Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Comeback des FC Barcelona: Babys fürs Prestige
> Der angeschlagene FC Barcelona steht endlich mal wieder im Viertelfinale
> der Champions League. Zu verdanken hat das der Klub seinem Nachwuchs.
Bild: Sensationell: Pau Cubarsí in seinem ersten Champions-League-Spiel
Barcelona taz | Am Ende nutzte Xavi den ersten glücklichen
Europapokalabend seit vielen Jahren noch für eine Abrechnung mit der
Presse. „Es wurde gesagt, dass wir der Hofnarr der Champions League sind“,
erinnerte [1][der Trainer des FC Barcelona] an die beißende Kritik der
letzten Monate. Später in der Nacht fand das Sportland schnell heraus, dass
er damit auf den Artikel eines angesehenen Klubreporters nach einer
Vorrundenniederlage gegen Donezk anspielte. „So, und jetzt?“, fragte Xavi
herausfordernd: „Was machen wir jetzt mit dem Narren?“
Nun, fürs Erste steht er endlich wieder im Viertelfinale, erstmals seit dem
ziemlich närrischen [2][2:8 im Corona-Turnier 2020 gegen den FC Bayern].
3:1 schlug Barça die SSC Napoli nach einem 1:1 im Hinspiel, die
Erleichterung im Ausweichstadion auf dem Olympiahügel Montjuic war immens,
und der Stolz war es auch – denn [3][der gepeinigte, hochverschuldete und
wegen des Umbaus des Camp Nou derzeit heimatlose Verein] hat diesen Schritt
nach vorn bewerkstelligt, indem er sich radikal auf das Einzige besann, was
trotz aller Krisen immer noch funktioniert – die Jugend.
Als erster Verein der Champions-League-Geschichte bot Barça in einem
K.-o.-Spiel zwei Minderjährige in der Startformation auf: Lamine Yamal, 16,
und Pau Cubarsí, 17. Auch Fermín López, 20, sollte die Saison ursprünglich
bei Junioren und zweiter Mannschaft verbringen. López erzielte das 1:0,
Cubarsí wurde von der Uefa zum MVP ernannt, Yamal demonstrierte, warum er
mit Lionel Messi verglichen wird. Die „Babys“, wie sie die Fachpostille
Sport nannte, gewannen dem Klub das Schicksalsspiel für Kasse und Prestige.
Flügelstürmer Yamal ist dabei fast schon ein alter Bekannter. Der Sohn
einer Mutter aus Äquatorialguniea und eines marokkanischen Vaters aus der
nahen Industriestadt Mataró hat schon etliche Altersrekorde gebrochen, er
ist unter anderem jüngster Torschütze in La Liga und in der spanischen
Nationalelf. Gegen Neapel forderte er vom Anpfiff weg den Ball, dribbelte
die Gegner über rechts schwindlig und bereitete das 2:0 von João Cancelo
durch einen perfekt getimten Pass vor.
## Zwei in einem
Als wirkliche Sensation des Abends gilt aber Cubarsí, denn der ist
Innenverteidiger. Wo Offensivspieler probieren und auch scheitern dürfen,
bekleidet er eine Position, auf der jeder Fehler fatale Folgen haben kann.
Aber Cubarsí stand nicht nur immer richtig und grätschte gegen Napolis
kräftigen Starangreifer Victor Osimhen mehrere Konterchancen weg.
Er bereitete auch mit einem atemberaubenden Steilpass die erste Großchance
vor und gab fortan eine regelrechte Lehrstunde gelungener Spieleröffnungen.
Um es in Barça-Klubkunde zu sagen: Der Grünschnabel aus dem katalanischen
195-Einwohner-Dorf Estanyol wirkt wie die legendäre Innenverteidigung Puyol
(Kampf) und Piqué (Spiel) vereint in einem Spieler.
Cubarsís Talente hatten sich angedeutet, seit er im Januar mit 16 in der
Liga debütierte. Nun erklärte er nach seinem ersten Champions-League-Match
so aufgeregt wie abgeklärt: „Wir haben Druck in Ambition verwandelt“. Von
den anderen Bubis im Kader wurde er mit Pubertätsspäßen gefeiert, von den
Altvorderen mit Worten. „Wir haben es mit etwas Wunderbarem zu tun“, sagte
Xavi, ein „Leben im Klub“ prophezeite ihm Kapitän Sergi Roberto, 32.
Auch der Altmeister hatte gewichtigen Anteil an der Wiederauferstehung. Bis
zu seiner Einwechslung stand das Spiel nach Neapels Tor zum 2:1 auf der
Kippe, was kaum überraschen konnte, denn Barcelona fehlte ein komplettes
Mittelfeld und damit die Spielkontrolle. Sergio Busquets ist zum
Messi-Klub nach Miami abgewandert, Frenkie de Jong ist ebenso verletzt wie
Pedri und Gavi. In der Startelf war Ilkay Gündogan der einzig etatmäßige
Mittelfeldspieler. Mit dem rekonvaleszenten Roberto fand er einen
Gleichgesinnten, zusammen bereitete man herrlich den Endstand durch Robert
Lewandowski vor.
Die Stimmungslage im Verein war danach so euphorisch, dass nun sogar über
eine Revision von Xavis Rücktrittsankündigung zum Saisonende gemunkelt
wird. Wie weit kann es für „Baby Barça“ noch gehen? Viel dürfte vom
nächsten Gegner abhängen. Es soll auch Leute geben, die befürchten, dass
man sich im Viertelfinale wieder zum Narren machen könnte.
13 Mar 2024
## LINKS
[1] /FC-Barcelona-in-der-Krise/!5813347
[2] /Muenchens-Kantererfolg-gegen-Barcelona/!5702477
[3] /Rechnen-wie-der-FC-Barcelona/!5874841
## AUTOREN
Florian Haupt
## TAGS
Fußball
Champions League
FC Barcelona
Robert Lewandowski
FC Barcelona
FC Barcelona
Kolumne Press-Schlag
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rechnen wie der FC Barcelona: Voll ins Risiko
Beim hoch verschuldeten Fußballverein FC Barcelona ist die Euphorie groß.
Die runderneuerte, teure Elf soll für prächtige Kapitaleinnahmen sorgen.
FC Barcelona in der Krise: Xavi muss nun den Retter spielen
Das Club-Idol soll Barça als Trainer zurück zum Erfolg führen. Nach
Einigung über eine Millionenzahlung lässt ihn sein bisheriger Arbeitgeber
Al Sadd ziehen.
Münchens Kantererfolg gegen Barcelona: 8:2 und 7:1 als Demütigung
Bayerns Sieg über Barcelona sagt etwas über den Stand des Fußballs. Großer
Sport ist nicht mehr der Kampf gleichwertiger Gegner.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.