# taz.de -- Maßregelvollzug Berlin: „Sie isst und trinkt“ | |
> Das Krankenhaus für Maßregelvollzug dementiert den Hungerstreik einer | |
> Patientin. Es gibt zwölf neue Plätze, aber die Überbelegung ist nach wie | |
> vor hoch. | |
Bild: Krankenhaus für Maßregelvollzug auf dem Gelände der Karl-Bonhoeffer-Ne… | |
BERLIN taz | Der von einer Patientin des Maßregelvollzugs behauptete | |
Hungerstreik ist aus Sicht der Klinkleitung keiner. „Die Patientin isst und | |
trinkt“, sagte der Ärztliche Leiter des Krankenhauses für Maßregelvollzug | |
(KMV), Sven Reiners, am Mittwoch zur taz. Gleichzeitig bestätige Reiners | |
aber die Existenz eines Forderungskatalogs. | |
Die taz hatte am Montag berichtet, dass sich die 51-jährige Patientin | |
Valerie K. (Name geändert) eigenen Angaben zufolge seit über einer Woche im | |
Hungerstreik befindet, weil die Zustände auf der Frauenstation des KMV | |
untragbar seien. [1][In ihrem Forderungskatalog, der der taz vorliegt], | |
hatte sie unter anderem eine Aufstockung des Arzt- und Pflegepersonals, den | |
Abbau der Überbelegung, eine Verkürzung der Wartezeiten auf eine Arzttermin | |
und einen respektvollen Umgang der Pflegekräfte gegenüber den Patienten | |
gefordert. | |
Der Maßregelvollzug ist eine freiheitsentziehende Unterbringung für | |
beschuldigte und verurteilte Menschen, die wegen Suchtkrankheiten oder | |
psychischen Krankheiten als nicht oder nur vermindert schuldfähig gelten. | |
[2][Ende September waren im KMV 619 Patienten untergebracht – es gibt aber | |
nur 541 ordnungsbehördlich genehmigte Betten.] Rund zehn Prozent der | |
Untergebrachten sind Frauen. Es komme vor, dass Patientinnen und Patienten | |
„kurzfristig auf einer Matratze übernachten“ müssten, hatte die zuständi… | |
Senatsverwaltung für Gesundheit im Sommer mitgeteilt. | |
Das KMV sei „dermaßen überfüllt, dass das mit dem ärztlichen Gewissen nic… | |
mehr vereinbar ist“, bestätigte Klinkleiter Reiners am Mittwoch der taz. | |
[3][Es müsse dringend eine Lösung gefunden werden.] | |
## Erweiterung und Sanierung geplant | |
Die Senatsverwaltung für Gesundheit hat auf taz-Anfrage mitgeteilt, man | |
arbeite „aktiv und permanent“ daran, die Situation im KMV zu verbessern. | |
Das Krankenhaus solle erweitert und saniert werden, um Überbelegung und | |
Aufnahmedruck entgegenzuwirken. „Zwölf neue Plätze im Haus 4 auf dem | |
Gelände des KMV konnten mittlerweile belegt werden.“ | |
Am Dienstag hatte Valerie K. bei einem Telefonat mit der taz erneut | |
versichert, nach wie vor im Hungerstreik zu sein. Mittlerweile sei es der | |
elfte Tag. Sie nehme nur ihre Medikamente und Flüssigkeit in Form von Tee, | |
Wasser und eine klare Gemüsebrühe zu sich. Sie sei ohnehin schlank, habe | |
aber deutlich abgenommen. „Man sieht es mir an.“ Kleine Erfolge des | |
Hungerstreiks seien bereits zu verzeichnen, so sei das Pflegepersonal nun | |
sehr freundlich. Sie werde den Hungerstreik aber fortsetzen „bis sich was | |
Grundlegendes ändert“, so K. am Dienstag. | |
Klinkleiter Reiners betonte demgegenüber: „Es gibt keinen Hungerstreik.“ | |
Aus Gründen der ärztlichen Schweigepflicht müsse er aber abstrakt bleiben: | |
„Ein Hungerstreik ist, wenn man gar nichts zu sich nimmt.“ Alle Patienten, | |
die im KMV seien, seien als krank eingewiesen worden, sagt Reiners. Da | |
könne es auch zu Verzerrungen der Wahrnehmung kommen. | |
Dem Gesuch der taz, die Patientin am Mittwoch zu besuchen, um sich ein | |
eigenes Bild zu machen, erteilte Klinikleiter Reiners eine Absage. Mit | |
Rücksicht auf den Gesundheitszustand und den Behandlungsprozess der | |
Patientin und das gegen sie anhängige Verfahren könne er einen | |
Pressebesuch derzeit nicht genehmigen. Valerie K. ist eigenen Angaben | |
zufolge Erzieherin und der Körperverletzung beschuldigt. Bis zu ihrem | |
Prozess ist sie vorläufig im KMV untergebracht. | |
4 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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