirtschaftspartner in Mitteleuropa“ zu stärken. | |
„Indien ist fest davon überzeugt, dass kein Problem auf dem Schlachtfeld | |
gelöst werden kann“, sagt Modi bei einem gemeinsamen Auftritt mit seinem | |
Amtskollegen Donald Tusk. Tatsächlich ist Warschau aber nur eine | |
Zwischenstation auf dem Weg zum länger erwarteten Besuch des 73-Jährigen in | |
Kyjiw. Modi soll dort am Freitag, dem Vorabend des ukrainischen | |
Unabhängigkeitstages, eintreffen. | |
Seine jetzige Reise würdigt die Rolle Mittel- und Osteuropas bei der | |
Umgestaltung der regionalen Geopolitik, sagt Chilamkuri Raja Mohan, | |
Gastprofessor am Institut für Südasienstudien der Nationalen Universität | |
von Singapur. Er sieht sie als Teil der Bemühungen der vergangenen zehn | |
Jahre, Europa in der indischen Außenpolitik mehr Gewicht zu verleihen, | |
schreibt er in der Zeitung Indian Express. | |
Zuletzt war Modi in Österreich zu Gast und beim G7-Gipfel in Italien, wo er | |
auch Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj traf. Auch der ist daran | |
interessiert, die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu Indien zu stärken, | |
insbesondere bei Agrarexporten. | |
## Modi will Indien als neutrales Land positionieren | |
Doch hat Delhi es [1][bisher vermieden, den russischen Angriffskrieg gegen | |
die Ukraine klar zu verurteilen.] Stattdessen profitiert Indien von | |
erhöhter Aufmerksamkeit der geopolitischen Lager, sagt der Indienexperte | |
Tobias Scholz, Fellow am Thinktank GPPI in Berlin, zur taz. „Modi sieht die | |
wieder erstarkte Blockbildung als Chance für seine transaktionale | |
Außenpolitik, Indien als neutrales Land zu positionieren.“ | |
Bei seinen sehr unterschiedlichen Reisen habe er nicht unbedingt den | |
Anspruch, wie von ihm behauptet, Chefunterhändler für einen dauerhaften | |
Frieden in der Ukraine zu sein. „Stattdessen geht es Modi im Kern darum, | |
seinen Unterstützer:innen zu Hause sowie seinen internationalen | |
Partnern zu zeigen, dass Indien eine weltweit geschätzte Macht ist, die | |
eine strategisch unabhängige Außenpolitik betreibt.“ [2][So wie der Westen | |
Modis Moskau-Besuch im Juli hinnehmen musste,] könne der Kreml jetzt nur | |
zusehen, wie Modi in Kyjiw empfangen werde, so Scholz. | |
[3][Indiens Beziehungen zur Sowjetunion sind historisch und werden weiter | |
gepflegt,] um den Import günstiger Energieträger und Rüstungsimporte aus | |
Russland sicherzustellen. „Außerdem möchte Neu-Delhi verhindern, dass | |
Russland zu einem Vasallenstaat seines Erzrivalen China wird, der sich in | |
letzter Konsequenz auch gegen Indien stellt“. | |
Dennoch: „Modis Reise nach Kyjiw signalisiert einen subtilen Wandel“, meint | |
Šumit Ganguly, Gastwissenschaftler an der Universität Stanford. Zudem | |
hätten Modi und Putin bei ihrem Treffen wenig Substanzielles erreicht. | |
## Handel zwischen der Ukraine und Indien ist gewachsen | |
Der Termin nun ist besonders für westliche Länder von Bedeutung, da nicht | |
nur Kyjiw heftig auf den Besuch in der russischen Hauptstadt reagiert | |
hatte. Auf der anderen Seite ist bisher noch kein indischer Premier in die | |
unabhängige Ukraine gereist, die Modi „Freund und Partner“ nennt. | |
Der Handel zwischen Indien und der Ukraine ist sogar gewachsen und | |
erreichte im Geschäftsjahr 2021–2022 3,3 Milliarden Dollar. Indien hat seit | |
Russlands Angriff rund 100 Tonnen humanitärer Hilfsgüter an die Ukraine und | |
deren Nachbarn bereitgestellt. | |
22 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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