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# taz.de -- Ein Prediger im American Football: Houston hat ein Problem
> Die Houston Texans haben einen Prediger als Charakter-Coach eingestellt.
> Der hat jetzt viel Macht, und dem NFL-Klub laufen die Leute weg.
Bild: Ausgeworfen: Texans Quarterback Deshaun Watson will den Klub verlassen
Nun hat also auch noch J. J. Watt die Schnauze voll. Die Football-Welt mag
gerade nach Florida blicken, wo am Sonntag die Superbowl zwischen den Tampa
Bay Buccaneers und den Kansas City Chiefs stattfindet, aber zumindest ein,
zwei Tage lang macht der gefürchtete Defensivspezialist der Houston Texans
die größeren Schlagzeilen.
Ausgerechnet Watt, einer der respektiertesten Profis der NFL und das
Gesicht der Texans, soll keine Lust mehr haben, für den Klub zu spielen,
dessen Publikumsliebling er seit zehn Jahren ist. Der 31-Jährige, so
berichten es immer mehr Quellen, will weg aus Texas. Nun wird schon
spekuliert, ob es demnächst zur großen Familienzusammenführung kommt und J.
J. zu den Pittsburgh Steelers wechselt, wo bereits seine beiden jüngeren
Brüder T. J. und Derek spielen.
Der potenzielle Abgang von Watts ist ein weiteres Zeichen dafür, was längst
ein offenes Geheimnis ist in der NFL: In Houston herrscht Chaos. Hinter den
Kulissen findet ein Machtkampf statt, der von den Spielern intern, so
berichtete es [1][Sport Illustrated] schon vor Wochen, mit der TV-Serie
„Game of Thrones“ verglichen wird.
So groß ist der Unmut, dass den Texans nicht nur Watts, sondern auch ihr
wichtigster Spieler abhanden zu kommen droht: Der junge Quarterback
[2][DeShaun Watson], einer der talentiertesten Spielmacher in der NFL, der
eigentlich als die Zukunft der Texans gilt, hat nun verlangt, zu einem
anderen Klub wechseln zu können.
## Mischung aus Fernsehprediger und „Kleinfinger“
Der Grund für die texanischen Turbulenzen soll Jake Easterby sein. Der
37-jährige Glatzkopf ist eine polarisierende Figur. Es gibt Menschen in der
NFL, die ihn für einen ebenso gutherzigen wie charismatischen
Kommunikationsexperten halten, der das Zeug dazu hat, einem am Boden
liegenden Verein eine neue Erfolgskultur einzuimpfen. Andere dagegen
meinen, Easterby sei ein skrupelloser Intrigant, der um jeden Preis ganz
nach oben will. Einer seiner Mitarbeiter bei den Texans, der natürlich
anonym bleiben wollte, verglich ihn mit einer Mischung aus einem
TV-Prediger und Petyr „Kleinfinger“ Baelish, dem hinterhältigen
Strippenzieher aus „Game of Thrones“.
Tatsächlich ist der christliche Glaube wesentlich für den erstaunlichen
Aufstieg des Jake Easterby. Seinen ersten Job im Spitzensport bekam er als
Mannschaftsgeistlicher, eine Art christlicher Ombudsmann, beim
Basketballteam der University of South Carolina. Ähnliche Aufgaben betreute
er dann später in der NFL für die Kansas City Chiefs und die New England
Patriots – bis ihn 2019 der streng gläubige Texans-Eigentümer Cal McNair
nach Houston holte.
Offiziell eingestellt als „Charakter-Coach“ legte Easterby innerhalb
weniger Monate einen ebenso rasanten wie ungewöhnlichen Aufstieg hin. Er
war gerade mal zwei Monate bei den Texans, da wurde der Manager des Klubs
gefeuert, die geschätzte Chefin der PR-Abteilung musste ebenso gehen wie
andere langgediente Klub-Angestellte. Im vergangenen Herbst schließlich
wurde auch Cheftrainer Bill O’Brien entlassen – und Easterby war mit
Rückendeckung seines Glaubensbruders McNair endgültig der starke Mann in
Houston und zum Interimsmanager ernannt.
Ein Manager, der keinerlei Erfahrung mit den sportlichen und geschäftlichen
Aspekten von Football hat. Seinen Lebenslauf hat Easterby wohl geschönt,
aus einem Praktikum wurde im Laufe der Jahre ein mittlerer
Managementposten. Viele seiner Entscheidungen bei den Texans stellten sich
als katastrophal heraus. So wurde der überragende Starpassempfänger DeAndre
Hopkins auf Betreiben von Easterby abgegeben, ohne dass die Texans im
Gegenzug adäquaten Ersatz bekamen. Ebenso soll er verantwortlich sein für
ein gegen Ligaregeln durchgeführtes Trainingsprogramm, das im vergangenen
Sommer zu einem Covid-19-Ausbruch in der Mannschaft führte.
Mittlerweile hat Eigentümer McNair einen neuen Manager und einen neuen
Chefcoach angeheuert, aber immer noch ist der eloquente Easterby, auch ohne
offiziell einen hohen Posten im Klub zu bekleiden, sein engster Vertrauter.
Gute Verbindungen zu Easterby und nicht zuletzt Gottesfürchtigkeit scheinen
bei den Texans wichtigere Kriterien für eine Einstellung zu sein als die
nötigen Qualifikationen. Und Spieler gaben anonym zu Protokoll, dass
Misstrauen den Umgang im Verein prägt. Der für die Verbesserung der Kultur
eingestellte Ex-Prediger hat eine Atmosphäre in Houston geschaffen, die
dafür sorgt, dass die besten Spieler ihr Heil in der Flucht suchen.
2 Feb 2021
## LINKS
[1] https://www.si.com/nfl/2021/01/30/houston-texans-jj-watt-last-game
[2] https://www.sport1.de/us-sport/nfl/2021/01/nfl-deshaun-watson-will-houston-…
## AUTOREN
Thomas Winkler
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