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# taz.de -- Gewalt, Demokratie und Landwirtschaft: In Indien sind die Bauern di…
> Ist es möglich, das Vertrauen in demokratische Prozesse durch Tränengas
> und Gummigeschosse aufrechtzuerhalten? In Indien jedenfalls nicht.
Bild: Tränengas auf demostrierende Bauern, Punjab im Norden Indiens am 21. Feb…
Der Norden Indiens ist derzeit nicht nur vom Smog des Winters bedeckt,
sondern auch von Tränengasrauch, der [1][von den Regierungstruppen gegen
die Menschen eingesetzt wurde], die mit ihrer Arbeit das Essen auf den
Tisch bringen.
Die Bauern in Indien protestierten bereits 2020 und 2021 gegen Gesetze, die
die Landwirtschaft in Indien stark beeinträchtigen würden. Bis zu 700 von
ihnen wurden während der Proteste getötet. Die Gesetze hätten vor allem
kleinere Landwirte den Launen großer Unternehmen ausgeliefert. Ähnlich dem
Landwirtschaftsmodell in den USA und neuerdings auch in der EU, das die
Bauern schwer trifft und die Preise für frische Produkte in den
Supermärkten erschreckend niedrig hält.
Daraufhin kam es zu weitreichenden Protesten, die der Regierung zeigten,
dass [2][eine religiös-faschistische Ideologie] nicht ausreicht, um die
Unterstützung der Landwirte zu erhalten, die einst Anhänger der Regierung
waren. Daraufhin wurden die Gesetze aufgehoben und Indien und der Welt die
Macht der Gewerkschaften und Massenbewegungen vor Augen geführt. Aber die
Bauern wussten, dass dies nicht das Ende ihres Kampfes war.
Zurück zum aktuellen Szenario, als die Minister mit den Führern der
Bauerngewerkschaften zusammenkamen. Sie stimmten zwar den meisten
Forderungen zu, einschließlich der Rücknahme von Strafverfahren, die gegen
damals protestierende Landwirte eingeleitet wurden. Der Streitpunkt des
Mindestpreises blieb aber. Er würde den Landwirten eine Abnahme auf den
staatlich kontrollierten Großmärkten garantieren.
Da diese Frage nicht gelöst werden konnte, gingen die Landwirte, die in
mehr als 200 Gewerkschaften organisiert sind, im Februar wieder auf die
Straße. Stellen Sie sich die Zahl der Menschen vor, die zum Protest in die
Hauptstadt Neu-Delhi strömen. Stellen Sie sich die Angst des Staates vor,
der die Stadt mit Barrikaden umgibt.
Ein Foto spricht Bände: Bauern aus dem nördlichen Bundesstaat Punjab mit
ihren Turbanen, die sich an ihren Pflügen festhalten, während auf der
anderen Seite der Barrikaden eine riesige Schlange von Polizisten und
bewaffneten Kräften in Einsatzkleidung steht – mehrheitlich Söhne von
Bauern, die nun einen der ihren bekämpfen sollen. Ein Experte sagte zu
Recht, wer die wahre Opposition gegen die [3][faschistische
arbeiterfeindliche Regierung] ist: die Millionen von Bauern in Indien.
Ich erinnere mich, wie ich 2015 in Hamburg auf einer Konferenz saß, als ein
deutscher Mann – ein angeblicher Experte für Indiens Wirtschaft – sagte,
dass die einzige Möglichkeit, diese zu verbessern, darin bestehe, die
Abhängigkeit von der Landwirtschaft zu beenden. Ich lachte zuerst und war
dann wütend über die Vorstellung dieses weißen Mannes von dem, was mein
Land sein sollte. Seine Vorfahren mögen ebenfalls Menschen gewesen sein,
die mit bloßen Händen gearbeitet haben, aber er hat seine eigene Geschichte
vergessen.
Keiner der Bauern, die in Indien auf die Straße gehen und sich der Gefahr
aussetzen, durch Tränengas oder Gummigeschosse verletzt zu werden, ist
dort, weil er nach der Ernte Freizeit hat. Sie zeigen uns, was es bedeutet,
seine Arbeit in Würde zu verrichten, jenseits der schicken Welt der
hausierenden Ökonomie am Computerbildschirm. Sie zeigen uns, was
demokratische Prozesse – und deren Einhaltung – in der Realität bedeuten.
3 Mar 2024
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## AUTOREN
Priyanka Borpujari
## TAGS
Kolumne Fernsicht
Indien
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