# taz.de -- Eishockeyteam mit Ambitionen: Ganz schön fishy, die Burschen | |
> Die Bremerhaven Pinguins wollen den Meistertitel im Eishockey gewinnen. | |
> Dabei ist den Fischtown-Boys fast jedes Mittel recht. | |
Bild: Teil des „Karawanken-Express“: Jan Urbas aus Slowenien | |
Der Eishockeyverein, der sich in der Deutschen [1][Eishockey]-Liga (DEL) | |
kurz vor den Play-offs mit den Eisbären Berlin um die Tabellenführung | |
streitet, [2][nennt sich Fischtown Pinguins Bremerhaven] – und zwar genauso | |
geschrieben. Fisch auf Deutsch, Town auf Englisch. Und nicht Pinguine, | |
sondern Pinguins, weil der Plural auf Plattdeutsch so gebildet wird. | |
Wer sich mit der Liga befasst, hat sich an die orthografischen Capricen der | |
Norddeutschen längst gewöhnt, denn sie sind seit 2016 in der DEL dabei, | |
kamen als Nachfolger der Hamburg Freezers dazu. Sie haben sich seither gut | |
geschlagen, zweimal waren sie Tabellensechster und kamen insgesamt sechs | |
Mal bis ins Play-off-Viertelfinale. | |
In der Saison 2023/24 sind die Fischtown Pinguins nun sogar das | |
Sensationsteam des Jahres, eine Mannschaft, die eine so überzeugende | |
Hauptrunde gespielt hat, dass die Fans, im Schnitt sind es knapp 4.500 in | |
der Eisarena der Küstenstadt, von der deutschen Meisterschaft träumen. Und | |
auch andere trauen den Pinguins viel zu. Liga-Chef Gernot Tripcke sagte | |
unlängst: „Bremerhaven ist auf jeden Fall ein heißer Kandidat.“ | |
Der frühere Nationalspieler Kai Hospelt, der die Spiele im TV kommentiert, | |
präzisierte: „Ich sehe auch wirklich Bremerhaven vorn. Das ist eine gute | |
Mannschaft, die in den vergangenen Jahren Lehrgeld in den Play-offs bezahlt | |
und sich weiterentwickelt hat. Bremerhaven hat in der Saison außerdem oft | |
schon nach Rückständen gewonnen. Das sind Sachen, die man in den Play-offs | |
braucht.“ | |
## Des Trainers bewegte Vita | |
Was ist der Schlüssel für den Erfolg des Vereins? Geld kann es nicht sein, | |
Bremerhaven hat einen der niedrigsten Etats der Liga. Eher sind es wohl die | |
sportlichen Leiter, die den Klub mit Fantasie und Beharrlichkeit nach vorn | |
gebracht haben. Da ist zum einen Trainer Thomas Popiesch (58), seit 2016 im | |
Amt; schon 2023 wurde er als DEL-Coach des Jahres ausgezeichnet. | |
[3][Der gebürtige Ostberliner, der beim SC Dynamo mit dem Eishockey | |
begann], hat eine bewegte Vita. Als 17-Jähriger wurde er nach missglückter | |
Flucht aus der DDR zu 4 Jahren Haft verurteilt, die er in Hohenschönhausen | |
und Bautzen absaß. 1989 glückte ihm die Flucht über Ungarn. Zwischen 1990 | |
und 2006 spielte er für verschiedene westdeutsche Vereine – von Krefeld bis | |
Frankfurt. Er wurde Trainer – und fand schließlich in Bremerhaven den Job | |
seines Lebens. „Wir werden nicht mehr unterschätzt“, sagte er vor Kurzem | |
stolz. | |
Der andere Mann, der für den Aufschwung steht, ist Manager Alfred Prey, | |
gerade 70 Jahre alt geworden. Seit 32 Jahren ist er in verschiedenen | |
Funktionen für den Verein und seine Vorgängervarianten tätig ist. Prey ist | |
darauf spezialisiert, unbekannte und somit preisgünstige Profis zu | |
verpflichten. Bevorzugt aus Österreich, Slowenien oder Dänemark, wohingegen | |
die Konkurrenz meist in Nordamerika oder anderen europäischen Top-Ligen, | |
etwa Schweden oder Finnland, einkauft. Bremerhaven kann das torgefährliche | |
Slowenen-Sturmtrio, bestehend aus Jan Urbas, Žiga Jeglič sowie Miha Verlič | |
aufbieten – Karawanken-Express genannt, nach einem Gebirge in der Heimat | |
der Spieler. | |
Im Klub spielen nur sechs Profis nordamerikanischer Provenienz, aber | |
insgesamt 18, die mit dem Eishockey in anderen Ländern begonnen haben. Und | |
hier kommt die Finte der Pinguins, auch ein Schlüssel zum Erfolg, wenn auch | |
ein umstrittener: In der DEL darf jede Mannschaft nur elf ausländische | |
Spieler im Kader haben und neun pro Partie einsetzen. Dazu hat sich die | |
Liga selbst verpflichtet, damit einheimische Spieler und der Nachwuchs | |
nicht zu kurz kommen. | |
## Viel Bewegung in Bremerhaven | |
Da Bremerhaven offenbar einen guten Draht zu den lokalen Ämtern hat und | |
sehr findig ist, wenn es darum geht, deutsche Vorfahren seiner Spieler | |
aufzuspüren, werden die Profis dort schneller als anderswo eingebürgert. So | |
kann der Verein das Ausländerkontingent einhalten. Das finden nicht alle | |
gut. Die Konkurrenz murrt immer mal wieder darüber, das Berliner | |
Regionalblatt Tagesspiegel spottete in diesem Zusammenhang: „Bremerhaven | |
oder der kurze Weg zum Bürgeramt“. | |
Da es bei der Ausländerregel in der DEL aber allein um die | |
Staatsangehörigkeit geht – und nicht etwa darum, welche Nachwuchsteams ein | |
Eishockeyspieler wo durchlaufen hat, ist der Trick der plattdeutschen | |
Pinguine legal. | |
Wie auch immer es in den Play-offs, die am 16. März starten, nun mit den | |
Pinguins weitergeht – in Bremerhaven wird sich bald einiges ändern. | |
Popiesch wird den Verein verlassen und, wie zu hören ist, nach Krefeld | |
wechseln, in die DEL2, aus familiären Gründen. Sein Nachfolger wird wohl | |
der frühere NHL-Profi Alexander Sulzer (39) werden, der seit 2022 Popieschs | |
Assistenzcoach ist. Und auch Prey will aufhören, als sein Nachfolger steht | |
Sebastian Furchner (41) bereit, ein früherer Nationalspieler und ehemaliger | |
Profi in Bremerhaven zu Zweitligazeiten. | |
3 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Eishockey/!t5011229 | |
[2] https://fischtown-pinguins.de/ | |
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Popiesch | |
## AUTOREN | |
Christiane Mitatselis | |
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