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# taz.de -- Parteitag der Brandenburger Grünen: Doppelspitze wieder komplett
> In Potsdam wählen die Grünen die 25-jährige Hanna Große Holtrup zur neuen
> Co-Vorsitzenden. Über den Rücktritt von Julia Schmidt schweigt man
> lieber.
Bild: Das neue Doppel an der grünen Spitze: Alexandra Pichl (r.) und Hanna Gro…
Potsdam dpa | Die Brandenburger Grünen haben nach Querelen in den eigenen
Reihen ihre Doppelspitze komplettiert und eineinhalb Jahre vor der
Landtagswahl den Koalitionspartner CDU attackiert. Die 25-jährige Hanna
Große Holtrup wurde zur neuen Co-Vorsitzenden der Landespartei gewählt. Sie
folgt auf Julia Schmidt, die im Februar auf Drängen des Parteivorstands
zurücktrat.
Große Holtrup – einzige Bewerberin – erhielt am Samstag beim
Landesparteitag in Potsdam 121 von 132 Stimmen, das entspricht einem Anteil
von knapp 92 Prozent. Acht Delegierte votierten mit Nein, es gab drei
Enthaltungen. Große Holtrup, die Referentin der Grünen-Fraktion im
RBB-Untersuchungsausschuss ist, warb für eine menschliche Asylpolitik,
Chancengleichheit und das 1,5-Grad-Ziel bei der Erderwärmung.
Grünen-Co-Landeschefin Alexandra Pichl warf der CDU eineinhalb Jahre vor
der Landtagswahl in der Flüchtlingspolitik Fischen am rechten Rand vor.
„Die CDU hat ihr C in dieser Sache schon längst verloren“, sagte sie mit
Blick auf den Parteinamen „Christlich Demokratische Union“. „Der ehemalige
Pfarrer, Innenminister (Michael) Stübgen, agiert fernab von christlicher
Nächstenliebe, wenn er wieder und wieder gegen Geflüchtete hetzt und von
vollen Booten fabuliert.“ Stübgen hatte angesichts des Zuzugs von
Geflüchteten eine „Migrationsbremse“ gefordert.
Pichl sagte mit Blick auf die CDU, man habe den Eindruck, dass am gleichen
Stammtisch gefischt werde „wie Rechtsaußen“. Der neue CDU-Landeschef Jan
Redmann müsse hier Farbe bekennen, forderte sie. Der SPD warf sie vor, dass
sie in dieser Sache kaum hörbar sei.
## Mitgliederzahl seit 2019 verdoppelt
Die Grünen wandten sich in einer Resolution gegen Abschiebung und
Stimmungsmache gegen Geflüchtete und warben für die Integration der
Menschen in den Arbeitsmarkt. Die Partei regiert seit 2019 mit SPD und CDU
in Brandenburg, sie verdoppelte ihre Mitgliederzahl im Vergleich zu damals
auf etwa 2.600.
Der CDU-Landesvorsitzende Redmann warf Pichl „ein gefährliches Spiel“ vor.
„Sie versucht alle, die wie Michael Stübgen zu Recht auf die Überforderung
der Gemeinden mit der ungesteuerten Zunahme irregulärer Migration
hinweisen, als Hetzer zu verunglimpfen, um damit von der eigenen
Hilflosigkeit abzulenken“, erklärte Redmann. Er warf Pichl vor, das Problem
nicht ernstzunehmen.
## Baerbock fordert stärkere Willkommenskultur
Außenministerin Annalena Baerbock forderte beim Landesparteitag eine
stärkere Willkommenskultur. „Wenn ich in Asien unterwegs bin oder in
Afrika, dann kennt man vielleicht nicht Cottbus und Lauchhammer“, sagte die
Grünen-Politikerin. „Aber wenn ich dafür werbe, dass wir Fachkräfte
brauchen, dann fragen sie sich natürlich schon, sind wir da auch
willkommen?“ Interessierte überlegten, ob sie nicht lieber nach Berlin,
Baden-Württemberg oder nach Kalifornien gingen.
Baerbock warb für mehr Klimaschutz im Verkehr, schloss aber auch Autofahrer
mit ein und rief zu einer Elektrifizierungsoffensive auf. „Warum, zum
Teufel, sollten wir denjenigen vorenthalten, an moderner Technologie
teilhaben zu können, sauber und in Zukunft klimaneutral fahren zu können?“,
fragte sie. Die Grünen stimmten für den Ausbau von Schienen- und Radverkehr
sowie ein bundesweites 29-Euro-Ticket für Studierende, Azubis, Schülerinnen
und Schüler.
Baerbock machte sich bereits jetzt für Grünen-Landtagsfraktionschef
Benjamin Raschke als Co-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2024 stark.
„Ich glaube, Du bist der Beste, der uns in den nächsten Wahlkampf führen
kann“, sagte sie. Offiziell sollen die Spitzenkandidatin und der
Co-Spitzenkandidat allerdings erst im März 2024 bestimmt werden.
Raschke rief als Ziel bei der Landtagswahl ein „starkes zweistelliges
Ergebnis“ aus. Mit Blick auf die Koalitionspartner sagte er, die SPD
streite sich mit der CDU darum, wer auf dem Fahrersitz sitzen dürfe. „Ich
sage: Sollen sie – solange wir das Navi sind.“ Dafür erhielt er viel
Applaus.
Die neue Landeschefin Große Holtrup forderte vor ihrer Wahl eine
nachhaltige und soziale Verkehrswende, sozialen Klimaschutz und den Einsatz
für geflüchtete Menschen. „Wir werden auch nicht aufhören, unsere
Koalitionspartner damit zu nerven“, sagte die bisherige Fraktionsreferentin
für den RBB-Untersuchungsausschuss im Landtag. Für die Europawahl schlugen
die Brandenburger Grünen Viviane Triems und Sergej Lagodinsky vor.
## Keine Debatte über Rücktritt von Schmidt
Der erzwungene Rücktritt von Schmidt blieb ohne Debatte – die genauen
Gründe sind weiter offen. Pichl hatte Schmidt vorgeworfen, sie sei vor
allem in eigener Sache unterwegs gewesen. „Wir, der Landesvorstand, mussten
Entscheidungen treffen, die bei einigen von Euch zunächst für Unverständnis
gesorgt haben, die auch uns menschlich schwergefallen sind“, sagte Pichl am
Samstag. „Auch durch unsere Krisenkommunikation sind Missverständnisse
entstanden. Diese Missverständnisse bedauern wir.“
1 May 2023
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Die Grünen Brandenburg
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