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# taz.de -- Die Wahrheit: Bounty mit Rosenkohl
> Wenn Süßwarenkonzerne so tun, als sei ihnen die Gesundheit ihrer
> Konsumenten wichtig, dann heißt es: Kübeln, was das Zeug hält.
Weihnachten ist die Zeit der Kübel. Jedenfalls in England. Zum einen
reihern die Inselbewohner nach dem übermäßigen Genuss warmen Bieres in sie
hinein, zum anderen schenken sie sich gegenseitig Kübel mit minderwertigen
Süßwaren. Englische Hersteller verstehen nichts von Schokolade, sie
produzieren nur entsetzliche Karieserreger. Und die kommen bunt gemischt in
Kübel mit irreführenden, aber wohlklingenden Namen wie „Celebrations“,
„Quality Street“ oder „Cadbury’s Heroes“.
Der Konkurrenzkampf ist hart, zumal die Regierung den Zuckerbomben wegen
fetter Kinder den Kampf ansagen will. Die Firma Mars Food UK stellt seit
1951 in England den Bounty-Riegel her. Eine Mini-Ausgabe davon ist im
Celebrations-Kübel enthalten – neben Schrumpfversionen von Snickers, Mars,
Galaxy, Maltesers und Milky Way.
So weit, so grässlich. Wie aber kann man sich einen Vorteil gegenüber der
ebenso zuckrigen Konkurrenz verschaffen? Mars hatte eine Idee: Das
Unternehmen machte eine Umfrage. Angeblich wollten 37 Prozent der Befragten
den Bounty-Riegel aus dem Celebrations-Kübel verbannen. Mars versprach, auf
sie zu hören und die 63 Prozent zu ignorieren, die sich als
Bounty-Liebhaber geoutet hatten.
## Wo bleibt die Meuterei?
Das rief einige publicitygeile Halbprominente auf den Plan, die sich
willfährig vor den PR-Karren spannen ließen. Ein Richard Osman twitterte
noch halbwegs lustig, diese Entscheidung verlange nach einer Meuterei. Der
Komiker Mark Watson überlegte öffentlich, wie der Plural von Bounty lautet:
Bounties oder Bountys?
Natürlich musste auch Piers Morgan seinen Senf dazu geben. Das sei eine
teuflische Entscheidung, Weihnachten sei ruiniert, tobte dieses besonders
unappetitliches Exemplar eines Journalisten. Mit Kübeln kennt er sich
allerdings aus. Morgan hatte zunächst für die kleinformatigen Schmutzkübel
des Medienzaren Rupert Murdoch gearbeitet, bevor er Chefredakteur beim
Daily Mirror wurde. In seine Amtszeit fiel der Abhörskandal, bei dem
Morgans Leute routinemäßig die Telefone von irgendwelchen Berühmtheiten
anzapften.
Die Reaktionen dieser Wichtigtuer auf das Bounty-Ende sind für Mars Gold
wert, denn damit erreicht man kostenlos ein Millionenpublikum. Obendrein
handelte es sich um Fake News: Das Unternehmen hat ein paar bountylose
Kübel nur an einem einzigen Tag in Supermarkt-Filialen in ein paar
englischen Kleinstädten angeboten. Voriges Jahr hatte sich Mars eine
ähnlich schlaue Kampagne ausgedacht. Ein Werbespot zeigte ein „einsames
Bounty auf der Suche nach Liebe“, die es schließlich bei einem ebenso
einsamen Rosenkohl fand. Drei Millionen Zuschauer waren gerührt.
Mögen die Morgans, Osmans und Watsons von Mars mit Celebrations-Kübeln
überhäuft werden, in die sie hineinkübeln können, nachdem sie das Zeug bis
auf den letzten Bounty-Riegel aufgefressen haben.
5 Dec 2022
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
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Süßigkeiten
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