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# taz.de -- Weihnachten, Stiko und Wattestäbchen: Oberarme und Oberreiche
> Die einen werden geimpft, die anderen nicht – und wer sich's leisten
> kann, fliegt mit der Lufthansa über Weihnachten in coronafreie Gefilde.
Bild: Bleibt zu hoffen, dass auch bei uns bald die Oberarme frei liegen: Covid-…
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Dieses Gefühl, dass Wattestäbchen kommt jetzt innen
an meinem Hinterkopf an.
Und was wird besser in dieser?
Ergebnis negativ.
Angela Merkel lehnt [1][eine „Vermögensabgabe“ für die Pandemiekosten] ab.
2021, mit den Grünen als Koalitionspartner, wird sich die CDU eine solch
unsoziale Politik nicht mehr erlauben können, oder?
Ich liebe Euren Humor.
Mit seinen Covid-19-Impf-Kategorisierungen weicht Bundesgesundheitsminister
[2][Spahn von den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission] in Teilen ab.
Steht ihm die Rolle des Abweichlers?
Die „Stiko“ wurde früher als Wartezimmer voller Pharmalobbyisten kritisiert
– wer da abweicht, muss nicht irren. Spahns Liste priorisiert Heime,
Krankenhäuser und Betagte. Vernünftig – die Einrichtungen sollen
weiterarbeiten können, die Sterbezahlen sinken. Fröstelnd mit nacktem
Oberarm stehen niedergelassene ÄrztInnen, LehrerInnen und pflegende
Angehörige draußen, ihre Verbände schimpfen. Wenn wir mal eine Demokratie
sind, entscheidet so was der Bundestag. Neues Vokabular voraus:
„Alterskohorte“, „Impfling“ und dann hoffentlich auch gl-impflich.
Die meisten Deutschen befürworten den erneuten Lockdown – und gingen wohl
auch mit, wenn er verlängert würde, wie der saarländische Ministerpräsident
Hans schon mal andenkt. Reden wir in den Medien da nicht immer noch zu viel
von – und mit den – Gschaftlhubern und Leugnern?
Selber schuld: Wir Medien stürzen uns mit Wollust auf den pittoresken Sud
aus Freizeitärzten, Esoterikern, besorgten Demokraten und
Rechtsquerulanten. In Umfragen irgendwas unter 10 Prozent. Wogegen die
Freunde des „harten Lockdowns“ gern 20, 30 Prozent ausmachen. Beiden gemein
ist die Sehnsucht nach Autorität. Zwei Sorten rechts, Karamell und Vanille.
Während die Kameras noch hinter der letzten Reichsflagge herschwenken, wird
Söder immer beliebter, ruft Hans nach Härte und Kretschmer nach Autorität.
Das Land schaut verblüfft an sich herab und staunt: Ach, so rechts kannte
ich mich gar nicht. Blöde Lage für die Grünen: Je weniger Meinung sie dazu
haben, desto besser ihre Umfragewerte.
Lufthansa meldet rasante Buchungen über Weihnachten. In Zielgebiete ohne
Reisewarnungen. Muss Knecht Ruprecht die Rute auspacken?
Wir entblößen die Oberarme. Die Oberreichen tun’s selbst.
Scotland ’s coming home – die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon
will einen zügigen EU-Beitritt nach dem Brexit. Wollen wir das wirklich?
Heimlich nein. Wer heute Schottlands Unabhängigkeit bejubelt, dem fliegt
morgen Katalonien um die Ohren. Und weitere Regionen mit Solo-Ambitionen.
Sturgeon muss sich ein neues Plebiszit von London genehmigen lassen – ein
anderes Wort für „niemals!“. Die EU kann also empfänglich dreinschauen und
hinterrücks abschotten.
Russlands Präsident Putin hat dem [3][künftigen US-Präsidenten Biden]
Erfolg gewünscht. Zu früh, zu spät, zu vergiftet – oder gerade richtig?
Möchte kurz in die Tüte lachen, dass jemand mit sechs Wochen Verspätung
gratuliert, dann aber mit einem „Glückwunschtelegramm“. Gibt’s das
überhaupt noch? Bei der Bundespost: Schmuckblatt „Muffin mit Kerze“ oder
„Kind auf dem Trampolin“, „Sprung in den neuen Lebensabschnitt“. Große
Freude bei Familie Biden. Er wird Putins fünfter US-Präsident, entsprechend
lässig winkt es aus Moskau. Biden und Obama hatten die irrige Doktrin von
der „Regionalmacht Russland“ gesetzt, Putin signalisiert gleich zur
Begrüßung, was er davon hält.
Der Bundesrat hat das neue Weingesetz beschlossen – darauf einen Dujardin?
Ich bewundere Weinkoster, die – nach Aromen gurgelnd – schon ausrufen: „A…
ein 2006er Holtmannspötter, Schattenhang!“ Toll. Ich guck aufs Etikett, auf
den Preis und erleichtere mir den Geschenkekauf, indem ich hoffe, das
nachher nicht trinken zu müssen.
„Ich möchte Ihnen deutlich sagen, dass ich mich für die Bewaffnung
ausspreche“, sagt die neue SPD-Verteidigungsexpertin [4][Siemtje Möller zur
Drohnenbewaffnung in Richtung Bundeswehr]. Was würden Sie ihr zum Thema
sagen?
Bitte nicht erschrecken, aber: Sie haben die bereits, geparkt im
Herstellerland Israel, außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes.
Mit der Verfassung ist „extralegale Tötung“, vulgo: Mord, auch nicht zu
machen.
Und was machen die Borussen?
So, wie die spielen, kann man sich nicht mal an der Implosion von Schalke
richtig freuen.
Fragen: waam, pwe
20 Dec 2020
## LINKS
[1] /Staatshaushalt-in-Coronakrise/!5728829
[2] /Corona-Impfstrategie-vorgestellt/
[3] /Nach-US-Praesidentschaftswahl
[4] /SPD-Waffen-und-Haushaltsausschuss
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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