# taz.de -- 41 Tote in der Türkei: Explosion in Kohlebergwerk | |
> In einer Grube kommen 41 Kumpel ums Leben. Die türkische Opposition | |
> kritisiert Sicherheitsmängel, der Präsident spricht von Schicksal. | |
Bild: Trauer in der Türkei | |
ISTANBUL dpa | Ein tödliches [1][Minenunglück] in der Türkei hat mindestens | |
41 Bergleute das Leben gekostet. „Wir sind als Nation sehr traurig“, sagte | |
der türkische Präsident [2][Recep Tayyip Erdogan] am Samstag. Der Unfall am | |
Freitag in der Schwarzmeer-Provinz Bartin rund 300 Kilometer nordöstlich | |
der Hauptstadt Ankara stellt einen der schwersten Industrieunfälle in der | |
jüngeren Geschichte des Landes dar. | |
Zahlreiche Kumpel waren in Folge einer Explosion in 300 Metern Tiefe in | |
einem Kohlebergwerk eingeschlossen oder getötet worden. Am Samstag war der | |
letzte Vermisste der insgesamt 110 Kumpel, die zum Zeitpunkt der Explosion | |
unter Tage waren, tot geborgen worden. Elf waren bei der Explosion gegen | |
18.15 Uhr (Ortszeit) verletzt worden, 58 Bergleute konnten nach Angaben von | |
Innenminister Süleyman Soylu gerettet werden. | |
Der Unfall ereignete sich mutmaßlich durch eine Grubengasexplosion, so | |
Energieminister Fatih Dönmez. Die Ermittlungen dazu liefen, so Erdogan. Den | |
Hinterbliebenen versprach der Präsident finanzielle Hilfe. | |
Die Anlage ist eine von fünf staatlich betriebenen Minen. Abgeordnete der | |
größte Oppositionspartei CHP kritisierte infolge des Vorfalls, Behörden | |
hätten einen Bericht des Rechnungshofs aus dem Jahr 2019 ignoriert, in dem | |
vor der Gefahr einer Grubengasexplosion durch hohe Methangaswerte in der | |
Mine gewarnt worden sei. | |
## „Nicht Schicksal, sondern Massaker“ | |
Erdogan sagte, „Wir glauben an Schicksal (…). Solche Unfälle werden immer | |
passieren, egal, was man tut“. Seiner Darstellung zufolge wurden in der | |
Mine die fortschrittlichsten Systeme eingesetzt. Die Zeitung „Birgün“ | |
titelte daraufhin: „Nicht Schicksal, sondern Massaker“. | |
Kumpel, die in der Mine arbeiteten, als sich der Unfall zutrug, berichteten | |
von schrecklichen Szenen: „Mit einer gewaltigen Explosion brach alles | |
zusammen, ich konnte gerade noch entkommen“, schilderte Minenarbeiter Aydin | |
Kalayci der staatsnahen Nachrichtenagentur Demirören Haber Ajansi. „Wir | |
schleppten die toten Körper unserer Kollegen“, sagte ein anderer Arbeiter. | |
Fernsehbilder zeigten einen geretteten Minenarbeiter, der sich weigerte, | |
ins Krankenhaus gebracht zu werden. „Lassen Sie mich, mir geht es gut, ich | |
will zurück“, sagte er und schloss sich nach kurzer Behandlung den | |
Rettungsteams an, wie Aufnahmen des Senders HaberTürk zeigten. Einige der | |
Schwerverletzten wurden in Krankenhäuser in Istanbul und Ankara gebracht, | |
wie staatliche Medien berichteten. | |
In den vergangenen Jahren gab es bereits mehrere schwere Minenunglücke in | |
dem Land, teils wegen mangelhafter Sicherheitsvorkehrungen. 2014 starben | |
bei einer Explosion in einer Kohlemine in der Provinz Manisa in der | |
Ägäis-Region insgesamt 301 Menschen. Auch damals geriet Erdogan, zu der | |
Zeit Premierminister, in die Kritik, nachdem er Minenunfälle als in der | |
Natur der Sache liegend bezeichnet hatte. | |
## Beileidsbekundungen aus Griechenland | |
Aus zahlreichen Ländern kamen Beileidsbekundungen über die Sozialen Medien. | |
Der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis etwa, der sich mit | |
Erdogan in jüngerer Zeit wegen diverser politischer Differenzen einen | |
harschen Schlagabtausch geliefert hatte, twitterte sein Beileid. | |
„Traurig, von der schrecklichen Minenexplosion und dem Verlust von | |
Menschenleben in der Provinz Bartin in der Türkiye zu hören. Griechenland | |
ist bereit, sofort Hilfe zu schicken, um bei der Suche nach Überlebenden zu | |
helfen.“ | |
16 Oct 2022 | |
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