# taz.de -- Deutsches Eishockeyteam nach WM-Finale: Aus der Nische geschlittert | |
> Zum ersten Mal seit 1930 haben die deutschen Männer ein | |
> Eishockey-WM-Finale erreicht. Ein Erfolg, obwohl sie 2:5 unterlagen. | |
Bild: Kanada zu abgebrüht: Deutschlands Torwart Mathias Niederberger nach dem … | |
Das 2:5 im Endspiel der Eishockey-WM gegen Kanada schmerzte zwar sehr. Die | |
meisten deutschen Cracks hatten nach der Niederlage am Sonntagabend Tränen | |
in den Augen. Doch es gelang ihnen schnell, sich auf das Gute zu | |
konzentrieren, nämlich [1][auf ihre Taten in den WM-Spielen zuvor]. | |
Bundestrainer Harold Kreis machte vor, wie es geht: Die Jungs seien zwar | |
sehr enttäuscht, sagte er: „Sie können sich aber wirklich auf die Schulter | |
klopfen.“ | |
Die Kanadier, die ihren 28. WM-Titelgewinn feierten, besiegten die deutsche | |
Mannschaft verdient. Sie spielten abgebrühter als die DEB-Profis, die | |
zweimal in Führung gingen, dem Gegner durch Fehler das Toreschießen aber zu | |
leicht machten. Die eigentliche Sensation bestand darin, dass sie bis ins | |
Finale gekommen waren, in der K.-o.-Runde die Schweiz mit 3:1 und die USA | |
mit 4:3 nach Verlängerung aus dem Wettbewerb geworfen hatten. In der | |
Geschichte der Weltmeisterschaften standen die deutschen Männer vorher nur | |
einmal, anno 1930, in einem Endspiel. | |
Aber auch im Vergleich mit dem deutschen [2][Gewinn der olympischen | |
Silbermedaille von 2018 in Pyeongchang] ist Platz zwei in Tampere sportlich | |
hochwertiger. Denn an den Winterspielen vor fünf Jahren nahmen keine | |
Spieler aus der nordamerikanischen Eliteliga NHL teil. Bei der WM waren | |
nicht die Topstars aus Übersee am Start, da zeitgleich die Play-offs der | |
besten Eishockey-Liga der Welt laufen. Die Teams rekrutierten jedoch wie | |
üblich Spieler, deren Vereine ausgeschieden sind oder die Play-offs nicht | |
erreicht haben. Die USA boten 15 NHL-Profis auf, Kanada 19 – und | |
Deutschland 3: die Stürmer Nico Sturm (San José) und JJ Peterka (Buffalo) | |
sowie Verteidiger Moritz Seider (Detroit), die letzteren beiden wurden ins | |
All-Star-Team der WM gewählt. | |
Um es einzuordnen, wo Eishockey in Deutschland steht: In Kanada gibt es | |
mehr als eine halbe Million registrierte Eishockeyspieler. Hierzulande sind | |
es etwa 20.000. Während in Kanada der schnelle Kufensport ständig live im | |
Fernsehen läuft, es auf allen Kanälen TV-Shows gibt, die sich nur mit ihm | |
befassen, wird Eishockey in Deutschland vom öffentlich-rechtlichen | |
Fernsehen vernachlässigt. Das Finale lief am Sonntag bei zwei | |
Spartensendern, wobei der öffentlich zugängliche Livestream des einen | |
Anbieters wackelig war und zeitweise ausfiel. | |
## Nicht jammern! Machen! | |
Im Eishockey lautet das Motto jedoch: Nicht jammern, sondern machen! Mit | |
dieser Einstellung hat sich der Sport in den vergangenen Jahren ein Stück | |
aus der Nische gearbeitet. Dank kollektiver Anstrengung von Verband und | |
Liga. | |
Und mit einem neuen Nachwuchsprogramm, initiiert vom vorigen | |
DEB-Präsidenten Franz Reindl, der zudem bei der Auswahl der Bundestrainer | |
ein gutes Händchen hatte: [3][Marco Sturm], von 2015 bis 2018 Auswahlcoach, | |
brachte die Mannschaft vor allem dadurch voran, dass er ihr das | |
Underdog-Bewusstsein austrieb und immer Siege erwartete – auch gegen große | |
Gegner. Toni Söderholm führte die Linie fort, erreichte als bestes Ergebnis | |
mit der Nationalmannschaft 2021 in Riga das WM-Halbfinale. | |
Kreis, der das Amt in diesem Frühjahr übernahm, musste, wie er sagte, gar | |
nicht viel tun, sondern „die Jungs einfach nur spielen lassen“. Und das | |
taten sie. Kapitän Moritz Müller meinte: „Ich bin besonders stolz darauf, | |
dass wir den Erfolg bei der WM spielerisch erreicht haben. Kampf und | |
Leidenschaft steht bei uns immer im Vordergrund. Wir haben auf hohem Niveau | |
mit den Besten mitgespielt.“ | |
29 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christiane Mitatselis | |
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