# taz.de -- Diversität bei der CIA: Ein Dienst für das 21. Jahrhundert | |
> Warum nicht die erreichte Diversität in der Behörde mal als Werbemittel | |
> benutzen? Für diese Kampagne wurde die CIA viel kritisiert. | |
Bild: Ein CIA-Oldschool-Auftritt im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet | |
Hurra! Die CIA ist – mit 20 Jahren Verspätung – endlich im 21. Jahrhundert | |
angekommen! Für diese These gibt es untrügliche Belege, über die eine | |
heftige Debatte in US-amerikanischen Medien ausgebrochen ist. In Videos, | |
die MitarbeiterInnen vorstellen und sich sprachlich an die | |
Diversitätsdebatte anbiedern, stellt sich die CIA als modern und | |
aufgeschlossen für laufende gesellschaftliche Trends dar. Konservative | |
Politiker wie der texanische Senator Ted Cruz fragen kopfschüttelnd, ob man | |
glaube, mit so etwas Chinas Kommunisten, den Mullahs im Iran oder Kim | |
Jong-Un Angst machen zu können. | |
Vorbei sind die Zeiten, in denen der US-Auslandsgeheimdienst aus Männern in | |
Trenchcoats und Schlapphüten bestand, in denen er vergiftete Zigarren an | |
ungeliebte Nachbarn verschickte – wie 1960 an Fidel Castro in Kuba -, oder | |
chilenische Putschisten 1973 mit im Diplomatengepäck versteckten | |
Maschinenpistolen versorgte, damit sie den loyal zu Allende und der | |
Verfassung stehenden Militärchef René Schneider ermorden. Auch die Ära, | |
i[1][n denen die CIA gefangene Islamisten an unbekannte Orte verschleppte], | |
um sie dort foltern zu lassen, wurde schon von Barack Obama beendet. | |
Unter Donald Trump gab es dann einen kleinen Rückfall, als er Gina Haspel | |
2018 zur CIA-Direktorin berief. Sie hatte ein geheimes Gefängnis in | |
Thailand geleitet, in dem 2002 zwei mutmaßlich führende Al-Qaida-Leute dem | |
Waterboarding unterzogen wurden, aber das wurde für sie nicht zum | |
Karrierehindernis. Es schadete ihr nicht einmal, dass herauskam, dass sie | |
die Videos der Folterverhöre vernichten ließ. | |
Gina Haspel wurde inzwischen von der Juristin Avril Haines an der Spitze | |
der CIA abgelöst. Zum zweiten Mal leitet damit eine Frau den Geheimdienst. | |
Aber das allein reicht natürlich nicht aus, um den gründlich ramponierten | |
Ruf einer Institution zu retten. Haines haftet der Umstand an, dass sie | |
zwar 2013 Regeln für den restriktiveren [2][Einsatz von Drohnen] in | |
Pakistan und im Jemen ausarbeiten half, [3][aber weiterhin Zivilisten durch | |
diese Kriegshandlungen getötet werden]. | |
## CIA-Reputationsmanagement | |
Wenn Ölfirmen, Autohersteller oder Lebensmittelkonzerne in Misskredit | |
geraten und in der Folge ihre Verkaufszahlen und Aktienkurse abstürzen, ist | |
dies ein Fall für die SpezialistInnen für Reputationsmanagement. Mit | |
medialen Imagekampagnen, vielleicht sogar einem neuen Namen, werden | |
Unternehmen dann neu erfunden. Das hat man nun offenbar auch bei der CIA | |
versucht. | |
Kronzeugin für die „neue“ CIA ist [4][Miya, eine 36-jährige Latina, die in | |
der Youtube-Serie „Humans of CIA“ durch ihren Arbeitsplatz führt.] Sie | |
trägt ein schwarzes T-Shirt mit dem Venussymbol und einer geballten Faust | |
darin und präsentiert sich als moderne Immigrantin, die allein aufgrund | |
ihrer Fähigkeiten für diesen Job ausgewählt wurde. Sie sei „ein | |
Cisgender-Millenial, bei der eine allgemeine Angststörung dagnostiziert | |
wurde“. Sie weigere sich, „falsche patriarchale Ideen über das, was Frauen | |
sein können oder sollten“, zu akzeptieren. | |
Mit bisher 256.000 Aufrufen übertrifft Miyas Testimonial die übrigen Folgen | |
der Serie um das Zehnfache. Selbst der freundliche schwarze Blindenhund | |
einer Mitarbeiterin des Empfangs, deren Jacke ein Herz in Regenbogenfarben | |
und der Spruch „Love is Love“ ziert, lockte nur knapp 19.000 Zugriffe. | |
Vielleicht hat da auch Fox News geholfen, wo Miyas Video als | |
„propagandistischer Müll“ und als Indiz für die linksliberale Übernahme … | |
Landes bewertet wurde. | |
Ein ehemaliger CIA-Agent verteidigt die Kampagne. „Diversität ist ein | |
operationeller Vorteil, ganz einfach.“ Aber nicht alle sind überzeugt, dass | |
der Imagewechsel echt sein kann. Die Journalistin Rania Khaled wird in | |
Newsweek mit den Worten zitiert: „Ich komme immer noch nicht über dieses | |
Video hinweg… woke Identitätspolitik wird offiziell von dem | |
zerstörerischsten Geheimdienst der Welt kooptiert.“ Wenn es nach Trump-Fan | |
Ted Cruz geht, darf sich bei der CIA ohnehin nichts ändern: „Ich finde, | |
dass CIA-Agenten fiese Kerle („bad-asses“) sein sollten und nicht woke | |
zarte Blümchen, die geschützte Räume brauchen“, [5][twitterte er.] | |
7 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Staffelfinale-von-TV-Serie-Homeland/!5676824 | |
[2] /US-Drohnenangriffe/!5114359 | |
[3] https://www.thebureauinvestigates.com/stories/2013-11-26/new-analysis-quest… | |
[4] https://www.youtube.com/watch?v=X55JPbAMc9g | |
[5] https://twitter.com/tedcruz/status/1389695178198425606 | |
## AUTOREN | |
Stefan Schaaf | |
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