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# taz.de -- äthiopien: Die Wahrheit schreiben ist unerwünscht
Aus Addis Abeba Ilona Eveleens
Im Krieg ist die Wahrheit immer das erste Opfer. In der äthiopischen Region
Tigray stehen Meldungen der äthiopischen Regierung und der TPLF diametral
gegeneinander. Also glauben die Menschen, was ihre Seite erzählt. Und wenn
äthiopische Journalisten berichten, was sie hörten und sahen, und es den
Behörden nicht gefällt, werden sie eingesperrt.
Seit Kriegsbeginn in Tigray im November 2020 wurden Dutzende äthiopische
Journalisten festgenommen. Allein am 30. Juni traf es in Addis Abeba 12
Journalisten des unabhängigen Senders Awlo Media. Ein Polizeisprecher
sagte, dass „die Journalisten nicht wegen ihres Berufes verhaftet wurden,
sondern wegen ihrer Verbindungen zu einer vom Parlament verbotenen
Terrorgruppe“. Damit meinte er die TPLF – die ehemalige Regierungspartei,
die jetzt als Guerilla Äthiopiens Armee aus der Region Tigray vertrieben
hat.
Andere flohen, wie die 29-jährige Lucy Kassa. „Ich bin traurig und
verwirrt. Ich wurde wie eine Kriminelle behandelt, während ich nur meinen
Job machte“, erzählt sie der taz am Telefon. Sie verließ Äthiopien, nachdem
sie bei einer Razzia in ihrem Haus in Addis Abeba von Sicherheitskräften
mit dem Tod bedroht worden war. Ihr Verbrechen war, über
Menschenrechtsverletzungen im Krieg in Tigray zu berichten. Zunächst floh
sie nach Kenia, wurde aber auch dort vom äthiopischen Sicherheitsdienst
bedroht. Schließlich landete sie in Europa.
Als der Krieg anfing, ging sie nach Tigray und berichtete, wie andere
Journalisten auch, über Hinrichtungen von Zivilisten, Vergewaltigungen von
Frauen, Plünderungen von Krankenhäusern. Die Razzia in ihrem Haus fand
statt, kurz bevor ihre Recherche über die Gruppenvergewaltigung von Frauen
in Tigray durch äthiopische Soldaten erschien.
„Es war staatlich geförderte systematische Vergewaltigung“, sagt Lucy
Kassa. „Ich war fassungslos von den Geschichten über die Gräueltaten.
Frauen, denen glühende Eisenstäbe in die Vagina gepresst wurden. Es ist ein
Krieg zwischen den Truppen der Bundesregierung und denen der
Regionalregierung. Die Bevölkerung darf nicht das Opfer werden.“
Die Journalistin weist darauf hin, dass auch Tigrayer litten unter der
harten Hand der TPLF, die äthiopische Regierung dominierte, bevor Abiy 2018
an die Macht kam. „Wie kann man die Menschen jetzt wieder bestrafen?“
7 Jul 2021
## AUTOREN
Ilona Eveleens
## TAGS
Äthiopien
Abiy Ahmed
Tigray
Schwerpunkt Pressefreiheit
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