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# taz.de -- Siegel für faire Textilien: Siegel drauf: Der Knopf wird grüner
> Mehr soziale und ökologische Qualität – das fordert das
> Entwicklungsministerium von beteiligten Firmen. Aber es gibt auch Kritik.
Bild: Knopf ohne Jim
Berlin taz | Weniger gefährliche Chemikalien, höhere Löhne: Das staatliche
Textilsiegel „Grüner Knopf“ soll bald mehr ökologische und soziale Qualit…
bieten. Viele Kleider, Jeans oder Hoodies, die es in hiesigen Geschäften zu
kaufen gibt, müssen dann nach diesen strengeren Regeln gefertigt werden.
Das kündigte das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) an, das den Grünen
Knopf steuert.
Gisela Burckhardt von der Arbeitsrechte-Organisation [1][Femnet] hält
dagegen. Sie kritisiert: „Der Grüne Knopf 2.0 garantiert den
Verbraucherinnen und Verbrauchern keine wesentlichen Verbesserungen in der
Lieferkette.“
Das Siegel gibt es jetzt seit zwei Jahren. Entwicklungsminister Gerd Müller
(CSU) hat es vorangetrieben, um die Arbeits- und Umweltbedingungen in der
weltweiten Textilproduktion zu verbessern. Rund 80 Unternehmen zeichnen
Produkte mittlerweile mit dem Grünen Knopf (GK) aus, darunter Aldi, Esprit,
Jack Wolfskin, Lidl, Rewe und Tchibo. Wichtige Ketten wie H&M fehlen. Der
Marktanteil von GK-Produkten dürfte hierzulande unter 2 Prozent liegen.
Teilnehmende Firmen müssen 20 Kriterien auf Unternehmensebene einhalten.
Dazu gehört, dass sie Risiken für die Menschenrechte der Beschäftigten in
ihren Lieferketten verringern und einen Beschwerdemechanismus anbieten,
damit sich Arbeiterinnen und Arbeiter aus dem Ausland in der Firmenzentrale
Gehör verschaffen können. Zusätzlich gibt es 26 Kriterien, die die Produkte
erfüllen müssen, die den Grünen Knopf tragen. Dabei ist beispielsweise
wichtig, dass bestimmte gefährliche Chemikalien nicht verwendet oder
Mindestlöhne gezahlt werden.
## Verschärfte Anforderungen
Die Weiterentwicklung des Urspungskonzepts zum Grünen Knopf 2.0 war von
Anfang an geplant. In den vergangenen Monaten fand ein Konsultationsprozess
statt, an dem Unternehmen und zivilgesellschaftliche Organisationen
teilnahmen. Neu ist jetzt beispielsweise, dass die Anforderungen für die
Verwendung bestimmter Chemie- und Pflanzenfasern verschärft werden. So
sollen GK-Produkte keine Angorahaare von Ziegen und Kaninchen mehr
enthalten, weil damit Tierquälerei verbunden sein kann. Auch „bestimmte
Fluor- oder Acrylfasern sind dann wegen ihrer umweltschädlichen Wirkung
ausgeschlossen“, sagte BMZ-Abteilungsleiter Michael Krake. Das gelte ebenso
für genveränderte Baumwolle. Kritische Organisationen wie Femnet, Südwind
und Inkota bemängeln die neuen Faserkriterien als nicht weitreichend genug.
Sie kritisieren außerdem, dass nicht die gesamte Lieferkette erfasst sei,
sondern nach wie vor nur die beiden letzten Produktionsstufen des Nähens
und Färbens der Kleidungsstücke. Das BMZ weist diese Kritik zurück. Durch
die ausgeweiteten Faserkriterien würden nun beispielsweise auch der Anbau
der Baumwolle stärker reguliert und etwa Kinderarbeit auf den Feldern
wirkungsvoller ausgeschlossen. Die Auseinandersetzung dreht sich zudem um
die Verdienste, die die Zulieferfirmen ihren Beschäftigten zahlen.
Krake: „Ein Fortschritt beim Grünen Knopf 2.0 im Vergleich zur ersten
Version wird darin bestehen, dass die Unternehmen innerhalb von zwei Jahren
eine Strategie erarbeiten müssen, um existenzsichernde Löhne in den
Zulieferfabriken umzusetzen.“ Diese Existenzlöhne liegen höher als die oft
zu niedrigen staatlichen Mindestlöhne in Ländern wie Bangladesch oder
Kambodscha. „Eine solche Strategie wird ganz konkrete Schritte zur
Umsetzung enthalten“, so Krake.
## Keine Mindestfortschritte
Femnet-Aktivistin Burckhardt war dagegen skeptisch: „Die
Unternehmenskriterien verlangen nur Fortschritte bei der Umsetzung einer
allgemeinen Unternehmensstrategie für Lohnerhöhungen, aber keine
Mindestfortschritte in Form von tatsächlich höheren Löhnen für
Arbeiterinnen und Arbeiter.“ Sie befürchtete, dass die hiesigen Firmen an
ihren theoretischen Plänen gemessen werden, nicht aber an der konkreten
Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Fabriken.
Viele kritische Anmerkungen zum Entwurf der neuen Konzeption machte auch
der Beirat des Grünen Knopfes, dem unter anderem Michael Windfuhr vom
[2][Deutschen Institut für Menschenrechte] angehört. In einigen Bereichen
sah er aber auch Fortschritte. Wahrscheinlich noch in diesem November wird
das BMZ den neuen Kriterienkatalog billigen. In der zweiten Hälfte 2022
können dann die ersten Produkte nach GK 2.0 in den Geschäften hängen.
7 Nov 2021
## LINKS
[1] https://femnet.de/
[2] https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Textilproduktion
Textilbranche
Klimakommission
Textilindustrie
Fairer Handel
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