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# taz.de -- Präsidentenwahl in Zypern: Christodoulidis setzt sich durch
> Der Karrierediplomat wird in den kommenden fünf Jahren die Insel
> regieren. Oberste Priorität sei die Vereinigung mit dem türkisch
> besetzten Norden.
Bild: Der frischgewählte, künftige Präsident Zyperns Nikos Christodoulidis i…
Athen taz | Das muss man erst einmal schaffen: Keine der beiden größten
Parteien des Landes unterstützte ihn, doch der Wähler sorgte letztlich für
eine komfortable Mehrheit. Nikos Christodoulidis, 49, früherer
Außenminister, ist neuer Präsident der Republik Zypern. In der Stichwahl am
Sonntag entfielen fast 52 Prozent der gültigen Stimmen auf den
konservativen Politiker.
Sein Widersacher Andreas Mavrogiannis, 66, wie Christodoulidis ein
Karrierediplomat, der von der auf Zypern traditionell starken linken
AKEL-Partei unterstützt wurde, vereinte etwa 48 Prozent der Stimmen auf
sich – durchaus ein Achtungserfolg. Christodoulidis' Sieg stand bereits gut
eine Stunde nach Schließung der Wahllokale fest. Die Wahlbeteiligung lag
bei etwas über 72 Prozent.
Christodoulidis wurde bereits am späten Sonntagabend in der Sporthalle
„Eleftheria“ („Freiheit“) in Zyperns Hauptstadt Nikosia von dem Wahllei…
offiziell zum Wahlsieger und damit Zyperns neuen Staatspräsidenten erklärt.
Hunderte seiner Anhänger, darunter seine Frau und vier Töchter, feierten
ihn ausgelassen mit Sprechchören. Sie schwenkten dabei neben der
zypriotischen auch die griechische Fahne sowie EU-Flaggen.
Christodoulidis tritt sein Amt offiziell am 1. März für die kommenden fünf
Jahre an. Er löst den ebenfalls konservativen Nikos Anastasiadis ab, der
seit 2013 das Präsidentenamt innehatte. Der Präsident der Republik Zypern
ist ein Alleinherrscher auf Zeit. Er ist Staatsoberhaupt und Regierungschef
in einer Person, zudem ernennt er die Minister.
## Versöhnliche Töne
In seiner Rede in der „Eleftheria“-Arena zog Christodoulidis einen
Schlussstrich unter den teils hitzig geführten Wahlkampf und zeigte sich
demonstrativ versöhnlich: „Ich werde Präsident aller Zyprioten sein.“ Sch…
bald werde er Gespräche mit allen Parteien auf Zypern führen.
Dabei ging Christodoulidis, den bei der Präsidentenwahl maßgeblich die vier
kleineren Parteien EDEK (sozialdemokratisch), DIKO (politisches Zentrum),
DIPA (liberal) sowie Solidarität (konservativ) unterstützten, ausführlich
auf seine alte Partei DISY ein und rief sie zu einer Zusammenarbeit auf.
[1][Hintergrund dabei ist], dass ihn DISY aus ihren Reihen ausgeschlossen
hatte, nachdem er angekündigt hatte, in Runde eins der Präsidentenwahl
unter anderem gegen den DISY-Chef Averof Neofytou anzutreten.
Nach dem vorzeitigen Scheitern von Neofytou, der in der ersten Runde der
Präsidentenwahl unter insgesamt 14 Kandidaten hinter Christodoulidis und
Mavrogiannis nur auf Platz drei landete, kündigte DISY an, sich fortan mit
der Oppositionsrolle zu begnügen. Für Christodoulidis ist dies jedoch kein
Grund dafür, als Staatspräsident nicht mit seiner alten Partei zu
kooperieren. Seine Anhänger finden das offensichtlich gut. Christodoulidis'
Gesprächsbereitschaft begrüßten sie in der Halle „Eleftheria“ mit lauten
DISY-Sprechchören.
Ferner wiederholte Christodoulidis die Eckpunkte seiner Politik für die
nächsten fünf Jahre. Er spricht sich für liberale Reformen aus, um so die
Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Wirtschaft zu steigern. Dazu zählten
mehr Transparenz sowie eine stärkere Digitalisierung der Staatsverwaltung.
Obendrein wolle er die auf Zypern grassierende Schattenwirtschaft
bekämpfen, wie er klarstellte. Christodoulidis beziffert diese auf 30
Prozent, gemessen an der offiziellen Wirtschaftsleistung. Sein Ziel sei es,
die Schattenwirtschaft in seiner Amtszeit „auf 15 Prozent zu halbieren“.
## Das wichtigste Thema ist die Teilung Zyperns
Entschlossen wolle er zudem gegen die „[2][irreguläre Migration]“ nach
Zypern vorgehen, wie er betonte. Unter seiner Führung werde Zypern zu einer
„unattraktiven Destination“ für irreguläre Migranten werden, so
Christodoulidis. Hintergrund dafür ist, dass zuletzt die Zahl der
Asylbewerber in der rund 900.000 Einwohner zählenden Republik Zypern
deutlich angestiegen ist.
Oberste Priorität habe für ihn jedoch die Überwindung der [3][Teilung der
Inselrepublik], wie Christodoulidis hervorhob. Die Republik Zypern, seit
Mai 2004 EU-Mitglied und seit 2008 in der Eurozone, ist seit der
völkerrechtswidrigen Invasion türkischer Truppen in den Norden der Insel im
Jahr 1974 de facto geteilt. Der Nordteil firmiert unter dem Namen Türkische
Republik Nordzypern, wird aber nur von der Türkei anerkannt.
Christodoulidis lehnt sowohl den Status quo als auch eine von der Türkei
forcierte [4][Zwei-Staaten-Lösung im Zypern-Konflikt] mit Vehemenz ab.
Erneut verurteilte er in scharfer Form [5][„die türkische Invasion“] und
fortgesetzte „Besatzung durch türkische Truppen“ im Inselnorden. Der Weg zu
einer Lösung in der Causa Zypern könne nur durch deren Beendigung geebnet
werden, unterstrich er. Beobachter rechnen nicht mit einer zeitnahen Lösung
der seit nunmehr 48 Jahren bestehenden Zypern-Frage. Seine erste
Auslandsreise wird Christodoulidis nach Athen führen.
13 Feb 2023
## LINKS
[1] /Praesidentschaftswahl-in-Zypern/!5915193
[2] /Seenotrettung-im-Mittelmeer/!5894799
[3] https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/planet-wissen-wdr/video-zyper…
[4] https://www.theguardian.com/world/2023/jan/28/cyprus-two-state-solution-ers…
[5] https://www.stern.de/panorama/schwarzer-tag-in-der-geschichte--als-die-tuer…
## AUTOREN
Ferry Batzoglou
## TAGS
Zypern
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