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# taz.de -- Roman über Olympia in der Antike: Epos mit schönen Schlenkern
> Die Olympischen Spiele im antiken Griechenland werden im historischen
> Roman „Tod in Olympia“ von Robert Gordian lebendig, riech- und fühlbar.
Bild: Antike Folklore: die Entzündungszeremonie der olympischen Flamme
Wer weiß schon, [1][wie es zuging bei den alten Griechen]. Robert Gordian
hat eine Ahnung und zeichnet mit schwungvollen Pinselstrichen ein
anschauliches Bild davon. Gordian macht die Zeit in seinem historischen
Roman „Tod in Olympia“ lebendig, riech- und fühlbar. Ölige, mit Staub
bedeckte Nackte kämpfen um Ruhm, Ehre und den Ölkranz. Sie kommen von weit
her, nur müssen sie Griechen und rein von einer „Blutschuld“ sein. Das
trifft auch auf den Helden des Epos, Drakonides, den Faustkämpfer aus
Mytilene, zu. Er reist von Lesbos aus zu den Eleern aufs Festland, um das
Fest zu Ehren von Göttervater Zeus zu besuchen.
Eine Reihe von Abenteuern hat Drakonides, der bisher nicht in Olympia
siegen konnte, zu bestehen: Er erleidet Schiffbruch, wird von einem
eremitischen Alten aufgepäppelt, trifft einen verschlagenen Gönner und
einen geheimnisvollen Gymnastes, will nach all den Wirren der Anreise die
Spiele nur noch als Zuschauer besuchen und lässt sich dann doch mit
sophistischem Feinschliff von einem Philosophen sowie einem Dampfplauderer
aus seiner eigenen Delegation überreden, einen letzten großen Kampf unter
den Augen des Alytarchs, des olympischen Oberaufsehers, zu wagen.
Dieser Dragonides ist eine kleine Berühmtheit in Griechenland, hat bei
einem anderen panhellenischen Sportevent, den Isthmischen Spielen in
Korinth, im Faustkampf gewonnen, doch nun will er mehr, trifft freilich auf
einen schier übermächtigen Gegner, dem er stets unterlegen war. Ramphias
nennt sich der Konkurrent, ähnlich angesehen wie [2][Milon von Kroton],
berühmtester Athlet der Antike, der sechs Mal bei Olympia gewann. Ramphias
ist so überzeugt von sich, dass er nach dem Faustkampf auch noch im
Pankration, im Ringkampf, antreten möchte, und eine Büste, die nur dem
Sieger zusteht, hat er in seiner Hybris auch schon fertigen lassen.
Drakonides tritt also gegen Ramphias an. Der Dritte im Bunde der Kämpfer,
der Agonisten, die diesmal auf Geheiß des Olympischen Rates die harten
Lederriemen angelegt haben, ist Eutelidas. Der Eleer hatte Glück, wurde
Ephedros, in der Antike ein Athlet, der bei ungerader Anzahl von
Teilnehmern eines Agons ein Freilos erhält. Es kommt, wie es kommen muss:
Ramphias wird für seinen Hochmut bestraft, unterliegt Drakonides, doch der
ist so gezeichnet, dass er gegen Eutelidas chancenlos ist.
## Kontrafaktische Ausschmückung
All das liest man mit einem gewissen Amüsement. Man nimmt die Parade der
Götter und Halbgötter ab. Lernt brav neue Vokabeln (Mastigophoren,
Ordnungshüter, und Paidotribes, Trainer niederen Ranges), erfreut sich
durchaus an einer Sprache, die auf Kothurnen schreitet, also mitunter das
Pathetische betont, geht mit dem Autor bereitwillig jeden Schlenker mit,
den er mit kontrafaktischer Geschichtsausschmückung kühn vorgibt.
So tritt dann auch eine Frau und Mutter im Stadion auf, was strengstens
verboten ist und fast mit dem Tod der Pherenike, der Siegbringenden, endet.
Aber der zu diesem Zeitpunkt noch vitale Drakonides weiß das heldenhaft zu
verhindern. [3][„Tod in Olympia“ ist im Jahr 2000 bei Rowohlt erschienen,]
Ende der 80er Jahre freilich schon beim DDR-Verlag Neue Welt in Ost-Berlin,
damals unter dem Titel „Letzter Kampf in Olympia“. Der Autor: Dieter
Müller.
Letzterer startete nach der Wende offenbar unter Pseudonym eine Karriere
als Schreiber historischer Belletristik. So vertiefte sich Gordian unter
anderem in die Zeit der Merowinger und ließ „Odo und Lupus“, Kommissare im
Auftrag Kaiser Karls des Großen, ermitteln. Im Feuilleton rümpft man über
dieses Genre gern mal die Nase – zu Unrecht, wie die olympische Geschichte
über Drakonides beweist.
19 Jan 2024
## LINKS
[1] /Berliner-Ausstellung-Mythos-Olympia/!5085002
[2] /Archiv-Suche/!713427&s=Milon+von+Kroton&SuchRahmen=Print/
[3] https://www.zvab.com/products/isbn/9783499262425
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Kolumne Olympyada-yada-yada
Antike
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Olympia 1936
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