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# taz.de -- Rishi Sunak ist neuer Premierminister: Er verspricht schwere Zeiten
> Großbritanniens neuer Premier will die „Fehler korrigieren“, die seine
> Vorgängerin Liz Truss gemacht habe. Die lobt sich indes selbst.
Bild: Kater Larry empfängt mit Rishi Sunak, seinen inzwischen fünften Premier…
London taz | Der jüngste Premierminister seit über 200 Jahren; der erste
Premierminister migrantischer Abstammung – an Superlativen mangelte es
nicht [1][bei der Amtseinführung von Rishi Sunak] als Regierungschef des
Vereinigten Königreiches am Dienstag. Der herbstliche Sonnenschein über der
Londoner Innenstadt wich am Vormittag düsteren grauen Wolken pünktlich zu
Sunaks Eintreffen im Buckingham Palace, wo der am Montag zum Chef der
regierenden Konservativen gekürte 42-Jährige von König Charles III. den
Auftrag zur Regierungsbildung entgegennahm. Direkt davor hatte seine
Vorgängerin Liz Truss beim König ihr Amt niedergelegt.
Das eingetrübte Wetter passte zum Image kommender schwerer Zeiten, [2][das
Rishi Sunak verbreitete], als er vor seinem neuen Amtssitz 10 Downing
Street gegen Mittag seine erste Ansprache als Premierminister hielt. Aus
der „tiefgreifenden wirtschaftlichen Herausforderung“, die Sunak am Montag
bei seiner ersten Rede als neuer Tory-Chef erkannt hatte, wurde da schon
eine „tiefgreifende wirtschaftliche Krise“. Der neue Premier würdigte seine
Vorgängerin, deren „nobles Ziel“ von mehr Wachstum richtig gewesen sei und
deren „Rastlosigkeit“ er im schönsten englischen Understatement
„bewundernswert“ nannte. „Aber es wurden einige Fehler gemacht“, fügte…
an. „Ich bin dafür gewählt worden, sie zu korrigieren, und diese Arbeit
beginnt unverzüglich.“
Das bedeute „schwierige Entscheidungen“. Aber er habe während der
Covid-19-Pandemie – damals entwarf Sunak als Finanzminister umfangreiche
Unterstützungsprogramme – bewiesen, dass er mit „Mitgefühl“ regiere. Das
werde er auch jetzt tun. „Wir werden eine Zukunft bauen, die der Opfer
würdig ist, die so viele gebracht haben“, versprach er. „Ich werde unser
Land vereinen, nicht mit Worten sondern mit Taten.“
Als erstes begann Sunak mit der Zusammensetzung seines Kabinetts, geprägt
von der Notwendigkeit, nichts falsch zu machen und möglichst wenige
Parteikollegen zu ärgern. Regierungsumbildungen in London sind ein
Spießrutenlaufen: Alle Betroffenen werden einzeln nach 10 Downing Street
einbestellt und gehen vor laufenden Kameras durch die schwarze Tür,
möglichst ohne etwas zu verraten, was gehobene Schauspielerkünste
erfordert.
## Truss lobte sich selbst
Jeremy Hunt, der zuletzt von Truss zur Absage ihres eigenen
Wirtschaftsprogramms berufene Finanzminister, wurde als erster auf seinem
Posten bestätigt, später auch Außenminister James Cleverly, ein Johnson-
und Truss-Unterstützer, und der allseits respektierte Verteidigungsminister
Ben Wallace.
Skepsis gegenüber seiner bisher nicht erkennbaren Außenpolitik hatte Sunak
in seiner Rede mit den Worten zu zerstreuen versucht, der „schreckliche
Krieg“ – in der Ukraine, was er nicht sagte – „muss erfolgreich zum
Abschluss gebracht werden“, was als Bekenntnis zu einem Sieg der Ukraine
verstanden werden darf.
Dominic Raab, vom rechten Flügel, kehrte auf sein altes Amt unter Boris
Johnson zurück: Justizminister und Vizepremier. Weitere Ernennungen ließen
am späten Nachmittag noch auf sich warten.
Liz Truss hatte vor ihrem eigenen formalen Rücktritt eine letzte Rede vor
der schwarzen Tür von 10 Downing Street gehalten, voller Selbstlob und
Mahnungen an ihren Nachfolger. „In einem nur kurzen Zeitraum hat diese
Regierung mit Dringlichkeit und entschlossen zugunsten hart arbeitender
Familien und Unternehmen gehandelt“, sagte die scheidende Regierungschefin:
„Nach meiner Zeit als Premierministerin bin ich überzeugter denn je, dass
wir mutig handeln und den Herausforderungen vor uns ins Auge sehen müssen.“
Das bedeute, Steuern zu senken, die Ukraine zu unterstützten und die
Landesverteidigung zu stärken, „den demokratischen Institutionen Macht
zurückzugeben“ und die Chancen des Brexit für mehr Freiheiten zu ergreifen.
Es waren lauter erhobene Zeigefinger für den neuen Premierminister, den der
rechte Tory-Flügel um Truss jetzt verdächtigt, Steuererhöhungen,
Ausgabenkürzungen, Unterordnung unter die Finanzmärkte und Absage an
Deregulierung zu verfolgen. „Ich weiß, dass bessere Tage kommen“, sagte
Truss, lächelte fröhlich und verschwand in ihrem Dienstwagen zur Fahrt zum
König.
Liz Truss brach während ihrer Abschiedsrede immer wieder in den Ansatz
eines amüsierten Lächeln aus – ihr Markenzeichen, das jetzt den Eindruck
vermittelte, sie merke nicht, was los sei. Rishi Sunak lächelte bei seiner
Antrittsrede kein einziges Mal.
25 Oct 2022
## LINKS
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[2] /Rishi-Sunak-in-Grossbritannien/!5887014
## AUTOREN
Dominic Johnson
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Vereinigtes Königreich
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