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# taz.de -- Tatkomplex Bergisch-Gladbach: Polizei legt Bilanz vor
> Im Herbst 2019 deckten Ermittler:innen ein Netz von Männern auf, die
> Kindern sexualisierte Gewalt antaten. 65 Kinder wurden seitdem befreit.
Bild: Michael Esser, Leiter der Ermittlungsgruppe „Berg“, bei einer Pressek…
Köln dpa | Die Kölner Ermittler im Tatkomplex Bergisch Gladbach haben in
den vergangenen Jahren insgesamt 65 Kinder aus der Gewalt von Tätern
befreit. Das geht aus einer Bilanz der Polizei-Ermittlungsgruppe „Berg“
hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Das jüngste Kind, das aus
einer Missbrauchssituation befreit wurde, sei nur drei Monate alt gewesen.
Seine Mitarbeiter:innen hätten „enormes Leid“ gesehen, gehört und
dokumentiert, sagte Ermittlungsgruppe-Leiter Michael Esser.
Die „Besondere Aufbauorganisation Berg“ (BAO Berg) der Kölner Polizei war
im Herbst 2019 eingerichtet worden. Im Haus [1][eines Familienvaters in
Bergisch Gladbach] hatten Ermittler:innen damals riesige Mengen
Missbrauchsdarstellungen gefunden. In der Folge stießen sie auf ein weit
verzweigtes Geflecht von Verdächtigen, die sich im Netz über sexualisierte
Gewalt gegen Kinder austauschten. Nach vielen Durchsuchungen, Festnahmen
und Verurteilungen wird die Ermittlungsgruppe nun aufgelöst.
Das Fazit: 439 Tatverdächtige konnten identifiziert werden. Bundesweit gab
es 27 Festnahmen, davon 13 in Nordrhein-Westfalen. Was Verurteilungen
angeht, fehlen zwar deutschlandweite Zahlen, aber die Daten aus NRW deuten
an, um welche Schwere der Taten es ging: In mehreren Verfahren, die die
sogenannten Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW führte, wurden
zusammengerechnet mehr als 80 Jahre Freiheitsstrafe verhängt. Auch der Mann
aus Bergisch Gladbach, der seiner eigene Tochter schwere Gewalt angetan
hatte, wurde 2020 zu einer zwölfjährigen Freiheitsstrafe und Unterbringung
in Sicherungsverwahrung verurteilt.
Was die Zahlen zugleich kaum illustrieren können: Die Abgründe, die hinter
jedem einzelnen Fall stecken. Er habe in seiner Karriere schon viel Leid
gesehen, sagte Kölns Polizeipräsident Uwe Jacob. „Aber das, was wir hier
aufgedeckt haben, das sprengt alle Maßstäbe.“ Die beachtliche Bilanz der
Ermittlungen sei kein Grund zum Feiern. „Dafür ist das Leid, das wir hier
aufgedeckt haben, viel zu groß.“
## Viele Daten noch nicht ausgewertet
Man könne nicht davon reden, dass sexualisierte Gewalt gegen Kinder ein
Verbrechen vom Rand der Gesellschaft sei, sagte Esser. „Wir haben
Tatverdächtige aus allen Gesellschaftsschichten“, sagte er. Darunter seien
Leute, die von außen betrachtet ein völlig normales Leben geführt hätten:
„Die gingen ganz normal ihrer Arbeit nach.“ In den meisten Fällen hätten
die Ehefrauen keine Vorahnung gehabt, was mit ihren Kindern passiere.
Die noch verbliebenen, belastbaren Spuren der Ermittlungsgruppe sollen nun
auf anderen Ebenen weiter verfolgt werden – in diesen Fällen erwartet die
Kölner Polizei aber nicht mehr das Aufdecken akuter Taten.
Die Menge der Daten, auf der die Kölner Ermittler:innen nun sitzen, ist
gleichwohl riesig. Durch die Auswertung gefundener Datenträger waren sie
nach eigenen Angaben auf Spuren gestoßen, die [2][in der Theorie zu mehr
als 30.000 Verdächtigen führen könnten]. Da sie sich in Foren, Gruppenchats
und in Messengerdiensten aber hinter Pseudonymen verbergen, ist die
Identifizierung extrem schwierig. Dass am Ende 30.000 Anklagen erhoben
würden, galt wegen der technischen und rechtlichen Gegebenheiten als
utopisch.
Insgesamt stellte die BAO Berg rund 4.700 Datenträger sicher. „Um es mal
ganz platt zu sagen: Die Keller hier im Polizeipräsidium sind voll mit
sichergestellten Festplatten, Computern und Handys“, sagte Polizeipräsident
Jacob. Sie bedürften alle noch der Auswertung.
12 Jan 2022
## LINKS
[1] /Paedophilie-Komplex-Bergisch-Gladbach/!5707578
[2] /Missbrauchskomplex-Bergisch-Gladbach/!5697556
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