# taz.de -- Argentiniens neues Abtreibungsgesetz: Mutige Entscheidung | |
> Auch den Abtreibungsgegner*innen mag es um eine humanere Gesellschaft | |
> gehen. Die darf aber nicht nur den Frauen aufgebürdet werden. | |
Bild: Keine Frau, die ihre Schwangerschaft nicht will, sollte in die Illegalit�… | |
Man möchte der Mitte-links-Regierung Fernández in Argentinien zu ihrem Mut | |
gratulieren. Im zweitgrößten Land Südamerikas tritt nun ein Gesetz in | |
Kraft, das es Frauen ermöglicht, bis zur 14. Schwangerschaftswoche | |
abzutreiben – bei Übernahme der Arztkosten, was nicht unerheblich ist. Denn | |
nicht nur restriktive Gesetze, auch finanzielle Schwierigkeiten zwingen | |
jährlich zehntausende vor allem ärmere Frauen dazu, Abtreibungen illegal | |
und unter prekären Umständen vornehmen zu lassen. Somit rettet das [1][von | |
der grünen Bewegung hart erkämpfte Gesetz] vielen Frauen nicht nur | |
Gesundheit und Leben. Es bewahrt sie auch vor dem Gefängnis. | |
Mutig war es trotzdem, denn im katholisch geprägten Argentinien ist die | |
Mehrheit für das neue Gesetz so eindeutig nicht. Die Regierung verprellt | |
damit rund 50 Prozent der Bevölkerung. Grund genug, sich frei von | |
ideologischer Empörung mit einigen Argumenten auseinanderzusetzen. | |
Argentinien ist wie kein anderes Land Lateinamerikas von jeher gespalten in | |
eine eher liberale Stadtbevökerung und in eine konservativ-katholische | |
Landbevölkerung. Für viele Gegner*innen des Abtreibungsgesetzes | |
[2][besteht die grüne Bewegung] aus privilegierten Mittel- und | |
Oberschichtsangehörigen, die aus egoistischen Motiven handeln und den | |
Willen der Landbevölkerung gering schätzen. | |
Die Realität zeigt aber, dass es vor allem arme Frauen vom Land sind, die | |
bei einer ungewollten Schwangerschaft zu illegalen Methoden greifen müssen. | |
Andere beklagen in christlicher Tradition, dass das Recht auf Abtreibung | |
die Integration behinderter Menschen torpedieren würde. Der Verdacht: | |
Frauen, die ein Kind mit Behinderung nicht austragen wollten, selektierten | |
lebenswertes und lebensunwertes Leben. | |
Man mag den Gegner*innen der Wahlfreiheit zugutehalten, dass es ihnen | |
teils auch um eine humanere, empathischere Gesellschaft geht. Doch genau | |
dieses Projekt darf nicht immer wieder allein den Frauen aufgebürdet | |
werden. Das zu verlangen ist ebenso inhuman, empathielos und letztlich | |
unchristlich. | |
24 Jan 2021 | |
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## AUTOREN | |
Sunny Riedel | |
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