Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Konflikt im deutschen Volleyballverband: Folgenreiche Querelen
> Nach der erfolglosen Beachvolleyball-EM kündigt Cheftrainer Jürgen Wagner
> seinen Job. Er beklagt recht deutlich die Missstände im deutschen
> Verband.
Bild: Jürgen Wagner, Head of Beach, erfreut sich am Olympiasieg von Kira Walke…
Jürgen Wagner ist Westfale. Ein Mann, der das, was er zu sagen hat, sorgsam
abwägt, bevor er es ausspricht. Eine Persönlichkeit mit diesem
Selbstverständnis und dieser Vita lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe
bringen. Doch während der am Sonntag zu Ende gegangenen
Europameisterschaften der Beachvolleyballer saß Wagner, der 2012 [1][das
Duo Julius Brink und Jonas Reckermann] sowie vier Jahre später Laura Ludwig
und Kira Walkenhorst auf den olympischen Gipfel führte, auf einem Bänkchen
neben dem Spielerbereich am Münchner Königsplatz und rang nach den
richtigen Worten.
Der 66-Jährige will nicht mehr für den Deutschen Volleyball-Verband (DVV)
arbeiten, der den erfahrenen Coach vor zwei Jahren verpflichtet hatte, als
Head of Beach eine extra für ihn eingerichtete Stelle am Hamburger
Bundesstützpunkt mit Leben zu füllen. Für Beachvolleyball in Deutschland
sei Wagners Ausstieg „ein Verlust an Qualität, der nicht zu beziffern ist“,
sagt Brink, der seine Sportart inzwischen als Experte für diverse Medien
begleitet.
In einer Erklärung, die auf dem Portal volleyball.de verbreitet wurde,
spricht Wagner über eine Entscheidung, mit der er lange gerungen hatte: „In
den letzten Monaten hat sich bei mir immer mehr die Überzeugung verstärkt,
dass die Unterstützung für den Höchstleistungsbereich Beachvolleyball nicht
im Fokus des DVV liegt.“ Stein des Anstoßes war die Entmachtung von
Sportdirektor Niclas Hildebrand, der von seinem Arbeitgeber nach internen
Querelen freigestellt wurde.
Wagner und Hildebrand definierten sich als Team, das im konzeptionellen
Bereich eng verzahnt war. Nun, so Wagners Überzeugung, sehe er keine
Möglichkeit, hohe Ziele zu realisieren. „Aus meiner Sicht hat Niclas einen
hervorragenden Job gemacht, die Trennung ist nicht nachvollziehbar und eine
deutliche Schwächung unserer Sportart.“
## Weit von Medaillen entfernt
Die in der Vergangenheit [2][so erfolgsverwöhnte Sandabteilung] des
deutschen Volleyballs ist in der Krise. Dabei waren Svenja Müller und Cinja
Tillmann noch vor zwei Monaten gefeiert worden, als sie bei der WM in Rom
Bronze gewannen. Beim kontinentalen Gipfeltreffen in München schmetterten
die insgesamt neun Teams, die der Gastgeber ins Rennen schickte, weit an
einer Medaille vorbei. Für die in Europa mit Abstand erfolgreichste
Beachvolleyball-Nation bedeutet das eine desaströse Bilanz.
Es ist hypothetisch, aber dennoch naheliegend, die ernüchternde Performance
in ursächlichen Zusammenhang [3][mit dem desolaten Zustand eines
Dachverbandes] zu bringen, der sich gerade nach allen Regeln der Kunst
selbst zerlegt. Wagner hat das zumindest getan. Was das Timing der
Demission von Hildebrand betrifft, stellt er seinem mittlerweile ehemaligen
Arbeitgeber ein katastrophales Zeugnis aus. „Der Zeitpunkt der Beurlaubung
von Niclas war vom DVV super ungeschickt gewählt. Das zwischen WM und EM zu
machen, geht gar nicht. Spieler und Spielerinnen diskutieren darüber und
verlieren ihren Fokus.“ Namentlich gemeint sind bei der Wagner’schen
Generalabrechnung Verbandspräsident René Hecht und Julia Frauendorf, die
als hauptamtliches Vorstandsmitglied dafür sorgen soll, dass die
sportlichen Abläufe reibungslos funktionieren.
Stattdessen ist bei den Beachvolleyballern einiges im Argen. Wagner
bemängelt, es sei kontraproduktiv, die Arbeit des Sportdirektors auf die
Köpfe von Julia Frauendorf, Wagner selbst und die Bundestrainer
umzuverteilen, während der Mann, der die strategische Richtlinienkompetenz
haben sollte, bei vollen Bezügen zu Hause sitzt, Däumchen dreht und sich
ausrechnet, wie hoch seine Abfindung ausfallen könnte.
Die Außenwirkung, die Wagners Kündigung hinterlässt, ist verheerend. Ob und
in welcher Form Jürgen Wagner dem Sport erhalten bleibt, ließ er offen. In
der Vergangenheit wurden die großen deutschen Erfolge stets dann generiert,
wenn Athleten und ihr Umfeld eine sogenannte Insellösung wählten und sich
selbst aufstellten. Weitgehend unabhängig von einem Verband, dessen
Vermarktungsagentur pleitegegangen ist und der sich wieder einmal als wenig
kompetent erwiesen hat.
Das eigene Ding zu machen, könnte auch dieses Mal der Ausweg sein,
schließlich hat sich Olympiasiegerin Laura Ludwig vor Kurzem mit der
ehemals besten Hallenspielerin Louisa Lippmann zusammengetan, um mit ihr
nach Beendigung ihrer Babypause den Weg zu den Olympischen Spielen in Paris
anzutreten. In einer solchen Konstellation könnte der Stratege Wagner, der
beide Athletinnen bestens kennt, durchaus eine führende Rolle übernehmen.
24 Aug 2022
## LINKS
[1] /Olympia--Beachvolleyball/!5086826
[2] /Archiv-Suche/!5432714&s=beachvolleyball&SuchRahmen=Print/
[3] /Frauen-Team-beim-Beachvolleyball/!5404532
## AUTOREN
Felix Meininghaus
## TAGS
Beachvolleyball
Konflikt
Trainer
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Sexismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Beachvolleyball-Star Laura Ludwig: Abschiedstränen auf Sand
Beachvolleyballerin Laura Ludwig hatte ihr letztes internationales Spiel.
Olympiagold, Fanliebling, Mutter im Spitzensport: sie glänzte vielseitig.
Sexismus im Handball: Zehn Zentimeter Stoff
Norwegens Beachhandballerinnen haben gegen die Kleiderordnung protestiert
und dafür Strafen kassiert. Der Verband besteht auf Bikinihöschen.
Beachvolleyball in Deutschland: Am Zuschauer vorbeigespielt
Trotz des Titelgewinns von Laura Ludwig und Sara Goller bei der EM kränkelt
der ehemalige Trendsport in Deutschland. Und das liegt nicht allein am
Regenwetter.
Beachvolleyball: Auf dem Sprung nach Peking
Das Beachvolleyballduo Julius Brink und Christoph Dieckmann wird beim Grand
Slam am Hauptbahnhof vor heimischem Publikum nur Vierter. Die
Olympia-Teilnahme ist dennoch fast sicher.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.