| # taz.de -- Relegation um Bundesliga-Verbleib: Hertha soll auch mitgespielt hab… | |
| > Das erste Relegationsduell gewinnt der Hamburger SV verdient im Berliner | |
| > Olympiastadion. Hertha BSC passt sich schon mal dem Niveau in Liga zwei | |
| > an. | |
| Bild: Ein Bild des Jammers: Herthas Lucas Tousart (l.) im Modus der Verzweiflung | |
| Einbrechende Quoten, fehlender Wettbewerb, Gehälter jenseits jeder | |
| Vorstellungskraft und eine heraufziehende WM in Katar. Die Vereine haben | |
| Probleme, ihre Stadien zu füllen. Dem Fußball ging es schon einmal besser. | |
| Die große Unterhaltungsmaschine ist nach der Pandemie ordentlich ins | |
| Stocken geraten – und stemmt sich urplötzlich gegen das Verschwinden: Die | |
| Rückkehr der Bundesliga-Urgesteine Werder Bremen und Schalke 04, die | |
| starken Platzierungen von Union Berlin und des 1. FC Köln, Stuttgarts | |
| Rettung in letzter Sekunde und die magische Nacht von Sevilla, die | |
| Eintracht Frankfurt den Titel in der Europa League brachte. All das bewegte | |
| die Fans, bescherte den Anbietern dann doch wieder Topquoten und den Fans | |
| Erinnerungen für die Ewigkeit. | |
| Es war in den vergangenen Wochen kaum möglich, nicht in Emotionen zu | |
| ersaufen. Den Höhepunkt aus Bundesligasicht stellt nun also die Relegation | |
| zwischen [1][Hertha BSC] und dem Hamburger SV dar. Zwei abgestürzte | |
| Giganten, die Tradition atmen und seit langer Zeit mit den Quälgeistern des | |
| modernen Fußballs kämpfen. Die Berliner und auch die Hamburger hatten erst | |
| Geld an die Wand geworfen und sich, als das viele Geld nicht kleben blieb, | |
| in die Hände eines Investors begeben müssen. | |
| Auf der einen Seite [2][der erratische Lars Windhorst], auf der anderen der | |
| Logistikbaron Klaus-Michael Kühne, der mit einem Jahrzehnt Vorsprung vor | |
| seinem Hertha-Investorenfreund den HSV über den Abgrund gestoßen hatte. | |
| Mühsam haben sich die Rothosen über triste Zweitligajahre retten können und | |
| dank einer Siegesserie zum Saisonende erst mal für die Relegation | |
| qualifizieren können. | |
| Hertha steht der Sturz und die Wiederauferstehung noch bevor. Trotz einer | |
| Finanzspritze von 374 Millionen war es Hertha ja gelungen, in den letzten | |
| Spielzeiten immer noch schlechter zu werden. Unzählige Trainer wurden | |
| verschlissen, das sportliche Siechtum schritt voran, auch nach dem Ende von | |
| Sportdirektor Michael Preetz und der baldigen Ankunft Fred Bobics. Der | |
| hatte Frankfurt und den Erfolg hinter sich gelassen, um näher an seiner | |
| Familie zu sein. | |
| ## Schmieden von Umsturzplänen | |
| Das Olympiastadion war längst vorbereitet fürs DFB-Pokalfinale. Die | |
| Zusatztribüne thronte über dem Marathontor und war wie ein großer Teil der | |
| Westkurve von Hamburger Fans besetzt. Die hatten das chaotische Ticketing | |
| der Hertha ausgenutzt. Hertha war offenbar von der Teilnahme an der | |
| Relegation überrascht worden. Anders ließ sich das Versagen im Vorverkauf | |
| nicht erklären. Einige Anhänger des Klubs aus dem Westend sprachen auch | |
| gleich von einem revolutionären Moment, schmiedeten Umsturzpläne. Wie das | |
| so ist, wenn etwas so Kostbares wie der eigene Klub zerfällt. | |
| All das aber zählte nicht mehr mit Anstoß des ersten Relegationsspiels. | |
| Das Olympiastadion wurde zu dem Stadion, was es sein kann und so selten | |
| ist: zur wohl stimmungsvollsten Arena des Landes. Auf beiden Seiten sangen | |
| die Fans ihre Lieder und ließen sich in der Anfangsphase nur durch einige | |
| Fouls aus dem Konzept bringen. Beide Mannschaften benötigten Zeit, viel | |
| Zeit, um in dieses Spiel hinein zu finden. In der ersten Halbzeit sorgte | |
| allenfalls der VAR für Aufregung, der einmal gegen Hamburg und einmal gegen | |
| Hertha entschied. Kein Elfmeter – und kein Tor: Das nach Belfodils | |
| Kopfballtreffer in der 45. Minute, der mit einem erlösenden Schrei derer | |
| begleitet wurde, die es an diesem Abend mit dem Hauptstadtklub hielten. | |
| Doch während Belfodil den Rasen küsste, verstummte das Stadion. Eine | |
| Fußspitze entschied über Herthas Schicksal, zumindest an diesem | |
| Donnerstagabend. Der VAR trat erneut als Dieb in Erscheinung, der dem | |
| Stadiongänger den Moment der Ekstase raubt und von dem später alle sagen, | |
| dass er doch korrekt gehandelt habe. Er raubt dem Spiel stets das | |
| Unmittelbare, ersetzt es durch das Kalkulierte. | |
| Wie es so ist, wenn nichts kalkuliert ist, zeigte HSV-Mittelfeldmann | |
| Ludovit Reis in der zweiten Halbzeit, in der Hamburg wie ein Erstligist und | |
| Hertha wie ein Zweitligist spielte. Von der linken Seite schaufelte er | |
| einen Ball über den Berliner Torwartdebütanten Oliver Christensen. Geplant? | |
| „Ein Tor ist ein Tor“, erklärte Torschütze Reis auf Englisch und fügte a… | |
| Deutsch hinzu: „Immer weiter!“ Und Felix Magath sprach schon in der | |
| Vergangenheit: „Wir haben die ganze Saison in der ersten Liga gespielt, der | |
| HSV in der zweiten. Wir müssen uns am Montag steigern, dass es so bleibt.“ | |
| 20 May 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stephan Uersfeld | |
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