# taz.de -- Basketball-EM der Frauen: Zwei Siege aus dem Nichts | |
> Deutschlands Frauen spielen nach langer Zeit zum ersten Mal wieder bei | |
> einer EM. Der Großteil des Teams ist im Ausland beschäftigt – das hat | |
> Gründe. | |
Bild: Unwiderstehtlich auf dem Flügel: Leonie Fiebich am Ball | |
LJUBLJANA taz | Und dann musikantenstadlt’s wieder durch die Halle. Die | |
Titelmelodie der ehemaligen Samstagabend-Schunkel-Show hallt durch die | |
Halle in Ljubljana. Aber nicht als [1][Eröffnungspolka für Karl Moik], | |
sondern weil „Das Trompetenecho“ ein slowenischer Klassiker ist. Slavko | |
Avsenik und seine Original Oberkrainer haben dieses Musikstück vor fast 70 | |
Jahren in die Welt geblasen, und jetzt scheppert es durch die Arena | |
Stožice, wenn Sloweniens Basketballerinnen spielen. | |
Die Europameisterschaft läuft seit vergangenem Donnerstag: Ein Teil des | |
Turniers ist in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana, ein weiterer in Tel | |
Aviv und die K.-o.-Runde findet ausschließlich in Ljubljana statt. Nur ohne | |
die Gastgeberinnen. Die scheiden als Tabellenletzte ihrer Gruppe aus. | |
Dabei hätten sie nur die Partie am vergangenen Freitag gegen Deutschland | |
gewinnen müssen und wären im Wettbewerb geblieben. Lange sieht es nach | |
einem Sieg Sloweniens aus, der Hallen-DJ lässt das „Trompetenecho“ oft | |
durch die spärlich besetzte Arena juckeln. (Er hat auch DJ Ötzis „Hey Baby�… | |
und „Sweet Caroline“ dabei). | |
Die Stimmung ist bei diesem Match fast schon bierzeltartig gut. Die vier | |
slowenischen Trommler genau hinter der Medientribüne hämmern allen Menschen | |
ohne Kopfhörer oder Ohrstöpsel beinahe das Trommelfell aus den Ohren. Aber | |
es hilft nichts. An diesem schwül-warmen Abend entgleitet den Sloweninnen | |
die Partie und ihr Heimturnier. Die Deutschen sehen schon aus wie die | |
Verliererinnen, aber kämpfen sich in einem irrwitzigen letzten Viertel | |
zurück und gewinnen mit 66:62. | |
## „Monumentaler Erfolg“ | |
Für Slowenien ist die EM in diesem Moment gelaufen und für Deutschland | |
fängt sie da so richtig an. Erster Sieg nach der Niederlage am Tag zuvor | |
gegen Frankreich. Bundestrainerin Lisa Thomaidis spricht von einem | |
„monumentalen Erfolg für den deutschen Basketball“, dem ersten Sieg nach | |
vielen Jahren bei einer EM. | |
Zwölf Jahre waren die deutschen Basketballerinnen nicht mehr bei einem | |
großen Turnier dabei, bis sich das Team um Leonie Fiebich vor ein paar | |
Monaten qualifizierte. Fiebich ist die stärkste Spielerin der | |
Nationalmannschaft. In der ersten Partie gegen Frankreich wurde sie | |
geschont wegen einer Knie-Blessur. Gegen Slowenien liegt die 23-Jährige | |
kurz vor Schluss auf dem Parkett, hält sich das Knie, humpelt dann doch | |
weiter über das Feld und bringt die letzten zwei Spielminuten irgendwie zu | |
Ende. | |
Aufgeben ist für Fiebich keine Option, weil ihr diese Gruppe von Frauen | |
zwischen 19 und Anfang 30 alles bedeutet. Und darum erklärt Fiebich auch | |
immer wieder, was in Deutschland fehlt, damit der Basketball der Frauen | |
endlich vorankommt. [2][Die Bundesliga ist ihr zu unprofessionell] und dort | |
zu spielen keine Option, „weil die Erste Liga von der Qualität nicht gut | |
ist. Du wirst als Spielerin nicht gut behandelt. Es gibt keine Physios, | |
keiner passt auf deinen Körper auf, es gibt keine Athletiktrainer, solche | |
Sachen.“ | |
## EM-Premiere für alle Spielerinnen | |
In Spanien ist das anders. Die 1,90 Meter große Flügelspielerin wurde dort | |
zur besten Akteurin der abgelaufenen Saison gewählt. Mit Saragossa hat sie | |
den spanischen Pokal gewonnen in eigener Halle. „Eine total überkrasse | |
Erfahrung! Wir hatten 10.800 Leute in der Halle, die uns echt so gepusht | |
haben, als Underdog diesen Pokal zu gewinnen.“ | |
In Deutschland kommen ein paar Hundert Menschen [3][in die | |
Bundesliga-Hallen]. Wohl auch deswegen spielen dort nur zwei | |
Nationalspielerinnen, die meisten sind in Spanien und Frankreich aktiv oder | |
spielen und studieren mit Stipendium am College in den USA. Sie alle | |
erleben derzeit ihre erste EM. | |
In die Arena Stožice passen 12.480 Menschen. Beim Spiel Slowenien gegen | |
Deutschland sind offiziell 1.645 Sitzschalen belegt. Schwarze Vorhänge | |
verhüllen die obersten Ränge. Die deutschen Frauen bekommen in Ljubljana | |
Unterstützung von daheim. Wenige, aber dafür laute Fans. Viele gehören zur | |
Familie oder zum Freundeskreis. | |
Und diese Fans brüllen die Deutschen auch zum Sieg gegen Großbritannien am | |
Sonntag. 62:61 gewinnt Deutschland das letzte Gruppenspiel und ringt an | |
diesem Dienstag (18 Uhr, Magenta Sport) um den Einzug ins Viertelfinale. Es | |
geht gegen die Slowakei in einem Alles-oder-nichts-Spiel. „Ich hab richtig | |
Bock! So ein Do-or-die-Spiel ist alles, wofür man arbeitet. Wir sind alle | |
aufgeregt und freuen uns total drauf.“ | |
19 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Uli Knapp | |
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