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# taz.de -- Borussia Dortmund vor dem Umbruch: Auf der Suche nach Ideen
> Im Machtgefüge des BVB stehen Umbauarbeiten an, weil der Klub in der
> Liga an Boden verliert. Das Duell gegen Atlético Madrid ist schöne
> Ablenkung.
Bild: Terzic, Watzke und Kehl (v. l.) grübeln über die Zukunft des BVB
Nüchtern betrachtet sind die bevorstehenden Duelle von Borussia Dortmund im
Viertelfinale der Champions League mit Atlético Madrid zuallererst ein
schönes Abenteuer, eine Art Bonuserlebnis inmitten einer schwierigen
Saison. Sogar die erste Halbfinalteilnahme seit dem legendären Jahr 2013,
als der BVB erst im Endspiel gegen den FC Bayern verlor, ist möglich.
Schon während der gesamten Saison [1][dient die europäische Bühne als
Erholungsort] für die im Ligaalltag geplagten Dortmunder, wo es um viel
mehr geht als um ein paar tolle Spiele im hellen Licht der
Weltöffentlichkeit. Auf dem Spiel steht die mittelfristige Zukunft des
Vereins, der nicht nur erstmals seit 2015 die Champions League verpassen
könnte. Denkbar ist eine Veränderung im Machtgefüge der deutschen
Fußballkonzerne, die Borussia Dortmund hart treffen würde.
[2][Die aufblühenden Leverkusener] haben in dieser fabelhaften Saison genug
Substanz geschaffen, um auch wirtschaftlich ernsthafter mitzuhalten. RB
Leipzig agiert ohnehin längst in ähnlichen Sphären, und die Stuttgarter
könnten ihre laufende Erfolgsphase in Verbindung mit dem Einstieg von
Porsche ebenfalls zu einer Art Dauerzustand werden lassen. Deshalb sind die
Umbauarbeiten, die in der Sportlichen Leitung beim BVB bevorstehen, von
wegweisender Bedeutung. Der Klub braucht Innovationen.
Das laufende Spieljahr hat nämlich eine Schwäche sichtbar gemacht: Während
Leverkusen (Xhaka, Grimaldo, Boniface), Leipzig (Openda, Xavi) und
Stuttgart (Leweling, Mittelstädt, Nübel, Undav) tragende Säulen ihrer Teams
von der Resterampe oder aus anderen Ligen nach Deutschland holten, haben
die Dortmunder im vergangenen Sommer vor allen Dingen Spieler unter Vertrag
genommen, auf die jeder halbwegs gut informierte Fan hätte kommen können:
Niclas Füllkrug (Bremen), Felix Nmecha (Wolfsburg), Marcel Sabitzer (FC
Bayern), Ramy Bensebaini (Gladbach).
## Mislintat vor der Rückkehr
Die alte Entdeckerkraft, die den Verein einst groß machte, ist verloren
gegangen, seit Sebastian Kehl das Sportdirektorenamt von Michael Zorc
übernommen hat. Das liegt zwar nicht nur an Kehl, sondern auch an
wirtschaftlichen Zwängen und einem komplizierter werdenden Markt. Klar ist
aber, dass Umstrukturierungsmaßnahmen bevorstehen. Zumal der für den Sport
zuständige Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke angekündigt hat, sich im
Sommer aus dem sportlichen Bereich und ein Jahr später endgültig aus dem
operativen Geschäft des BVB zurückzuziehen.
Nachdem Sondierungsgespräche mit Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche in
dessen Vertragsverlängerung bei der Eintracht endeten, steht nun eine
Rückkehr von Sven Mislintat in die sportliche Leitung beim BVB bevor. „Wir
haben in den vergangenen Wochen einige Gespräche geführt“, sagte Kehl
zuletzt, ohne konkreter zu werden, als er auf entsprechende Überlegungen
angesprochen wurde. Aber die Grundidee liegt auf der Hand: Mislintat, der
zwischen 2006 und 2017 in verschiedenen Positionen sehr erfolgreich für den
BVB arbeitete, soll die Kaderplanung mitgestalten, die derzeit von Kehl
verantwortet wird.
Denn der 51 Jahre alte Fachmann gilt als Entdecker von Spielern wie Shinji
Kagawa, Robert Lewandowski, Pierre-Emerick Aubameyang, Jadon Sancho oder
Ousmane Dembélé. Er stammt aus Dortmund, hat ein Haus in der Stadt und
sagte einmal: „Einen Verein, in dessen Region ich geboren bin und der in
meinem Herzen ist, schließe ich nie aus für eine erneute Tätigkeit.“
Mislintat ist zwar im Herbst [3][krachend als technischer Direktor von Ajax
Amsterdam gescheitert], der Anfang April ebenfalls entlassene Amsterdamer
Vorstandschef Alex Kroes warf dem Deutschen später vor, für „die
schlechteste Transferphase in der Geschichte“ des Klubs verantwortlich zu
sein. Dafür trägt der erfolgreiche Kader des VfB Stuttgart Mislintats
Handschrift. Von Mai 2019 bis Dezember 2022 arbeitete er für die Schwaben
und verpflichtete Leute wie Waldemar Anton, Chris Führich, Serhou Guirassy,
Josha Vagnoman oder Dan-Axel Zagadou. Die große Frage ist nur, was mit Kehl
passiert, wenn Mislintat kommt.
Einerseits ist Kehls Arbeit nicht unumstritten, zugleich verkörpert der
langjährige Kapitän viele Eigenschaften, die erwünscht sind: Engagement,
Verbundenheit, Eloquenz und eine Kenntnis der BVB-Innenwelt. Dass Kehl im
Organigramm unterhalb von Mislintat arbeitet, ist kaum vorstellbar. Aber
auch Mislintat würde sich kaum mit der Rolle eines Ideengebers für den Chef
Kehl zufriedengeben.
Es gibt daher Überlegungen, Kehl als Watzkes Nachfolger aufzubauen, der
alte Klubchef könnte 2025 ins Präsidentenamt wechseln, um im Stile seines
alten Münchner Manager-Rivalen Uli Hoeneß aus dem Hintergrund
mitzuregieren. Aber es gibt Zweifel, ob Kehl bereits das Format hat, um das
um seinen Status als Deutschlands Nummer zwei kämpfende Fußballunternehmen
in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Offen ist zudem die Frage, welchen
Platz Matthias Sammer künftig einnehmen soll. Als Berater der
Geschäftsführung bringt er schließlich viel Kompetenz ein, die besser nicht
verloren gehen sollte. Nicht nur auf dem Rasen geht es also um viel für den
BVB in diesem Frühjahr.
10 Apr 2024
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## AUTOREN
Daniel Theweleit
## TAGS
Borussia Dortmund
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