# taz.de -- Cristiano Ronaldo im Fokus: Tränen für das Portemonnaie | |
> Cristiano Ronaldo ist der bestbezahlte Influencer der EM. Kicken kann er | |
> nicht mehr so gut und doch dreht sich vieles nur um ihn. | |
Bild: Immer im Bild: Cristiano Ronaldo nach seinem Fehlschuss vom Elfmeterpunkt | |
Berlin taz | Ja, am Ende war es Fußball. [1][Da schießt auch der mal einen | |
Elfmeter daneben], der am meisten Geld verdient. Der ganze Reichtum hilft | |
ihm auch nichts, wenn ihm vor lauter Ärger und Scham die Tränen ins Gesicht | |
schießen. Aber vielleicht rechnet er in dem Moment, in dem er sich von den | |
im Vergleich zu ihm bettelarmen Fußballmillionären seiner Mannschaft | |
trösten lässt, im Kopf schon nach, dass sich der Spieltag vielleicht doch | |
gelohnt haben könnte. | |
Die Reichweitenmesser beim Sportartikelhersteller Nike haben gewiss schon | |
ermittelt, wie oft das bekannte Markenlogo auf der Spielerbrust zu sehen | |
war und wie viele Menschen sich darüber im Netz unterhalten haben. Reden | |
wir also über Cristiano Ronaldo, den immer noch Fußball spielenden | |
Markenbotschafter, die wandelnde Werbefigur, die längst selbst eine Marke | |
geworden ist! | |
Es ist ihm nicht auszukommen bei einem Spiel der portugiesischen | |
Nationalmannschaft. Beinahe jede Nahaufnahme zeigt den mittlerweile 39 | |
Jahre alten Mann, der früher gewiss einmal zu den besten Fußballern des | |
Planeten gehörte. Schon vor der Hymne geht diese merkwürdige Hypeshow um | |
„CR7“ los. Die Reporterin, die für Magenta TV das Achtelfinale kommentiert | |
hat, verwendete doch tatsächlich dieses Kürzel aus den Initialen und der | |
Rückennummer Ronaldos, wenn sie über den Stürmer gesprochen hat. Parfüm, | |
Unterhosen, Brillen und Uhren werden unter dem [2][Label CR7] vertrieben – | |
gewiss nicht zum Schaden Ronaldos. | |
Schon vor dem Anpfiff weisen die Reporter aufgeregt darauf hin, dass man | |
doch bitte auf die Kinder schauen solle, die, von einem | |
Lebensmitteldiscounter mit hässlichen Klamotten ausgestattet, als Begleiter | |
für die Fußballer auf den Platz geschickt werden. Neulich habe es da doch | |
eine zuckersüße Szene mit einem dieser sogenannten Einlaufkinder gegeben. | |
## Rührstück um eine Berührung | |
Das Turnier hatte ein Mädchen einfach nur glücklich gemacht, weil sie die | |
Gelegenheit hatte, den großen Ronaldo, das Idol, den erfolgreichsten | |
Influencer der Welt, mit ihrer eigenen Hand zu berühren. [3][Über 600 | |
Millionen Follower hat Ronaldo auf Instagram], seine Posts erzeugen | |
Milliarden von Interaktionen, so viele, dass Sportartikelhersteller Nike | |
den in die Jahre kommenden Kicker mit einem frischen „Milliardenvertrag“ | |
ausgestattet hat, wie etliche Sportnachrichtenschleudern im Herbst | |
verkündet haben, in der Hoffnung, im Rennen um Klicks von der Popularität | |
des Portugiesen ein Stückchen abzubekommen. | |
Ronaldos Popularität ist längst völlig losgelöst von seinen spielerischen | |
Fähigkeiten. Es kann schon sein, dass er bei seinem Klub Al-Nassr in | |
Saudi-Arabien, der ihn gewiss gut entlohnt, mal ein gutes Spiel macht, bei | |
dieser EM ist ihm das noch nicht gelungen. Seine Mitspieler versuchen | |
unermüdlich, ihn in Szene zu setzen, damit er endlich ein Tor erzielt. | |
Damit wäre er der erste Fußballer, der bei sechs Europameisterschaften | |
einen Treffer erzielt hat, was vor ihm noch keinem gelungen ist – und was | |
gewiss dazu führen würde, dass ihm noch mehr Unterhosen, Parfüms, Uhren und | |
Brillen abgekauft werden. Ein ums andere Mal flanken seine Kollegen in | |
seine Richtung, auch wenn sie wissen, dass sein Timing nicht mehr das beste | |
ist. | |
Und so verpasst er so manches Anspiel oder segelt unter Flanken hindurch, | |
woraufhin er mit seinen Kollegen schimpft, weil er deren Anspiele für | |
ungenügend hält. Auch jeden Freistoß darf er schießen, aber längst wissen | |
die Fans, die auf den Tribünen hinter dem Tor sitzen, dass sie tunlichst in | |
Deckung gehen sollten, wenn Ronaldo zum Freistoß antritt. Denn meistens | |
drischt er den Ball irgendwohin – nur nicht Richtung Tor. | |
Die Bewunderung für alles, was er tut, ist bei seiner Followerschaft | |
dennoch ungebrochen. Kaum vergeht ein Spiel, [4][in dem sich nicht einer | |
auf den Platz schleicht], um ein Selfie mit Ronaldo zu machen. Und niemand | |
aus seiner blinden Anhängerschaft macht sich Gedanken darüber, dass Ronaldo | |
nur auf dem Platz steht, weil er sich ein teures Heer von Anwälten leisten | |
kann. Hätte er diese Fixer nicht, säße er vielleicht längst wegen | |
Steuerhinterziehung im Gefängnis und wäre in ernsthafte Schwierigkeiten | |
geraten, als ihn eine Frau mit Vergewaltigungsvorwürfen konfrontiert hat. | |
Am Freitag, beim Viertelfinale gegen Frankreich, wird das nächste Kapitel | |
dieser unwürdigen Ronaldo-Show geschrieben. Möge es das letzte sein! | |
2 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Das-EM-Finale-in-der-Kurzkritik/!6017212 | |
[2] https://www.instagram.com/cr7cristianoronaldo/?hl=en | |
[3] https://www.instagram.com/cristiano/?hl=en | |
[4] /Cristiano-Ronaldo-und-die-Flitzerbranche/!6016111 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Fußball-EM 2024 | |
Fußball | |
Cristiano Ronaldo | |
Schwerpunkt Fußball-EM 2024 | |
Schwerpunkt Fußball-EM 2024 | |
Schwerpunkt Fußball-EM 2024 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Das EM-Finale in der Kurzkritik: Schöne Sieger | |
Mit Spanien wird die beste Mannschaft des Turniers verdient Europameister. | |
Die taz-Kurzkritik – das ganze Spiel in nur drei Sätzen. | |
Die Stars der EM: Helden beim Antiheldenfußball | |
Noch gibt es ihn nicht, den neuen Star der Fußball-EM. Es gibt aber einige | |
Anwärter. | |
Cristiano Ronaldo und die Flitzerbranche: Sommerschlussverkauf | |
Immer wieder schaffen es Flitzer auf den EM-Rasen, um ein Selfie mit ihren | |
Stars zu machen. Besonders beliebt scheint dabei Cristiano Ronaldo. |